Landwirtschaft im Nebenerwerb gewinnt zunehmend an Bedeutung
(Schweitenkirchen, rt)Bauernverbands-Bezirkspräsident Anton Kreitmair hob die Bedeutung der Landwirtschaft in Nebenerwerb hervor.
Unter dem Motto „Hauptsache Nebenerwerb“ stand die erste von vier Veranstaltungen in diesem Jahr, bei der sich der Bayerische Bauernverband Oberbayern (BBV) mit Fragen aus der Nebenerwerbs-Landwirtschaft befasst. In Schweitenkirchen lagen die Schwerpunkte beim Erbrecht und der aktuellen Situation für die „Klein“-Bauern. Das Interesse an den Themen war derart groß, dass der Straßhof-Saal wegen der vielen Besucher quasi aus allen Nähten platzte.
Nach der Begrüßung durch den Miesbacher BBV-Kreisobmann und Bezirkssprecher der Nebenerwerbslandwirte Johann Hacklinger erläuterte anhand von anschaulichen Beispielen einer Musterfamilie mit mehreren Kindern der Rechtsanwalt Walter Wagner den komplizierten juristischen Hintergrund im bäuerlichen Erbfall. Treffend überschrieb er seinen Vortrag mit „Erben und Vererben ohne Ärger – oder: Wer seine Familie liebt, macht ein Testament“. Mit familiärer Harmonie könne es im Erbfall schnell vorbei sein, warnte der Fachmann. Es gebe vielerlei zu beachten: So habe man vielleicht zwar per Testament ein Vermächtnis gemacht, doch dabei nicht bedacht anzugeben, wer überhaupt Erbe sei. Wagners Empfehlung dazu lautete, dass im Testament der Erbe genau bezeichnet werden sollte und nicht nur, wie die Vermögenswerte unter den jeweiligen Personen nach dem Tod des Erblassers aufzuteilen sind. Ansonsten würden die Nachkommen zu einer Erbengemeinschaft. Streitigkeiten untereinander in der Familie sind dann nicht ausgeschlossen. Weitere Punkte waren der Hofübergabevertrag oder auch die Hofzuweisung.
Erläuterte das komplizierte Erbrecht für Landwirte: Rechtsanwalt Walter Wagner.
BBV-Bezirkspräsident Anton Kreitmair mahnte, dass die Eltern in der Verantwortung stünden, rechtzeitig eine klare Nachlassregelung zu treffen. „Man spricht heute auch über andere Werte als noch vor einigen Jahren.“ Als Anhaltspunkt nannte er pro Hektar Betriebsfläche 100.000 Euro. In seiner anschließenden Darstellung der aktuellen Lage in der Nebenerwerbs-Landwirtschaft, dass diese immer mehr an Bedeutung – auch innerhalb des Verbandes - gewinne. Der Anteil ist mit 27,1 Prozent im Landkreis Miesbach am niedrigsten, während er in Eichstätt 58,3 Prozent betrage; Pfaffenhofen weise 46,8 Prozent auf.
Wachsen durch gezielte Entwicklung
Nebenerwerbsbetriebe bewirtschaften 30 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche und haben eine durchschnittliche Größe von 18 Hektar. „Das entspricht übrigens dem täglichen Flächenverlust in Bayern“, so Kreitmair. Finanziell gesehen sei der Nebenerwerbsbetrieb der stabilere. Vorwürfe, wie sie in den eigenen Reihen immer wieder laut werden, wonach der Bauernverband für die Preisentwicklung verantwortlich sei, wies Kreitmair zurück. Die Preise seien dem Markt geschuldet und dürften weder vom Bauernverband noch von der Politik diktiert werden. Am Beispiel der Korrelation von Mais- und Rohölpreisen machte der Verbandsfunktionär die entsprechende Entwicklung deutlich. „Die momentane Agrarkrise hat den gesamten landwirtschaftlichen Bereich erreicht.“ Es handle sich derzeit jedoch um eine besondere Situation. Diese sei die Folge unter anderem des Russland-Embargos, des Verdrängungskampfes im Lebensmittel-Einzelhandel oder auch der vier Rekordernten im Getreidesektor.
Den Weg bayerischer Agrarpolitik zeichne sich etwa dadurch aus, dass Betriebe wachsen durch gezielte Entwicklung. Auch Modifikationen in der Bauordnung seien dazu gut. „Es ist nicht verwerflich, leerstehende Gebäude gewerblich zu nutzen.“ Nachdem Kreitmair auf diverse Förderprogramme wie dem Agrar-Investitionsprogramm oder dem bayerischen Sonderprogramm Landwirtschaft hinwies, hob er die Bedeutung der Nebenerwerbsbetriebe für die Gesellschaft und die Natur hervor. „Nebenerwerbsbetriebe gehören zum dörflichen Leben!“ Um mehr Aufmerksamkeit zu bekommen, müssten sich Landwirte auch Gedanken zur Öffentlichkeitsarbeit machen. „So wird man in der Gesellschaft wahrgenommen.“
Als künftige Baustellen des Bauernverbands bezeichnete Kreitmair auch die Forderung nach Erhöhung der Steuerfreibeträge („Die reichen nicht mehr aus, die Höfe sind wertvoller geworden“). Die kommenden zehn bis zwanzig Jahre, so prophezeite der Bauernpräsident schließlich, werde es sich in Deutschland maßgeblich um Grund und Boden gehen. Geregelt werden müsste dies von politischer Seite.
Der Miesbacher Bauernvverbands-Kreisobmann und Bezirkssprecher der Nebenerwerbslandwirte Johann Hacklinger (ganz rechts) moderierte den Infoabend.
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