Kontrolle bei Nacht
(Pfaffenhofen, hal/rt)Pfaffenhofens Altlandrat Rudi Engelhard legte als Vorsitzender der hiesigen Senioren-Union die Finger gleich in mehrere Wunden. Archivfoto: Raths
Menschen im Alter von über 60 Jahre stellen mit 36 Prozent der Stimmberechtigten bei der kommenden Bundestagswahl die größte Wählergruppe. In der öffentlichen Diskussion beschränkt sich die Seniorenpolitik jedoch überwiegend auf das Rententhema und die Pflegefallversicherung merkt die Senioren-Union im Landkreis Pfaffenhofen kritisch an. Nach einer kürzlich abgehaltenen Diskussionsrunde wurde nämlich eine ganz andere Gewichtung deutlich.
„In erster Linie wollen die Senioren Frieden, Sicherheit und Ordnung in unserem Land sehen“, so Rudi Engelhard als Vorsitzender der Senioren-Union. „Aufgrund ihrer Lebenserfahrung bitten sie alle Wählerinnen und Wähler, den Parteien am linken und rechten Rand eine deutliche Abfuhr zu erteilen. Wir haben in den letzten Jahrzehnten miterlebt, dass die Extremisten zwar viele Emotionen schüren, aber letztlich keine Probleme lösen.“
Für ältere Menschen stehe das Thema gesundheitliche Versorgung an oberster Stelle. Wegen der eingeschränkten Mobilität sei deshalb die ortsnahe medizinische Versorgung auf hohen Niveau unabdingbar. Die Senioren-Union fordert deshalb, den Erhalt örtlicher Kliniken, wie etwa der Ilmtalkliniken, die Verbesserung der Rettungs- und Notarztdienste sowie einen zuverlässigen ärztlichen Wochenenddienst, der auch für Senioren erreichbar sein muss. Ein Teilnehmer kritisierte in diesem Zusammenhang aus eigenem Erleben den ärztlichen Sonntagsdienst mit den Worten: “Von Freitagabend bis Montag früh darf man bei uns nicht krank werden!“
Für das Wohlergehen im Alter sei es ebenso entscheidend, ob es gelinge, während des aktiven Berufslebens für sich Wohneigentum zu schaffen. „Die rasant steigenden Mieten stellen ein Armutsrisiko für alle Generationen dar. Wenn beim Eintritt in den Ruhestand die Hälfte des Monatseinkommens wegbricht wird die Wohnungsmiete zum Problem“, so Engelhard.
Viele Senioren hätten sich aus diesen Grund eine finanzielle Altersreserve bei den Banken angelegt. „Durch die Null-Zinspolitik des Chefs der Europäischen Zentralbank Mario Draghi, der gleichzeitig die Inflation anheizen will, werden die finanziell unsoliden Mittelmeerländer saniert. Im Gegenzug wird praktisch der Spargroschen der Rentner schleichend enteignet.“ Zu diesem Thema habe der lange für die Europa-Politik zuständige SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz nichts gesagt.
Ungerechtigkeiten sind jetzt anzugehen
Walter Ulrich, stellvertretender Seniorenunions-Vorsitzender, war die Anerkennung der Erziehungsleistung bei der Festsetzung der Rentenhöhe ein besonders Anliegen: „Wir sehen bei uns die vielbeschriebenen Rentner, die Pfandflaschen zum Lebensunterhalt sammeln müssen nicht“, betonte er. „Wir kennen aber viele Mütter, die eigene oder adoptierte Kinder großgezogen haben und deshalb heute mit einer Minirente auskommen müssen.“ Geradezu eine Unverschämtheit sei es, dass sie auf diese Minirente auch noch Krankenversicherungsbeiträge zu zahlen hätten, ärgerte sich Ehrenvorsitzender Jochen Lojewski. Die Teilnehmer der Versammlung forderten deshalb zunächst die vielen kleinen Ungerechtigkeiten im Rentensystem anzugehen. Das allgemeine Rentenniveau sei zwar ein Thema, aber sicher nicht alleine zu sehen.
Ernst Kellnhauser, der selbst zeitweise auf einen Rollstuhl angewiesen ist, erinnerte an die Herstellung der Barrierefreiheit gerade im öffentlichen Raum. Hier sei auch in Pfaffenhofen noch viel zu tun.
Er machte zudem auf das Problem aufmerksam, dass ältere Menschen häufig gezielt von krimineller Trickbetrügern angegangen werden und in vielen Fällen auch zu deren Opfer werden. Oft werde dabei die Hilfsbereitschaft älterer Menschen rücksichtslos ausgenutzt. „Nicht nur, dass angeblich in Not geratene Verwandte ‚ausgelöst‘ werden sollen, noch dreister ist der Versuch, Geld zu bekommen um verstorbenen Verwandten im Jenseits zu helfen.“ Per Fax würden zudem Briefe versandt, die über angeblich hinterlegte Millionenbeträge Verstorbener mit gleichen Familiennamen berichten. Gegen ständig steigende Gebühren sollte das Geld ausgelöst werden – es werde aber nie kommen. „Hier fordert die Senioren-Union eine spezielle Arbeitsgruppe der Sicherheitsdienste um diesen Kriminellen das Handwerk zu legen.“
Kontrollen auch in der Nacht
Ein weiterer Punkt auf der Tagesordnung waren die Pflegeheime. Sie werden von den Senioren als notwendige Einrichtungen angesehen, wenn die häusliche Pflege nicht mehr gewährleistet werden kann. „Allerdings fehlen Kurzzeitpflegeplätze zur Entlastung pflegender Familienangehöriger“. Laut Altlandrat Rudi Engelhard wurden in früheren Zeiten „ausreichend Kurzzeitpflegeplätze im Landkreis gefördert aber letztlich nicht eingerichtet.“ Die Regierung von Oberbayern habe diese Umwandlung in Dauerpflegeplätze stillschweigend geduldet. Die Betreiber böten stattdessen, die von ihnen so genannte „eingestreute Pflege“ an. Das heißt, es werden gerade freie Langzeitpflegeplätze für Kurzzeitpflege verwendet. „Nach den bei der Senioren-Union eingehenden Berichten, klappt dieses Modell aber nicht besonders gut, da die Betreiber versuchen ihre Einrichtungen möglichst zu einem hohen Prozentsatz aus zu lasten.“ Ein „Pflege-TÜV“ wurde von den Gesprächssteilnehmern als ziemlich wertlos bezeichnet. Sie forderten unangemeldete Kontrollen der Pflegeheime auch bei Nacht, um eventuelle Missstände aufzudecken. Zu den Besuchszeiten seien die Heime sicher im „Schauzustand“, damit die Angehörigen in Sicherheit gewogen würden.
Zum Abschluss der Diskussionsrunde bedankte sich Lojewski beim CSU-Bundestagsabgeordneten Erich Irlstorfer, der in seiner politischen Arbeit die Gesundheits- und Seniorenpolitik zu einem seiner Schwerpunkte gemacht hat. Es sei wichtig einen jederzeit ansprechbaren Vertreter in Berlin zu haben, der die örtlichen Probleme in der Bundeshauptstadt vertrete.
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