Ein Händedruck auf die Zukunft
(Wolnzach , rt)
Gründer und Leiter des wohl weltweit einzigartigen Handmuseums in Wolnzach: Norbert Nemetz. Ihm wurde nun eine Sonderausstellung gewidmet. Fotos: Alfred Raths
Eine vierwöchige Sonderausstellung "Hand und Kunst"zum 20-jährigen Bestehens des Wolnzacher Museums Kulturgeschichte der Hand wurde am gestrigen Samstagnachmittag eröffnet. Gleichzeitig ist dies eine Hommage an Norbert Nemetz, der Initiator und Betreiber des Museums ist. Eine ganze Reihe von Künstlern setzen sich mit ihrer Ausstellungsbeteiligung für den Fortbestand der Sammlung ein.
Schon am Eingang liegt eine Unterschriftenliste aus. Die Besucher sollen mit ihrer Unterschrift bekunden, wie wichtig es ihnen ist, die Zukunft des öffentlich zugänglichen Privatmuseums von Norbert Nemetz auf dem Gelände „Am Brunnen“ dort oder eventuell auch anderswo im Markt gesichert zu wissen.
Doch erst ein paar Worte vorweg: Angefangen hat die Sammelleidenschaft des Geschäftsführers einer Elektro-GmbH vor 35 Jahren. „Es hat mich gepackt, als ich das Pressefoto 1981 von Mike Wells sah“, sagt Nemetz. Das Bild zeigt die Hand eines vermutlich jungen Menschen aus Uganda, erkennbar am Verhungern, in der Hand eines Erwachsenen weißer Hautfarbe; Hungersnot in Karamoja betitelt. In jenem Augenblick erkannte der heute 73-jährige Burgstaller die Bedeutung von Händen. Unsere ganze Kulturgeschichte, ja die Entstehung des Menschen überhaupt sei von den Händen abhängig, so Nemetz am Rande der Ausstellungseröffnung.
Nun ist Nemetz in Sorge, dass das mühsam übe die Jahre hinweg aufgebaute und betreute Museum, dessen Konzeption übrigens in den Händen von Hopfenmuseumsleiter Christoph Pinzl lag und noch immer seinesgleichen sucht, keine Zukunft haben könnte. Insbesondere dann, wenn er sich etwa aus Altersgründen nicht mehr in der notwendigen Art und Weise darum kümmern könnte oder die laufende Finanzierung der in lediglich angemieteten Räumen untergebrachten Sammlung ins Wackeln geriete.
Nemetz und Enkelkind im Original und in Acryl gemalt von Tochter Eva.
Diese Sorgen haben sich die Wolnzacher SPD-Gemeinderätin Marianne Strobl und der Rohrbacher Künstler Hans Dollinger zu Herzen genommen und auch deshalb diese Ausstellung organisiert. „Ich bin stolz, dass wir zwei Museen (in Wolnzach) haben und wünsche mir das Bleiben dieses Museums“, merkte Strobl an; dazu sei auch die Unterschriftenliste gedacht. Dollinger appellierte gar an die Marktgemeinde: „Bewahrt euch diese Steilvorlage!“ Hintergrund dazu ist, dass es innerhalb der Kommune offenbar recht unterschiedliche Auffassungen über eine künftige öffentliche Förderung des Museums gibt. Nemetz selbst bat in seiner kurzen Dankesrede die Räte des Marktes: „Tragen Sie dazu bei, dass Wolnzach ein besonderes Alleinstellungsmerkmal hat.“ Immerhin in Wolnzachs Kulturreferentin Astrid Elender (FW) dürfte er eine namhafte Befürworterin gefunden haben, worauf ihre einleitenden Worte durchaus schließen ließen.
