Asyl in Wolnzach – der Status Quo
(Wolnzach, ls)Foto: pixelio/ Dieter Schütz
Derzeit suchen viele Menschen aus Krisengebieten in Wolnzach nach einem Stück Heimat und Zukunft. Peter Schleibinger von der Asylsozialberatung in Pfaffenhofen kümmert sich mit zahllosen, ehrenamtlichen Helfern darum, den Asylsuchenden eine Perspektive zu geben und eine Hilfe im Alltag zu sein. Bei der gestrigen Gemeinderatssitzung setzte er die Wolnzacher Volksvertreter über die gegenwärtige Lage ins Bild.
Allgemein ist die Zahl der Asylsuchenden in Wolnzach recht drastisch gesunken. Waren es bei Schleibingers Amtsantritt noch 161, befinden sich mittlerweile nur noch 121 Menschen hier. Dafür nannte er drei Gründe, die er alle für gleich wichtig befindet. Einige haben ihre Rückkehrmöglichkeit wahrgenommen, andere sind in Deutschland dauerhaft anerkannt und wählten einen neuen Wohnort. Des Weiteren werden nach wie vor sehr viele Umverteilungsanträge gestellt, damit die Geflüchteten in andere Städte oder Gemeinden umziehen können. Die Gerüchte, dass einige Menschen Wolnzach nicht ordnungsgemäß verlassen hätten, konnte er recht zügig zerstreuen. Seit seinem Dienstbeginn wären Menschen aus Wolnzach weggegangen, aber deren weiteren Weg könne er nach wie vor nachvollziehen, sagte Schleibinger.
Die Herkunftsländer der Asylsuchenden in Wolnzach im Überblick
Er wies auch darauf hin, dass es gerade zu Beginn der starken Migrationsbewegungen im Jahr 2015 zu einigen Versäumnissen gekommen war. Viele Menschen wurden mehrfach registriert, oder teilweise gar nicht. Schleibinger betonte aber, dass die Ämter und die Polizei sehr bemüht wären, diese Lücken zu schließen.
Im Verlauf seines Vortrages wurde klar, wie vielfältig sein Aufgabenbereich tatsächlich ist. Er orientiert sich dabei an den Förderrichtlinien des Freistaates Bayern, das heißt, er kümmert zwar primär um die technischen Abläufe des Asylverfahrens, aber sein Job geht weit darüber hinaus. Im Zentrum steht eben auch das Bewältigen von Alltagsproblemen. Aufgrund der sprachlichen Barrieren braucht es beispielsweise Dolmetscher für Arzt- oder Amtsbesuche und die damit verbundenen, notwendigen Transportmöglichkeiten. Laut Schleibinger haben die meisten keine in Deutschland gültige Fahrerlaubnis, und sind deswegen auf die Hilfe durch das ehrenamtliche Engagement angewiesen, um dessen Vermittlung er sich bemühe. Weitere zentrale Aspekte seines Berufs sind das Krisenmanagement in finanziellen Notlagen oder bei Konflikten innerhalb der Unterkünfte - und vor allem seine Maßnahmen zur Eingliederung in eine berufliche Zukunft.
Asylsozialberater für Wolnzach Peter Schleibinger (Foto. Archiv/Regler)
Der Asylsozialberater hatte diesbezüglich durchaus erfreuliche Zahlen im Gepäck. So konnte er 24 Personen an die hiesigen Berufsschulen vermitteln, bei seinem Amtsantritt war das noch keiner. Die Fachhochschule Ingolstadt bietet einen Integrationscampus für Menschen an, die ihr Studium aufgrund der Flucht abbrechen mussten. Diese Chance konnten dank Schleibingers Bemühungen vier junge Akademiker in Spe ergreifen. Drei Menschen befinden sich dank ihres anerkannten Asylverfahrens bereits in einem Integrationskurs, zwei weitere werden folgen. Außerdem nehmen die Asylsuchenden an den beinahe täglich angebotenen Sprachkursen teil, die die VHS und ehrenamtliche Helfer anbieten. Es wurde klar: Den Menschen eine berufliche Perspektive zu geben ist einer der wichtigsten Schritte in Richtung Integration.
