Familienfreundliche Arbeitswelt: Der Teufel steckt im Detail
„Mutter, Vater, Kind und Job…“ war die Präsentation betitelt, mit der die Augsburger SPD-Bundestagsabgeordnete Ulrike Bahr im Hofbergsaal in Pfaffenhofen sozialdemokratische Familienpolitik vorstellte.
Unter der Überschrift "Zeit für Familie" erläuterte die Augsburger SPD-Bundestagsabgeordnete Ulrike Bahr unter Moderation des hiesigen sozialdemokratischen Bundestagsbewerbers Andreas Mehltretter am vergangenen Dienstagabend im Pfaffenhofener Hofbergsaal die Position der SPD zu Fragen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Viele Vorschläge dazu scheinen auf den ersten Blick sinnvoll und erstrebenswert, halten dann aber einer näheren Draufsicht nicht Stand.
Mit dem bereits verabschiedeten Wahlprogramm der SPD will die Partei unter anderem finanzielle Entlastung durch eine Familienarbeitszeit, kostenfreie Kitas und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Vor allem frühkindliche Bildung - und diese gebührenfrei - sei ihr ein wichtiges Anliegen, hob Bahr eingangs hervor. Neue Zeiten anbrechen sollten nach SPD-Ansicht unter einem Dach „Wahlarbeitszeit“. Darunter finden sich die Stichworte wie „Familienarbeitszeit“ mit der partnerschaftlich-familiäre Sorge gefordert werden soll, „Pflegebudget“ (Förderung der Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger), „Arbeitsversicherung“ (Förderung lebensbegleitender Qualifizierung und Weiterbildung) und das „Lebenschancen-Budget“ (Förderung der Selbstsorge).
Bahr, als Mitglied im Familienausschuss des Bundestags ausgewiesene Expertin im Thema, sieht den weiteren Weg in der Familienfreundlichkeit in flexibleren Arbeitszeiten, in der Regulierungsabfolge des Wahlarbeitszeitgesetzes, in der Konkretisierung auf Ebene der Tarifparteien und in der Möglichkeit, zuhause im Home-Office zur arbeiten. Die Sozialdemokratin appellierte, in den Betrieben entsprechend nachzuhaken.
Wie sehr der Teufel jedoch im Detail steckt, wurde in der Diskussion am Beispiel des Heimarbeitsplatzes deutlich. Einerseits begrüßen und fordern die Sozialdemokraten diese Form der Arbeitsplatzwahl, andererseits sehen sie darin auch Gefahren. Die Ambivalenz wird deutlich, als Bahr sinngemäß von der möglichen Abgrenzung zu den Kollegen im Unternehmen aber auch von eventuell unsichtbarer Mehrarbeit als eher negative Auswirkungen spricht, die man nicht wolle.
Bahr fordert außerdem 100.000 neue, mittelfristig beitragsfreie Kitaplätze: „Wir müssen da ganz viel Geld reinstecken vom Bund aus.“ Und die Qualität der Kitas soll über neue Personalschlüssel, einer reformierten Erzieherausbildung und mehr Bildungsarbeit steigen. Auch bei dieser Thematik standen wieder einige imaginäre Fragezeichen im Raum.
Geld und Personal, woher nehmen ...
Die Kostenfrage etwa rief Pfaffenhofens SPD-Stadtrat Markus Käser auf den Plan, der, neben einem weiteren Zuhörer, konkrete Zahlen dazu wissen wollte. Auch deshalb, weil diese Frage auch den Kommunalhaushalt betrifft und dementsprechende Kosten die Kreisstadt mit immerhin 700 000 Euro im Jahr belasten würden. Bahr sah hier die Verantwortung beim Bund, der den Kommunen das notwendige Geld dann erstatten müsse. Konkreter konnte Bahr jedoch nicht werden: „Es gibt keine Vorstellung; … es sind keine konkreten Zahlen hinterlegt.“ Sie könne sich aber 20 Milliarden Euro jährlich vorstellen, die zu investieren seien.
Doch es fehlt überdies an qualifizierten Erziehern, wie aus dem Publikum heraus festgestellt wurde. Kathrin Maier, Sachgebietsleiterin für Familie und Soziales in der Stadtverwaltung sagte, dass die Forderung nach Kitaplätzen zwar schön sei, doch die Umsetzung am dafür nötigen Personal scheitere. Sie äußerte die Befürchtung, dass bei einer Realisierung einfach der Betreuungsschlüssel erhöht werden könnte. Unklar blieb am Ende jedoch auch die Frage, woher überhaupt die ganzen zu investierenden Milliarden kommen sollen.
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