Man muss sich von vielen verabschieden
(Au, rt)
Auf Unverständnis und Widerstand gestoßen ist bei den Asyl-Helferkreisen aus dem Landkreis Freising, dass in Bayern Asylbewerber unter anderem nur dann eine Arbeitserlaubnis erhalten sollen, wenn sie mit hoher Wahrscheinlichkeit in Deutschland bleiben dürfen. Dabei handelt es sich um eine Art Handlungsempfehlung aus dem bayerischen Innenministerium. Über die Hintergründe der Entscheidung äußerten sich jetzt die Landesbehörde, das Freisinger Landratsamt und der CSU-Abgeordnete Karl Straub gegenüber unserer Zeitung.
Ehrenamtlicher Einsatz werde mit Füßen getreten, sagen die Helferkreise (Unsere Zeitung berichtete am 17. Januar darüber) und führten in einem Offenen Brief an Ministerpräsident Horst Seehofer und Landrat Josef Hauner (beide CSU) an, dass „Asylbewerber unter anderem aus Afghanistan, Pakistan und Nigeria keine Arbeitserlaubnis mehr erhalten beziehungsweise ihre bereits erteilte Arbeitserlaubnis wieder verlieren.“
Dem Innenministerium zufolge sollen Flüchtlinge von den Ausländerbehörden der Kommunen nur noch dann eine Arbeitserlaubnis erhalten, wenn sie mit hoher Wahrscheinlichkeit in Deutschland bleiben dürfen. Ein Schreiben entsprechenden Inhalts ist am 18. Dezember vergangenes Jahr an die zuständigen Stellen verschickt worden. Als Maßstab soll dabei die monatlich vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ermittelte Schutzquote der jeweils betroffenen Nationalitäten dienen.
Dazu muss man auch wissen, unter welchen Bedingungen Flüchtlinge überhaupt eine Arbeit aufnehmen dürfen. So gibt es angekommene Flüchtlinge, die noch keinen Asylantrag gestellt haben, Asylbewerber, bei denen das Asylverfahren beim BAMF bereits eingeleitet wurde, Menschen mit einem anerkannten Flüchtlings- oder Asylstatus oder unter subsidiären Schutz und geduldete Ausländer. Für Asylsuchende, die noch nicht im Asylverfahren sind, gelten dieselben Bedingungen wie für Asylbewerber. Drei Monate nach der Antragstellung auf Asyl können Sie eine eingeschränkte Arbeitserlaubnis beantragen, die nach 16 Monaten ausgeweitet werden kann. Haben Flüchtlinge das Asylverfahren als berechtigt abgeschlossen oder sind unter subsidiärem Schutz stehen können in Deutschland uneingeschränkt arbeiten.
Die letzte Entscheidung träfen grundsätzlich die Ausländerämter, stellt Stefan Frey, der stellvertretende Pressesprecher des Innenministeriums, klar. „Die Frage nach der Arbeitserlaubnis ist immer eine Ermessensentscheidung (der zuständigen Ausländerbehörde) und richtet sich nach dem Einzelfall“, so Frey. Bei dem Schreiben des Innenministeriums handle es sich um einen ermessenslenkenden Hinweis. „Wir geben da keine Einzelfallentscheidung vor!“ Die Anerkennungsquote sei dabei aber ein wesentlicher Gesichtspunkt. Doch es gelte auch, dass „bereits erteilte Arbeitserlaubnisse in der Regel erhalten bleiben; somit kann der Betroffene eine qualifizierende Berufsausbildung auch vollenden.“
70 Prozent geben ihre Identität nicht preis
Straub, der im Ausschuss für Verfassung und Recht für den Themenbereich Asylsozialpolitik im Landtag zuständig ist, betont ausdrücklich, dass in Bayern ausschließlich nach Recht und Gesetz gehandelt werde. Von einem bayerischen Alleingang, wie von den Helferkreisen aus Freising vermutet, könne nicht gesprochen werden. „Wie andere Bundesländer das handhaben, ist freilich deren Sache.“ Straub findet die teilweise herrschende ambivalente Haltung in der Bevölkerung etwas seltsam, wie er sagte: „Einerseits besteht die Forderung, der Staat soll die bestehenden Gesetze anwenden, andererseits will man es dann vor Ort dann doch wieder ganz anders haben.“ Auch der Landtagsabgeordnete bekräftigt: „Wenn ein Asylbewerber in Ausbildung ist, dann wird er solange nicht zurückgeschickt, bis diese abgeschlossen ist.“ Danach könne er sogar noch weitere zwei Jahre in diesem erlernten Beruf arbeiten. Vorausgesetzt natürlich, er habe, etwa bei seinen Personenangaben, nicht gelogen oder gegen Gesetze verstoßen. „Von vorneherein war aber auch klar, dass die Arbeitserlaubnis dazu dient, gerüstet zu sein für den Aufbau einer Existenz in seinem Heimatland, sobald der Asylgrund weggefallen ist.“ Bereits bestehende Arbeitserlaubnisse würden in der Regel nicht widerrufen, so Straub. „Außer es gibt gute Gründe dafür. Mir kein solcher Fall bekannt, außer derjenige hat sich ausländerrechtlich etwas zu Schulden kommen lassen.“ Ein wesentliches Kriterium sei, dass die betreffende Person wahre Angaben gemacht hat. „Die Erfahrung aus der Vergangenheit zeigt leider, dass 70 Prozent der zu uns flüchtenden Menschen auf die eine oder andere Weise ihre Identität nicht preisgeben - die Rechnung dafür haben wir kürzlich in Berlin bekommen.“
Man muss sich verabschieden
In aller Deutlichkeit weist Straub in diesem Zusammenhang darauf hin, dass ein Asylbewerber ausreisepflichtig sei, wenn das Asylverfahren entsprechend negativ abgeschlossen worden ist. Wenig Sinn mache es deshalb, Asylbewerber in Beschäftigungsverhältnisse zu bringen, wenn schon frühzeitig vorauszusehen ist, dass sie nicht in Deutschland bleiben können. „Im Asylverfahren haben wir es immer mit Einzelfallentscheidungen zu tun. Jeder Fall ist anders und das muss und wird berücksichtigt. Es wird von der Bevölkerung so manches Mal moniert, die Politiker und die Verwaltung sollte gefälligst ihre Arbeit machen; doch macht man sie dann, gibt es wieder einen Aufschrei, und es heißt: so aber nicht. Man muss sich bewusst sein, dass man sich von vielen Leuten auch wieder verabschieden muss.“
Vorher war's einfacher
Robert Stangl, stellvertretender Pressesprecher des Landkreises Freising, gibt an, dass im Kreis etwa 280 Arbeitserlaubnisse ausgestellt worden seien. Über die Anzahl der nicht mehr verlängerten beziehungsweise abgelehnten Anträge auf Beschäftigung könne erfassungssystembedingt keine Aussage getroffen werden. Zum Verfahren selbst sagt Stangl: „Bezüglich der Versagung oder weiteren Genehmigung der Beschäftigung bezieht das Ausländeramt unter anderem folgende Kriterien mit ein: Bleibeprognose, Einreisedatum, Straftaten, Deutschkenntnisse, Mitwirkung und geklärte Identität.“ Vor dem Hinweis aus dem Innenministerium auf die bestehende Rechtslage, so räumt Stangl ein, seien allerdings die Beschäftigungs-Genehmigungen großzügiger gehandhabt worden. Als Begründung dafür gibt gibt der Landkreissprecher an: „Da unter anderem aufgrund des Entscheidungsstaus beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge keine Bleibeprognosen vorlagen.“
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