Endlich Festival! Raphael und Kyle Gass entern die Hallertau
(Mainburg, ls)Die Welt stand still – zumindest für ein Wochenende, zumindest an einem Ort. Empfenbach war im Ausnahmezustand angekommen. Das Festival Holledau fand am Samstag seinen absoluten Höhepunkt. Der italienisch-nigerianische Reggaekünstler Raphael sorgte für sonnige Vibes und die Kyle Gass Band für einen legendären Auftritt der Sorte, von dem man noch lange Zeit sprechen wird.
Schon beim Soundcheck vor dem Auftritt hielt die Festivalgänger nichts mehr. „Rise up! Hallertau, rise up!“, ließ man sich nicht zweimal sagen, und der Bereich vor der Bühne wurde zur Tanzfläche. Als Raphael dann tatsächlich die Stage betrat, verwandelte er die Menge aus Gummistiefelträgern und Regenjacken in eine Reggae-Party. Neben Songs aus seinem neuen Album, ließ er es sich nicht nehmen, ein Lied des großen Idols zu singen. Zu Bob Marleys „Iron, Lion, Zion“ stimmte auch das Party Volk mit ein. „Let Bob up there hear us!“, rief Raphael ins Publikum, und das antwortete mit begeistertem Klatschen und Pfeifen.
Sogar den Geist vom Festival 2016 ließ er auferstehen. Vor einem Jahr war es Lion D, der dem Hallertauer Publikum einheizte. Raphael und er, beide Italiener und beide bis in die Haarspitzen dem Roots Reggae verschrieben, hatten sich schon mehrfach zu Kollaborationen hinreißen lassen. Nun stimmte Raphael den gemeinsamen Song „Who dem a Pree“ an. Der Sohn eines nigerianischen Vaters und einer italienischen Mutter machte auch auf seine Wurzeln und die damit assoziierten Klischees aufmerksam. „Mein Vater und meine Mutter waren als Paar damals nicht gern gesehen. Wir sind einen langen Weg seither gegangen, und ich freue mich so sehr, dass sich das endlich geändert hat. Was uns vereint ist die Liebe“, so der Künstler.
Liebe spürte man auch bei der nächsten Band. Fünf Musiker betraten die Bühne, bei denen man bei jedem Ton und jedem Schlag die Leidenschaft für ihr Handwerk spürte. Mit frechen Sprüchen und einem unvergleichlichen Sound setzte Kyle Gass mit Band ein Ausrufezeichen nach dem anderen. Sei dies seine absolut urige Art, die Bühne in seinen privaten Proberaum zu verwandeln, die Whiskeyflasche, die Rockstar-gerecht durch die Hände wanderte oder unverwechselbare Soli – und zwar mit einer Flöte – Kyle Gass und Crew überraschten bei jedem Lied aufs Neue.
Frontmann Kyle Gass, hauptberuflich mit der selbst ernannten „greatest band in the world“, Tenacious D, unterwegs, machte nicht nur mit eigenen Songs wie „Bro Ho“ Laune. Drummer Tim Spier legte ein Pop-Medley aufs Parkett, das sich mehr als hören lassen konnte. Backstreet Boys und Michael Jackson – das Puplikum war Wachs in ihren Händen. Auch John Konesky an der Lead-Gitarre sorgte dafür, dass den Hallertauern eine Kinnlade nach der anderen herunterfiel. Wer dachte, dass die Rockstars nach drei Zugaben vom Gelände verschwanden, konnte sich auf die nächste Überraschung gefasst machen. Kyle Gass höchstpersönlich nahm sich danach noch die Zeit, mit seinen Fans vor der Kamera zu posieren und Bierkrüge und T-Shirts zu signieren. Ob die kryptischen Buchstaben und Bildchen, die dabei entstanden, tatsächlich seine Unterschrift war oder er sich einen Scherz erlaubte – das bleibt wohl am Ende sein Geheimnis. Fakt ist, dass nach diesem Auftritt so einige Empfenbach-Bierkrüge nie mehr eine Spülmaschine zu Gesicht bekommen werden.
Reagge, Rock und am Ende Hip Hop mit der Chiemgauer Mundart Crew. Das klingt zwar nach einer wilden Mischung, aber in Empfenbach funktioniert das perfekt. Die Jungs ließen mit ihren sommerlichen Vibes und einer gehörigen Portion Funk die Menge tanzen und springen. Einzig das Wetter machte aus einer ohnehin schon feucht fröhlichen Party eine klitschnasse. Ein Regenguss sorgte bei den Hallertauern für Erfrischung.
Die Party ging danach auf dem Zeltplatz weiter. Egal ob stilecht mit Gitarre und Lagerfeuer oder laut und immer lauter mit Notstromaggregaten – die Zeit war dieses Wochenende für die Menschen auf dem Festival aus den Fugen geraten. Bis in die frühen Morgenstunden wurde ausgelassen gefeiert. Und nun ist es also überstanden – ein Wochenende mit Zelt, Grillfleisch, und matschigen Schuhe ist zu Ende. Nun dauert es wieder ein Jahr, bis Rocker und Althippies, Abiturienten und Rentner oder Buam und Mädls die Nacht zum Tag machen. Der Countdown zum „Festival Holledau 2018“ – er läuft.
Nach drei Tagen Würstl Braten, Security Dienst, Getränke Ausschank und Toilettendienst erwartete am Festival-Montag die ehrenamtlichen Helfer ein Schlachtfeld der besonderen Art. Trotz ständiger Hinweise in den letzten Jahren und einem mehr als gelungenen Preis-Leistungs-Verhältnis, scheinen manche Gäste ihre Fairness auf dem Boden ihrer Bierflaschen gelassen zu haben. Sperrmüll soweit das Auge reicht war das Resultat auf dem bereitgestellten Campingplatz. Muss das sein?
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