Eindeutig für den Fortbestand dieser einmaligen Einrichtung sind auch die ausstellenden Künstler, die im Berufsverband Bildender Künstler Oberbayern Nord und Ingolstadt (BBK) zusammengeschlossenen sind und von Isabella Kreim, Redaktionsleiterin beim Kulturkanal Ingolstadt, vorgestellt wurden:
„Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass die segnenden Hände des Papstes ‚urbi et orbi‘ dieselbe Geste sind, als hätte hinter dem Papst gerade jemand gesagt: ‚Hände hoch oder ich schieße‘?“, leitete sie ihre Ansprache ein. Es sei bewundernswert, was für vielfältige Aspekte Nemetz zu allen Wissensgebieten und von der Höhlenmalerei bis zur zeitgenössischen Karikatur zusammengetragen habe und was er damit als privater Finanzier und Museumsmann seit 20 Jahren damit für Wolnzach geleistet hat. Deshalb sei es „eine schöne „Geste“, dass nun 18 Künstlerinnen und Künstler aus der Region mit ihrer Hand-Kunst dieses Museum bespielten und würdigten.
Der Keramiker Hans Dollinger aus Rohrbach quetsche per Händedruck aus Ton die einzelnen Figuren einer Armada aus Joysticks, die durch den Brand wie archäologische Fundstücke aussähen. Sabine Ackstaller nehme mit ihrem Handabdruck auf die Höhenmalerei-Installation des Museums Bezug.
Auch der kürzlich verstorbene Konrad Dördelmann habe über Jahre eine Hand-Abdruck-Sammlung von Freunden und Bekannten gemacht; hier würden von ihm zwei Handstudien in komplizierter Farb-Radierungs-Technik gezeigt. Skulpturale Handstudien zeige neben Dollinger auch Serio Digitalino aus Speckstein. Sieglinde Bottesch habe liebevoll-berührend die gealterten Hände ihres Vaters gezeichnet.
Eine Kinderhand, die sich der Hand eines Erwachsenen anvertraut, dieses Hand – in Hand von Opa und Enkel habe Eva Nemetz (Eine von den drei Töchtern des Museumsgründers) in einem sehr persönlichen Acrylbild festgehalten. Die ungarische Künstlerin Dorina Csiszar zeichne ihre Hände mit geschlossenen Augen und indem sie den Stift dabei nicht absetzt. „Aus diesen beiden Konditionen, also der fehlenden Orientierung auf dem Blatt, entstehen herrliche Hand-Phantasmagorien.“ Hanni Goldhardt forme Hand-Zeichen aus Draht, Michael Graßl dagegen arbeite mit der Kettensäge. Stoffdrucke verwende Frederik Linquists und Richard Grubers steuerte kleine Bronzefiguren bei. Auf Monotypien, eine Art Hinterglas-Druck, beschreibt Bodo Rott Situationen, in denen Hände eine symbolhafte Rolle spielen.
Beate Diao erinnere mit ihrem Messerschnitt an die Schattenspiele, die man als Kind mit Fingern und Händen an die Wand geworfen habe. „Hand verbrannt“ nennt Konrad Risch seine angekokelte Handzeichnung auf Holz. Sein Arbeitsleben in einer Fabrik habe Thomas Neumaier mit seiner Reihung von Arbeitshandschuhen als „Fingerwalze“ symbolisiert. Ähnlich wörtlich nahm Gabriele Neumaier die Sprache und hat Redensarten fotografiert. „Die Hand, die Türen verschließt, die Hand als Zeichen der Macht, hier der kirchlichen Macht gegenüber Kinderseelen in einem Waisenhaus, hat der Maler und BBK-Geschäftsführer Viktor Scheck als symbolhafte Illustration zu dem autobiographischen Roman von Hubert Fichte ‚Das Waisenhaus‘ dargestellt.“ Babette Überschär hat unter anderem Boxhandschuhe so drapiert, dass sie sich zu einem friedlichen Händedruck, zu einer Kugel ineinander kuscheln.
Am Ende ihrer Ausführungen sagte Kreim: „Danke an alle Künstler, die sich den Kopf zerbrochen haben, um die Hand mit ihrer Hände Arbeit und dieses Museum Kulturgeschichte der Hand zu würdigen. Ich wünsche diesem Museum die Wertschätzung, das es verdient und gratuliere zum 20. Geburtstag - mit einem Händedruck.“
Geöffnet ist die Sonderausstellung noch bis zum 20. November von Mittwoch bis Sonntag in der Zeit zwischen 13 Uhr und 17 Uhr oder nach telefonischer Vereinbarung mit Norbert Nemetz unter der Rufnummer 08442 / 1654 oder 08442 / 8213.
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