Wolf kommt zurück
(Pfaffenhofen / Freyung / Lam , rt)Der Wolf wird in Deutschland wieder heimisch und kommt dem Urteil von hiesigen Experten nach mit großer Wahrscheinlichkeit auch erneut in den Landkreis Pfaffenhofen.
Am vergangenen Wochenende ihre Ausbildung als Mitglieder im „Netzwerk Große Beutegreifer“ absolviert haben vier Personen aus dem Landkreis Pfaffenhofen bei einem Speziallehrgang des Landesamts für Umwelt (LfU) im Bayerischen Wald. Sie dokumentieren in der hiesigen Region künftig Totfunde von Tieren, die darauf schließen lassen, etwa Opfer vom Wolf geworden zu sein. Die Fachleute fungieren dann gegebenenfalls auch als lokale Ansprechpartner.
Die ehrenamtlichen Unterstützer sind für die fachgerechte Dokumentation von Hinweisen auf Spuren von Bär, Luchs und Wolf zuständig, wenn ein entsprechender Verdacht bei aufgefundenen Wild- oder Nutztieren besteht. Sie sind nun Ansprechpartner unter anderem für Behörden und die Polizei. „Wir werden es die kommenden Jahre hier im Landkreis vermutlich eher mit dem Wolf als mit dem Luchs zu tun haben“, formulierte einer der Netzwerker aus dem Kreis Pfaffenhofen. Dass auch der Bär hier eines Tages auftauchen könnte, dies sei zwar nicht völlig ausgeschlossen, aber eher unwahrscheinlich, so der Fachmann.
Beate Jessel, Präsidentin des Bundesamts für Naturschutz, rechnet mit bis zu 500 Rudeln, die sich in der Bundesrepublik etablieren könnten.
Wolfsvorkommen bald flächendecken
In Deutschland und folglich auch in Bayern ist damit zu rechnen, dass sich zumindest der Wolf relativ schnell verbreiten wird. Dies bestätigte neben den Fachleuten aus dem LfU kürzlich auch die Präsidentin des Bundesamts für Naturschutz, Professorin Beate Jessel. Sie sagte unlängst beim „Symposium Wolf/Luchs“ des Landesjagdverbands Bayern (LJV) in Freyung überzeugt: „Wir werden den Wolf flächendeckend haben!“ Wer auf wolfsfreie Gebiete hoffe, erliege einer Illusion. Je nach zugrunde gelegter Reviergröße gebe es in Deutschland Platz für bis zu 500 Rudel.
Ein Wolfsrudel besteht normalerweise aus dem Elternpaar und seinen bis zu zweijährigen Nachkommen. Die Zweijährigen suchen sich neue Lebensräume und legen dabei mitunter mehr als 70 Kilometer täglich zurück. Von einem Wolf aus Sachsen ist bekannt, dass er in zwei Monaten den Weg von 1.550 Kilometern bis nach Weißrussland schaffte. Erst kürzlich ergaben Speichelproben, dass östlich von St. Heinrich im Landkreis Starnberg in der Nacht auf den 1. April vier Schafe von einem Wolf gerissen worden waren.
LfU-Wolfsexperte Manfred Wölfl zeigte den Teilnehmern der Schulung, wie eine DNA-Probe fachgerecht von einem toten Tier entnommen wird.
Stundenlange Spurensuche
Ähnlich einer Tatortanalyse sind von den Netzwerk-Mitgliedern nach Möglichkeit kennzeichnende Merkmale zu sichern, um den oder die potenziellen Verursacher eines augenscheinlich von einem Beutegreifer getöteten Tieres einzugrenzen. Das Verfahren ist ziemlich zeitaufwändig und setzt eingehende wildbiologische Kenntnisse voraus. Bei einem Reh beispielsweise kann die Arbeit durchaus mehrere Stunden in Anspruch nehmen, wie die Netzwerker bei ihrem Lehrgang in Lam erfahren konnten. Neben einer vorherigen genauen Umfeldanalyse wird das Tier danach quasi seziert. Nutztiere werden durch die Netzwerkangehörigen jedoch nur nach Sichtmerkmalen begutachtet. Die weiteren Schritte übernimmt dann aus rechtlichen Gründen der jeweils zuständige Amtstierarzt.
Zur Identifizierung einer vermuteten Wolfsspur ist akribische Feinarbeit notwendig. Wie die Vorgenhensweise dazu ist, das lernten die neuen Netzwerker für große Beutegreifer bei einer Schulung in Lam.
Die aus den standardisiert aufgenommenen Sachverhalten gewonnenen Erkenntnisse fließen dann dem LfU zu und werden darüber hinaus für das Monitoring über die Situation der großen Beutegreifer in Bayern übernommen. Das Netzwerk ist eine Kooperation zwischen dem LfU, dem Luchsprojekt Bayern, der Wildland-Stiftung Bayern und der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege.
Wolf kam schon mal im Landkreis vor
Im Feilenforst bei Geisenfeld fristeten bis ins 19. Jahrhundert hinein Wölfe, womöglich auch Luchse, ihr Dasein. Beide Tierarten galten dann viele Jahrzehnte als ausgestorben. Seit rund zwölf Jahren kommt insbesondere der Wolf durch natürliche Zuwanderung auf verschiedenen Routen wieder nach Deutschland zurück und fasst dabei mehr und mehr sozusagen wieder Pfote. Das stößt nicht bei allen Bevölkerungsgruppen auf Zustimmung. So sorgen sich beispielsweise die Weidetierhalter um ihre Schafe oder Kühe. Während viele Naturschützer den Wolf willkommen heißen, tritt ihm die Jägerschaft weitgehend mit gemischten Gefühlen, wenn nicht gar feindselig gegenüber. Sie weiß aber ebenfalls, dass bald mit ihm zu rechnen ist: „Auch in Bayern werden immer häufiger Einzeltiere gesichtet und Rudelbildungen in Kürze erwartet“, heißt es vom LJV.
Ansiedelung, Wanderverhalten, Nahrungsverhalten und der Umgang mit den großen Beutegreifern werden die der öffentlichen Diskussion künftig immer mehr Raum in Anspruch nehmen.
Jagdverbands-Präsident Professor Jürgen Vocke lud zum Informationsaustausch nationale und internationale Wolfs- und Luchsspezialisten nach Freyung zum Wolf/Luchs-Symposium ein. Fotos: Pixabay (1), Alfred Raths (5)
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