Die Heimat auf der Zunge tragen
(Wambach, sh)Lions-Club Präsident Klaus Sperling (2.v.l.) danke Evi und Hans Schaubeck von "Schwarz & Sohn" für ihren maßgeblichen Beitrag zum Gelingen der Veranstaltung
Und wieder hat es das Lions-Hilfswerk Mainburg geschafft, zwei äußerst interessante Referenten mit nicht weniger interessanten Vortragsthemen für die Reihe „MAI-Kultur“ beim Brunnenwirt in Wambach zu begrüßen. Den Auftakt machte Prof. Dr. Ludwig Zehetner mit seiner Hommage an die einzigartige Schönheit des Kulturguts Bayerischer Dialekt.
Die „MAI-Kultur“ Reihe, seit 2014 im Veranstaltungskalender der Hopfenstadt, wartet mit jeweils zwei hochkarätigen Veranstaltungen traditionelle im Wonnemonat Mai auf. Mit Prof. Dr. Ludwig Zehetner fand man einen äußerst bewanderten Dialektprofi, der sich allein schon von Berufswegen her intensivst mit der bairischen Mundart auseinandergesetzt hat. In seinem kurzweiligen wie aufschlussreichen Streifzug durch das Bairische erweiterte er die Kenntnis seiner Zuhörer über unsere eigentliche Muttersprache neben dem Hochdeutschen.
„Die Heimat kann man nur im Herzen und auf der Zunge tragen“ leitete Prof. Zehetner ein. Ob das wohl auf jemanden zutrifft, der eine Mahlzeit als „lecker“ anstatt „guad“ bezeichnet oder den Berg neuerdings nicht „aufischaut“ sondern „hochkuckt“? So jemand könne laut dem Honorarprofessor für Bayerische Dialektologie und ehemaligen Gymnasiallehrer kein Bayer sein.
Zunächst stellte sich vielen aber die Frage: Was ist eigentlich ein Dialekt? Im Vergleich zur Hochsprache besitzt er keine orthographische Regelung. „Dialekt ist ein völlig eigenes Sprachsystem und damit weitestgehend unabhängig von der Hochsprache“, so der Experte. Fest steht auch: Mundart erweitert unser Spektrum, aber wir müssen sie kennen. Die Standardsprache könne jeder lernen, aber beim Dialekt hapert es meistens.
Seine interessanten Trivia über die lautlichen und lexikalischen Eigenheiten des Bayerischen sorgten immer wieder für herzhaftes Auflachen in den Publikumsreihen. Das Bayerische habe vor allem viele stimmlose Konsonanten und nicht wenige Zwielaute. So etwa ist der Fragesatz „Sui i de olle ohuin?“ kein gesprochener Jodeltext, sondern heißt auf hochdeutsch so viel wie „Soll ich die alle abholen“ (z.B. Äpfel).
Anhand vieler lustiger Beispiele legte Prof. Zehetner die Raffinesse und Schönheit unseres Heimatdialekts dar. Der Irrealis ist hochgradig ausgebaut: Wenn er kaam – kemaat – kemma daad. Und wer kennt sie nicht, die schönen volkstümlichen Vergleiche wie z.B. „De is so boanig wia a Sog voller Hirschg´weih“ oder „Den hots gfroan wia an nackerten Schuilehrer“.
Allein daran merkt man, wie geradezu genial der Dialekt Beschreibungen schafft, die im Hochdeutschen völlig sinnfrei wären.
Der Dialektologe formulierte es wie folgt: „Altbairisch ist fein, auch in seiner humoristischen Derbheit“. Sinnlose Tätigkeiten bezeichnet das Bayerische mit bildhaften Ausdrücken wie „Schwammerl obstaum“ oder „Semmelbrösel zählen“. Hintergründiges zum Ursprung der urbairischen Darreichungsfloskel „sä“ (zu deutsch: siehe da) bereicherten den Vortrag ebenso wie unzählige Beispielausdrücke zum Thema Wetter sowie Lehnwörter aus dem Französischen.
Auf diese Weise trug der Abend vollends zur Belebung des bairischen Sprachbiotops dar. Am Ende des aufschlussreichen wie erheiternden Vortrags lautete die Quintessenz: Wer die Heimat auf der Zunge trägt, der trägt sie auch im Herzen!
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