Abwechslungsreiche Literaturtage boten fünf höchst interessante Lesungen am laufenden Band
(Pfaffenhofen, hal/wk)Literaturfreunde kamen am vergangenen Wochenende in Pfaffenhofen voll auf ihre Kosten: Die ersten Literaturtage im Rahmen der Pfaffenhofener Lesebühne boten interessante und völlig unterschiedliche Lesungen am laufenden Band – fünf hochkarätige Lesungen an vier aufeinander folgenden Tagen.
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Eingeladen waren Christoph Peters, ein mit dem Stadtrat und Kulturreferenten Steffen Kopetzky befreundeter Autor aus Berlin; die Kölner Autorin Sabine Bode, die ihren ersten Roman vorstellte; die Augsburger Unternehmerin Sina Trinkwalder mit ihrem neuestes Buch; der Göbelsbacher Philosoph und Autor Dr. Lenz Prütting mit seinem Buch über das Leben seines Vater und der schottische Autor Martin Walker mit seinem neuesten Kriminalroman aus der „Bruno“-Reihe.
Christoph Peters (Foto: P.v.Felbert)
Zum Auftakt las Christoph Peters am Donnerstag aus seinem neuen Erzählband „Selfie mit Sheikh“, dessen Geschichten teils in Deutschland, teils in Ländern des Nahen und Mittleren Ostens spielen. In seinen Geschichten ging er auf die Lebenswelt, Kultur und Mentalität des islamischen Orients ein und versuchte dabei die dortigen Entwicklungen nicht nur aus der Sicht eines Europäers zu erkunden. Vor allem die Schnittstellen von Orient und Okzident, von Überlieferung und Moderne, beschäftigten ihn besonders sowie die Verstörung, die oft von Begegnungen mit zunächst fremden Lebens- und Denkweisen ausgehen.
Sabine Bode (weitere Fotos: Stadt Pfaffenhofen)
Der folgende Abend war für Sabine Bode ebenfalls im Festsaal des Rathauses reserviert. Als bekannte Sachbuchautorin, stellte sie jetzt ihren ersten Roman „Das Mädchen im Strom“ vor: die Geschichte des Judenmädchens Gudrun, das vor den Nazis nach Shanghai flieht, dort das Ghetto überlebt und schließlich nach Deutschland zurückkehrt – ganz allein, denn ihre Eltern und ihr Jugendfreund sind inzwischen tot.
Der Roman ist eigentlich eine nacherzählte Geschichte, denn Sabine Bode hat Gudrun, die Hauptfigur ihres Buches, persönlich kennengelernt: Beide waren Hospitantinnen in einer Psychosomatischen Klinik. Trotz des Altersunterschieds von 26 Jahren haben sie sich auf Anhieb gut verstanden. Da Gudrun sich nicht an alle Details ihrer Flucht erinnern konnte, recherchierte Sabine Bode einige Teile und fügte Nebenfiguren sowie Dialoge hinzu.
Sina Trinkwalder
Sina Trinkwealder ist eine echte Powerfrau und ein wahres Energiebündel, eine erfolgreiche Unternehmerin und Autorin, die am Samstagnachmittag ihr Buch „Im nächsten Leben ist zu spät“ auf der Lesebühne vorstellte – aber sie wollte die Bühne gar nicht betreten, auch auf Tisch und Stuhl, Leselampe und Mikrophon verzichtete sie gern und blieb stattdessen vor dem Publikum stehen, quasi auf Augenhöhe, und erzählte ihre Geschichte. „Lesen könnt Ihr ja selbst“, erklärte sie dem Publikum und nahm ihr Buch nur einmal für eine kurze Textpassage in die Hand.
Ansonsten erzählte sie sehr anschaulich und unterhaltsam von den wichtigsten Stationen ihres Lebens und von ihrem Erfolgskonzept, den beiden abgebrochenen Studiengängen und dem höchst erfolgreichen Marketingjob, von der Begegnung mit einem Obdachlosen, die ihr Leben völlig veränderte, und von der Gründung ihres heute 150 Mitarbeiter starken Sozialunternehmens manomama, in dem sie fast ausschließlich Menschen (sehr viele Frauen) beschäftigt, die vorher arbeitslos waren. Ihr Fazit: Optimistisch denken unter Einbeziehung der Realität. Und keinen Trends hinterherlaufen, sondern ganz normal und ganz man selbst sein.
Lenz Prütting, Stadtrat Peter Feßl
Lenz Prütting lud am Sonntagnachmittag in sein mit viel Liebe renoviertes Bauernhaus in Göbelsbach zur Lesung ein mit dem Titel „Versuch, ein Leben zu verstehen. Mein Vater im Dritten Reich“. Die zahlreichen Besucher waren gespannt auf die persönlichen Gedanken Prüttings zu den Tagebüchern seines Vaters Michael und dem Briefwechsel seiner Eltern aus den Jahren 1934 bis 1942. Im Alter von 29 Jahren ist Michael Prütting 1942 beim Marsch auf Stalingrad gefallen. Lenz Prütting war zu diesem Zeitpunkt zwei Jahre alt; er hat seinen Vater nie kennengelernt.
Lenz Prütting analysiert in seinem Buch das Leben und auch die Weltanschauung seines Vaters. Der war ein protestantischer Franke, der schon zu Schulzeiten für Hitler schwärmte und marschierte. Lenz Prüttings Werk „Versuch, ein Leben zu verstehen. Mein Vater im Dritten Reich“ wird voraussichtlich im Herbst 2018 beim Herder-Verlag erscheinen.
Markus Boniberger, Martin Walker
Zum Abschluss der Literaturtage stellte Bestsellerautor Martin Walker am Sonntagabend im gut besuchten Rathaussaal seinen neuesten Krimi „Grand Prix“ vor. Der aus Schottland stammende Walker begrüßte das überraschte Publikum souverän auf Deutsch, bevor er dann seinen Teil der Lesung auf Englisch hielt, während Schauspieler Markus Boniberger den deutschen Part übernahm.
Martin Walker entführte das Publikum ins französische Périgord, wo der „Chef de Police“ Bruno bereits das neunte Mal mit einem nervenaufreibenden Fall betraut ist. Walker, der selbst seit vielen Jahren in der Provinz Périgord lebt, bettet die spannende Ermittlungsarbeit des Dorfpolizisten authentisch in die typisch südfranzösische Idylle, die er liebenswert skizziert. Den Protagonisten und Hobbykoch Bruno lässt Walker zudem seine eigene Leidenschaft für die französische Küche ausleben, und so konnten die Zuhörer auch noch einiges über die Zubereitung regionaler Spezialitäten lernen.
Die Lesung von Martin Walker war der krönende Abschluss der Literaturtage. Wegen der engen Taktung der Termine konnte zwar nicht jeder jede Lesung besuchen, doch es gab die Möglichkeit, sich die interessantesten Termine auszusuchen. Die Lesefreunde freuen sich sicherlich schon auf die nächste Pfaffenhofener Lesebühne im kommenden Jahr.
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