Keine rosige Zukunft - zumindest bis 2060
(Wolnzach, rt)Marcel Fratzscher zeichnete im Wolnzacher Hopfenmuseum kein so gutes Zukunftsbild für Deutschland.
Alles, nur nicht rosig wird die Zukunft in Deutschland. Das ist auf den Punkt gebracht das, was der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Professor Marcel Fratzscher, in seinem Vortrag „Wirtschaftlicher Ausblick in Zeiten des Populismus" im vollbesetzten Saal des Deutschen Hopfenmuseums den Teilnehmern vermittelte.
Fratzscher kam dieser Tage auf Einladung der Barth-Hopfenakademie nach Wolnzach, um seine Sicht der Lage nach dem Wahlsieg von Donald Trump darzulegen. „Es treibt uns alle um, was in den USA unter Präsident Trump passiert“, sagte er eingangs seiner Ausführungen, um dann zu den Eckpunkten des wirtschaftlichen Zustands in der Gesellschaft zu kommen. Ähnlich wie bei uns in Deutschland sei auch die ungleiche Verteilung des privaten Netto-Vermögens in den Vereinigten Staaten. Die unteren 40 Prozent besäßen demnach 0,3 Prozent. Es gebe dabei eine deutliche Wahrnehmungslücke zwischen Glauben und Wunsch. „Viele Amerikaner fühlen sich abgehängt“, so Fratzscher. Von daher rührten soziale Konflikte, die wiederum zum Wahlsieg Trumps führten.
Die Schere öffnet sich weiter
In Deutschland herrsche das Gefühl, dass es uns gut gehe. Doch die Schere zwischen hohen und niedrigen Einkommen öffne sich immer weiter. Als „Sündenböcke“ sozialer Ungleichheit würden unter anderem die Finanzwelt, Migration oder Machtkonzentration gesehen. Als wahre Schuldige identifizierte Fratzscher einen gescheiterten Gesellschaftsvertrag, den technologischen Wandel mit steigender ökonomischer und sozialer Ungleichheit, mangelnder Chancengleichheit, geringe Anpassungsfähigkeit oder etwa auch Digitalisierung und Konzentration von Eigentumsrechten.
Der Beschäftigungsboom seit 2010, geschuldet den länger arbeitenden Arbeitnehmern, der steigenden Erwerbsquote der Frauen oder der „massiven Zuwanderung von Menschen anderer EU-Länder", werde in dieser Form nicht anhalten. Gleichzeitig postulierte der Ökonom: „Wir werden künftig noch mehr von der Zuwanderung abhängig sein!“ In Deutschland habe die Politik „die vergangenen zwölf Jahre keine richtige Reform mehr gemacht.“ Der Standort hier sei durch den technologischen Wandel - der viel bedeutsamer sei als die Globalisierung - sehr gefährdet. „Einige Jobs in der Mittelschicht werden verschwinden.“ Andererseits sei die Chancengleichheit in Sachen Bildung mangelhaft. In kaum einem anderen Land beeinflusse die soziale Herkunft die Aufstiegschancen so sehr wie hierzulande. Populismus, Paralyse und Protektionismus identifizierte der Professor als Politikrisiken, deren ökonomische Auswirkungen als hoch einzuschätzen seien. Beim Populismus sei dies jedoch nicht einzuschätzen.
Der Abschwung kommt
Strafzölle, wie sie immer wieder einmal ins Gespräch gebracht würden, träfen die hiesige Volkswirtschaft sehr hart. Großbritannien sagte Fratzscher voraus, dass es zum Niedriglohnland würde. Die Tendenzen, aus der EU auszutreten, „werden sich auf den Euro auswirken.“
Fratzscher wagte schließlich eine Prognose: „Wir werden nie wieder zu diesen Wachstumszahlen zurückkommen.“ Immerhin schränkte er diese dann bis auf das Jahr 2060 ein. Angst vor Inflation brauche man seiner Ansicht nach nicht zu haben. Erspartes solle man in diesen Zeiten jedoch eher streuen, als es konservativ anzulegen.
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