Im Notfall schnell zur Stelle
(Oberstimm, rt)Max, Ramona und Gabi vom BRK haben vergangenen Freitag den ersten Kontrollgang auf dem Barthelmarkt übernommen und bereits nach wenigen Minuten einen Patienten versorgt.
So manchem Besucher des Barthelmarktes ist die Sanitätsstation des Bayerischen Roten Kreuzes bereits ein Begriff. Wer die Notstation in der Oberstimmer Schule einmal von innen gesehen hat, war in der Regel entweder verletzt, erkrankt - oder betrunken. Innerhalb weniger Minuten erreichen die Retter jeden Winkel des Barthelmarktes. Unsere Zeitung war zu Beginn des Volksfestes am vergangenen Freitagnachmittag bei der ersten Schicht mit dabei.
Ein Notruf per modernster Digitalfunktechnik erreicht den aus drei ehrenamtlichen Sanis bestehenden Fußtrupp, einer von insgesamt fünf. Aus der eigens für die vier Festtage eingerichteten Einsatzzentrale in der Grundschule an der Manchinger Straße erfahren die Sanis, dass eine Frau aus Frankreich offenbar benommen ist und Hilfe braucht. Der erste Fall an diesem Eröffnungstag. Erst kurz vorher war Schichtbeginn, das Anzapfen ist kaum vorbei. Ausgestattet mit einem immer mitgeführten Rollstuhl nebst Defibrillator und Notfall-Rucksack eilen die Helfer vor das Toerring-Zelt. Dort werden sie bereits von der Patientin erwartet.
„Was ist passiert und wie“, lautet eine der ersten Fragen an die Deutsch sprechende Frau. Sie erklärt, dass es ihr wegen der Hitze nicht gut ginge. Das BRK-Team erkennt sofort, dass es sich um einen Schwächeanfall handelt. Nach dem Messen des Blutdrucks und des Pulses kommt die Französin auf die Sanitätsstation, wo sie sich bald wieder erholt. „Vor zwei Jahren zeigte mir nach dem Anzapfen ein schon da bereits Betrunkener gleich den ersten Hendlhaxen“, erinnert sich Gabi zurück. Auch damit müsse man leben, meint sie trocken.
Der Notfallrucksack wird gepackt.
Umstehende Passanten zücken ihr Mobiltelefon und filmen oder fotografieren die an sich unspektakulär Szene. Im Zeitalter moderner Kommunikationsmittel keine Seltenheit. „Mit Schaulustigen können wir leben, solange sie uns bei der Arbeit nicht behindern“, sagt Max. Angriffe auf die Rotkreuzer seien aber auch schon vorgekommen, hier aber eher eine seltene Erscheinung. „Der Barthelmarkt ist zumindest landkreisweit eines der friedlichsten Volksfeste“, erklärt der 24-jährige Elektromaschinenbauer aus Rohrbach.
Auf diese Liegen kommen die Ausnüchterungs-Kandidaten.
„Unsere typisch ‚Kandidaten‘ sind männlich, 20 Jahre alt, besoffen“, weiß Max, der im fünften Jahr auf dem Barthelmarkt im Einsatz ist. Doch auch hier zeigten sich Veränderungen: „Die von uns behandelten Betrunkenen sind immer jünger; die saufen sich bis zur Bewusstlosigkeit zu.“ Warum das so ist, dafür hat Max auch keine Erklärung. Und die Frauen? „Deren Problem sind neue Schuhe, Pumps und Stöckelschuhe, alles ‚Pflasterfälle‘; nicht selten sich Schnittwunden, die kommen von den Glasscherben auf dem Boden, die im Bierzelt meistens von zerbrochenen Maßkrügen stammen“, ergänzt Gabi. Die 30-Jährige ist froh darüber, noch keine dramatischen Einsätze auf dem Barthelmarkt erlebt zu haben: „Mein schlimmster Fall war ein Mann der von der Bierbank gefallen ist auf der er stand und sich dann die Kniescheibe ausgekugelt hat.“ Nicht vergessen habe Max den Tod eines 24-Jährigen aus dem östlichen Landkreis Eichstätt, der vergangenes Jahr nach dem Besuch des Volksfestes in nächster Nähe zum Festgelände von einem Zug auf der Bahnlinie von München nach Ingolstadt überrollt und dabei getötet worden ist. „Ab und zu kommt es auch vor, dass Betrunkene an den beiden benachbarten Bundesstraßen angefahren werden."
Kontrolle der Geräte im provisorischen Überwachungsraum.
Ramona ist an diesem Freitag erstmals im Einsatz auf dem Barthelmarktgelände. Die 19-jährige angehende Heimerziehungspflegerin aus Freinhausen hofft, keinen ähnlichen Fall erleben zu müssen. „Ich bin aber gespannt, was mich hier erwartet. Mir ist von den Kollegen erzählt worden, dass man auf dem Barthelmarkt viel erleben kann.“ Doch die Abwechslung bei so einem Dienst ist die eine Sache, die andere: „Uns macht es einfach Freude, anderen Menschen zu helfen“, so Max. Die Basis dafür, dass das auch reibungslos funktioniert sei die ausgesprochen gute Kameradschaft, wo sich „jeder auf den anderen verlassen kann.“
In der Einsatzzentrale laufen die Notrufe vom Barthelmarkt zusammen.
Alle der insgesamt etwa 150 Barthelmarkt-Rotkreuzler arbeiten auf dem Volksfest ehrenamtlich in ihrer Freizeit. Manche haben sogar extra Urlaub dafür genommen oder nehmen ihre Überstunden dafür her. Als eine Art Lohn gibt es lediglich die Verpflegung. „Manchmal kommt es auch vor, dass Patienten oder deren Angehörige einen Schein in unsere Kaffeekasse stecken“, meint Max. Bier- oder Hendlzeichen gab‘s noch nie.
Der Aufwand indes ist für die Sanitäter nicht gering. Zu den eigentlichen Schichten mit bis zu 25 Leuten, je nach Wochentag können diese um 5 Uhr früh beginnen und in der zweiten Schicht bis 1 Uhr nachts dauern, kommen noch die umfangreichen Vorbereitungen eine Woche vor dem eigentlichen Festbeginn. Da wird die Sanitätswache in der Schule eingerichtet und in zwei Unterrichtsräume werden dann zur Krankenstation und einem Überwachungsraum umgebaut. Dort kommen dann unter anderem die „Bierleichen“ zur Ausnüchterung unter. Bis zum gestrigen Sonntagabend waren das zusammen mit den Verletzten übrigens 113 und am heutigen Montagnachmittag sind bereits 26 Fälle dazugekommen. Der Rettungswagen musste davon insgesamt zwölf Patienten aufgrund schwerer Verletzungen in die Klinik bringen.
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