Sehr zum Wohl: Bienenweiden in Pfaffenhofen nützen den Stadtbewohnern
(Pfaffenhofen, hal/rt)Fotos: Stadtwerke Pfaffenhofen und Alfred Raths
Dass Insekten in unserer Nahrungskette eine wesentliche Rolle spielen, wiesen kürzlich rund 300 Forscher nach. Eine große Artenvielfalt in Wiesen führt zu umfangreicheren Dienstleistungen der Ökosysteme auch für den Menschen. Mit blühenden Wiesen unterstützen auch die Stadtwerke die Natur auf ihrem Unternehmensgelände.
„Nur wenn Insekten auf der Suche nach Nahrung andere Pflanzen wie beispielsweise Obstbäume bestäuben, wächst zumindest in unseren Breiten auch auf den Äckern und Wiesen genug nach, um Mensch und Tier zu ernähren“, sagt Stadtwerke-Sprecher Heinz Hollenberger. Deshalb versuchten die Stadtwerke Pfaffenhofen, Bienen, Hummeln und allen anderen Insekten möglichst vielfältige Nahrungsquellen zu erschließen.
„Nicht zuletzt in Vorbereitung der Kleinen Gartenschau im kommenden Jahr“, so Hollenberger. Überall im Stadtgebiet seien grüne Inseln angelegt worden, auf denen nun die Pflanzen sprießen. „Für Laien sieht das auf den ersten Blick ungepflegt aus, wenn Malven, Klatschmohn, Margeriten und Klee kreuz und quer durcheinander wachsen. Doch genau das ist beabsichtigt: Wir lassen die Pflanzen stehen bis der Samen ausreift. Dann vermehren sie sich selbst, durch den Wind aber auch durch die Insekten.“
Stadtwerke-Mitarbeiterin Birgit Bratonozic beschreibt, was alles unternommen wird, um etwa die Bienen bei ihrer Nahrungssuche zu unterstützen: „Wir haben auch schon Samen aus den Blüten abgenommen und auf der Wiese verteilt, damit möglichst viele verschiedene Blumen hier wachsen.“
Die derzeit ungemähten Wiesen im Stadtgebiet und auf dem Gelände rund um die Stadtwerke in der Michael-Weingartner- Straße seien nicht etwa aus Nachlässigkeit entstanden, sondern aus ökologischem Bewusstsein, wie Mario Dietrich bemerkt, der bei den Stadtwerken für Grünanlagen und Spielplätze zuständig ist.
Vom Artenreichtum profitiert der Mensch
Je mehr es also auch in der Stadt wimmelt, kreucht und fleucht, desto besser ist es für den Menschen, der von den vielfältigen und obendrauf kostenlos erbrachten Dienstleistungen der Natur profitiert. Das ist auch das Ergebnis einer Studie von über 300 Forschern, unter anderem des Instituts für Pflanzenwissenschaften der Universität Bern und des Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrums in Frankfurt. Sie haben nachgewiesen, dass ein artenreiches und von vielen Individuen aus allen Ebenen der Nahrungskette bevölkertes Ökosystem die umfangreichsten Ökosystemdienstleistungen erbringt.
Besonders wichtig sei den Forschenden zufolge auch die Vielfalt der beim Menschen eher unbeliebter Insekten und die Vielfalt unscheinbarer Bodenorganismen. Welchen Einfluss die schwindende Artenvielfalt auf die Ökodienstleistungen hat, wurde bislang lediglich anhand einzelner leicht zu untersuchender trophischer Gruppen wie Pflanzen studiert.
Ein 300-köpfiges internationales Forscherteam um Santiago Soliveres von der Universität Bern hat daher erstmals alle Gruppen entlang einer Nahrungskette in einer natürlichen Graslandschaft untersucht. Sie sammelten dazu Daten zu insgesamt 4600 Tier- und Pflanzenarten aus neun Gruppen der Nahrungskette; darunter auch zu bislang eher vernachlässigten Arten wie Mikroorganismen, die den Boden zersetzen und Abfallfressern wie Regenwürmern. Erhoben wurden die Daten als Teil eines von der Deutsche Forschungsgemeinschaft geförderten Programms auf 150 Grünlandflächen quer durch Deutschland, den „Biodiversitätsexploratorien“, die die umfassendsten ökologischen Freilandversuchsflächen Europas darstellen.
„Wie bei einem Puzzle haben wir uns ein zusammenhängendes Bild davon gemacht, wie bedeutsam einzelne trophische Gruppen für vierzehn von uns gemessene Ökosystemdienstleistungen sind. Jede Ökosystemdienstleistung ist demnach von mindestens drei Gruppen abhängig. Je vielfältiger die Arten innerhalb der Gruppe, desto zuverlässiger wird die Ökosystemdienstleistung erbracht.“, so der Wissenschaftler. Außerdem beeinflusse jede einzelne Gruppe zumindest eine Ökosystemdienstleistung“, fasst Soliveres als Erstautor der Studie, die Ergebnisse zusammen.
Dünger bringt auch Nachteile
Peter Manning vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum ergänzt: „Wir müssen also Artenreichtum in mindestens drei der untersuchten Gruppen der Nahrungskette sicherstellen. Es sind aber nicht immer die gleichen drei Gruppen, die für das Funktionieren einer individuellen Ökosystemdienstleitung maßgeblich sind. Deshalb muss der Artenreichtum in allen Gruppen der Nahrungskette erhalten bleiben, damit die Natur zuverlässig weiter für uns im Verborgenen ‚arbeitet‘ wie wir es gewohnt sind.“ Hohe Artenvielfalt über alle Gruppen hinweg ist besonders wichtig für regulierende Prozesse sowie kulturelle Dienstleistungen.
Die Studie zeigt zudem, wie wichtig auch vermeintliche Schädlinge und unscheinbare Dienstleister sind. Viele Insekten und Bodenorganismen spielen nämlich, neben Pflanzen, so die Studie, eine zentrale Rolle bei den Leistungen, die Natur für uns erbringt. „Pflanzen liefern Biomasse, die den Anfang der Nahrungskette bildet, aber Insekten wirken als Bestäuber und Bodenorganismen erhöhen durch Zersetzung und Rückhalt von chemischen Elementen wie Phosphor die Bodenfruchtbarkeit. Je mehr und je unterschiedlichere Individuen es besonders innerhalb dieser drei Gruppen gibt, desto positiver wirkt sich das auf alle Dienstleistungen aus“, erklärt Soliveres.
Häufig wird der Boden gedüngt, um die Bodenfruchtbarkeit und damit das Wachstum von Pflanzen zu erhöhen. Kurzfristig hilft Dünger zwar, wenn dabei aber die Artenvielfalt verringert wird, überwiegen die Nachteile. Eine hohe Artenvielfalt entlang der gesamten Nahrungskette zu erhalten, ist langfristig gesehen daher preiswerter und sinnvoller, als sie zu zerstören.
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