Zwei weitere Fragen sind für die Asylsuchenden außerdem sehr wesentlich: Wie ist die politische Lage in Deutschland? Wie gut sind die Chancen, dass sie bleiben dürfen? Hier leistet Schleibinger zusammen mit den ehrenamtlichen Helfern einen großen Beitrag zur Aufklärung. Manche treten aufgrund dessen auch aus eigener Motivation heraus die Heimreise an. Denen zeigt er die verschiedenen Hilfsangebote Vorort und in ihren Heimatländern auf und steht immer in engem Kontakt mit der Ausländerbehörde und den Botschaften.
In diesem Zusammenhang muss man leider auch über Abschiebungen sprechen. Davon sind vor allem die 60 Menschen aus Afghanistan bedroht. „Diese Situation ist besonders problematisch.“, stellte Schleibinger fest. Aufgrund ihrer geringen Bleibeperspektive wurde für sie noch nicht viel unternommen. Sie sprechen eine kaum zugängliche Sprache und benutzen ein anderes Alphabet. Außerdem können sie aufgrund der laufenden Asylverfahren noch nicht an Integrationskursen teilnehmen. Sie möchten oft lieber arbeiten und Geld verdienen, anstatt einen Deutschkurs zu besuchen. Ihnen ist bewusst, dass es für sie womöglich bald zurück geht. „Hier muss mehr Aufklärung und Kommunikation stattfinden.“, stellte er fest.
Um diese Kommunikation bemüht sich zurzeit Christiane Knab-Schäfer, die stellvertretend für rund 50 Ehrenämtler vor Wolnzachs Marktgemeinderat sprach. Sie bedankte sich bei Peter Schleibinger, dessen Amtsantritt viel Druck und Überlastung von den Schultern des Arbeitskreises „Asyl“ genommen hat. Dadurch habe sich ihr Aufgabengebiet komplett verändert, weg von Amt und Recht, hin zur Unterstützung bei den Herausforderungen des Alltags. Das bedeutet konkret, dass die Helfer sich nun endlich um eine Einbindung der Asylsuchenden in das kulturelle Leben des Marktes oder die Organisation von Mitfahrgelegenheiten und Wohnungsbesichtigungen kümmern können. Vor allem ihr Engagement in Richtung Nachhilfe für die Berufsschüler ist besonders wichtig, damit die mit neuer Sprache und Unterrichtsstoff nicht vollkommen überfordert werden.
Sie richtete darüber hinaus ein sehr deutliches Plädoyer an die Politik, und unterstrich vehement die Schieflage der Situation. „Viele dieser Menschen leben am Rande unserer Gesellschaft. Und anstatt mit ihnen zu reden, wird über sie geredet. Außerdem sollen wir Helfer sie nach Möglichkeit in der Spur halten. Das geht so nicht.“, Knab-Schäfer war die Verärgerung deutlich anzumerken. „Die, die gehen müssen, nehmen ein Bild von Deutschland mit. Und das sollte doch eines von Gleichberechtigung, Sicherheit und Unabhängigkeit sein. Es liegt an uns allen, wie sich die Situation weiterentwickelt. “, fügt sie an.
Sie hatte auch einen konkreten Lösungsansatz im Gepäck. „Das Handwerk sucht dringend nach Helfern.“, meinte sie. Ohne Vorschule und die Vermittlung des nötigen Fachvokabulars könne sie die Asylsuchenden aber nur schwer vermitteln. „Ich würde mir wünschen, dass die Menschen hier etwas Starthilfe bekommen, zum Beispiel durch die Einrichtung von Schulungswerkstätten.“, schlug Knab-Schäfer vor und machte in diesem Zuge auch klar, dass hierfür die Politik aktiv werden muss.
Der Gemeinderat signalisierte diesbezüglich Gesprächsbereitschaft, man bat sogar um das Einreichen eines Wunschzettels, um die Situation der Menschen zu verbessern. Über die Fraktionen hinweg sprachen die Marktgemeinderäte außerdem ihren Dank für das ehrenamtliche Engagement aus, ohne das eine gelungene Integration wohl kaum möglich wäre.
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