Ein ganz besonderes Hopfenjahr
(Nürnberg,, )Eine vor zwei Jahren noch unvorstellbare Situation ist nach der Ernte 2007 eingetreten: es werden nicht alle Brauer so viel Hopfen bekommen, wie sie benötigen. Stephan Barth hatte in seiner Firmenchronik nachsehen lassen: so etwas gab es die letzen hundert Jahre noch nie. Die Ernteergebnisse national fasste auf der Pressekonferenz zur Brau-Beviale letzten Donnerstag Dr. Pichlmaier als Präsident des deutschen Hopfenpflanzerverbands zusammen: 32.200 t wurden 2007 in Deutschland geerntet (Vorjahr 28.500 t). Das sei mit 1,9 t/ha mehr als eine durchschnittliche Ernte. Elbe-Saale hat sogar um 20 % zugelegt. Doch mit Blick auf das Alpha, das gerade bei der wichtigsten Bittersorte Magnum enttäuschte, wurde 2007 noch ein normales Jahr. Deutschland hatte weltweit die größte Freihopfenmenge und profitierte so am meisten von den höchsten Preisen, die es je gab. Doch das Geld werde größtenteils für Investitionen benötigt und dies komme den Brauern auch wieder zugute, die derzeit von den Preisen regelrecht schockiert sind. Der Vertragsmarkt lebte wieder auf. Bis 2010 sind alle Hopfen im Rahmen der unbedenklichen Vertragsmenge vorverkauft. Für 2011 bis 2014 liegen schon höhere Quoten als üblich vor.
Dr. Pichlmaier rechnet mit 1000 ha Neufläche in 2008. Sie ist auch nötig, wenn schon eine überdurchschnittliche Ernte in der Hallertau nicht ausreiche alle Brauer zu bedienen. Anregungen dazu kommen über Verträge, aber auch vom Handel und den Brauern. Doch Dr. Pichlmaier warnte: Mit noch größerer Flächenexpansion schaufelten sich die deutschen Pflanzer wieder ihr eigenes Grab. Denn der hohe Eurokurs belaste den Wettbewerb bei Bitterhopfen mit den USA. Aber es müsse eine ausreichende Vorratshaltung aufgebaut werden. Ziel müsse es sein, an der durchschnittlichen Ernte die Vorverträge zu 100 % zu erreichen und Über-/Unterproduktionen aus der Vorratshaltung zu bedienen. Verträge müssen erfüllbar sein. Unterlieferungen würden das Vertragssystem zerstören. (Anm. der Redaktion: So wurde klar, dass sich diese Vorratshaltung Pflanzer und Handel teilen müssen, wenngleich auch die Brauer aus den jetzigen Erfahrungen sich eigene Vorräte wieder aufbauen werden. Das wird aber 2008 noch nicht gehen. Es ist auch für 2008 mit einem hohen Hopfenpreis zu rechnen). Bereits 1000 t Herkules sind 2007 geerntet worden mit bestem Alpha. Aus den Herkules-Neuflächen 2006 und 2007 dürfte 2008 die Menge weiter steigen. Ob aber das Herkules-Alpha immer so hervorragend sein wird, ist nicht erwiesen.
Den internationalen Hopfenertrag schilderte der 2. Referent, Heinz Jürgen Cooberg, 2. Vorsitzender des Hopfenwirtschaftsverbands. Slowenien war wegen eines Sturms um 50 % ausgefallen. Die Erträge in Tschechien seien weiter unterdurchschnittlich, wobei tschechische und polnische Pflanzer ihre Verträge nur mit höheren Preisen erfüllten. Dies werde aber noch viele Prozesse nach sich ziehen. Selbst Brauer wollen klagen.
In den USA enttäuschten die Hochalphasorten wegen Mehltaus. Trotz der Flächenausdehnung von 1000 ha in 2007 standen 300 t Alpha weniger zur Verfügung als im Vorjahr. China sackte auf 500 - 550 t Alpha ab. In der Gesamtsumme kommt die Welternte auf 7500 t Alpha erntefrisch, immerhin 500 t mehr als 2006. Der Bedarf liegt aber bei 8300 t. Damit bestätigten sich alle Werte aus dem Zwischenbericht Hintermeiers bei der IGN Ende September.
Es bestehen kaum mehr Freihopfen. Die meisten seien zum Schluss in Verträge übergegangen. Die Brauwirtschaft müsse nun die Rezepturen ändern, um mit geringeren Hopfengaben auszukommen und die Reichweite des Hopfeneinkaufs verkürzen, also die Ernte 2008 verstärkt belasten. Damit wird den Verarbeitern 2008 in den ersten zwei Monaten nach der Ernte die Ware aus der Hand gerissen.
In der Diskussion brachte der amerikanische Journalist Dornbusch ein Problem der rund 1000 "Craft Brewers" in den USA vor: sie bekämen heute schon keinen Hopfen mehr. Natürlich haben sie nie an Verträge gedacht, weil ihre Mengen so gering seien. Barth-Haas dürfe an sie nicht verkaufen, weil dieses Kleingeschäft vor Jahren verkauft wurde. Diese Firma aber sei nun ein Problem für die US-Bierkultur. Vielleicht wird diesen Brauern aber aus dem HVG-Pool geholfen. Einhellige Meinung der Fachleute: der Preis spielt keine Rolle mehr. Diese Brauer zahlten auch den doppelten Spitzenwert.
Die bayerischen Brauer können ihre Hopfung nicht reduzieren und wollen dies auch nicht. Verstärkt suchten sie den direkten Einkauf beim Erzeuger, berichteten Cooberg und Stefan Stang, Geschäftsführer des Vereins Privater Brauereien Bayerns. Mit dem Rückgang des Bierausstoßes (kalter August) kamen sie mit ihren Hopfenvorräten gut in die neue Ernte. Die Not bei der Braugerste sei größer als beim Hopfen. Dort muss langfristig mit einer Verdopplung der Preise gerechnet werden, v.a. wegen der Energiegewinnung aus Biomasse. Dazu stellte Walter König, Geschäftsführer, die neue Sortenmappe Braugerste vor, die ganz der Sortenmappe Hopfen nachempfunden ist und auch den Titel "Seele des Bieres" trägt. König forderte den Vorrang der Nahrungsmittelsicherung vor der Energiegewinnung aus landwirtschaftlichem Anbau. Starke Partner bei Handel und Produktion von Hopfen und Braugerste bräuchten die bayerischen Brauer. Die nötigen Bierpreiserhöhungen werden im Frühjahr folgen. Allerdings könnten Grenzbetriebe dabei auf der Strecke bleiben.
Stang zitierte auch ein Etikett eines US-Brauers, auf dem steht: "Für unser Bier hat der Hopfen die gleiche Bedeutung wie die Weintrauben für den Wein. Jedes Jahr fahren wir nach Bayern, um dort den besten Edelhopfen der Welt zu bonitieren und für uns auszuwählen. Je besser der Hopfen, desto mehr Körper, Geschmack und Vollmundigkeit können Sie in Ihrem Bier schmecken." Und nun soll dieser Brauer keinen bayerischen Hopfen mehr bekommen? Alle Redetexte finden Sie unter www.hopfen.de und www.deutscher-hopfen.de.
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