Krisendienst Psychiatrie – Soforthilfe, wenn alles schiefgeht
(Pfaffenhofen, ls)Oma hat gerade ihren 73. Geburtstag gefeiert. Eigentlich ist Oma körperlich noch richtig gut drauf. In letzter Zeit vergisst sie nur öfter mal einen Namen oder verlegt wichtige Dokumente. Das passiert. Plötzlich steht sie aber auf der Straße, ist desorientiert, hat Angst. Sie hat vergessen, wie sie nach Hause kommt, dabei steht sie direkt vor der Tür. Keiner schafft es, sie zu beruhigen. Was nun? Krankenwagen rufen? Hausarzt kontaktieren?
Seit dem 1. Oktober gibt es für die Region 10 dafür eine Alternative, ein Modell, das sich schon oberbayernweit etablieren konnte. Der Krisendienst Psychiatrie hat in Zusammenarbeit mit der Caritas und der AWO ein Netzwerk über Neuburg, Eichstätt, Pfaffenhofen und Ingolstadt gespannt, das im Fall von psychologischen Notfällen schnell und kompetent Hilfe leisten kann. Ein Anruf in der Leitstelle genügt – die geschulten Mitarbeiter entscheiden dann, wie es weitergeht. Reicht eine Vermittlung an einen Facharzt in der Nähe? Kann man die Problematik direkt am Telefon lösen? Oder ist es notwendig, ein mobiles Team zur Klärung der Situation zum Betroffenen zu schicken?
„Früher wurde bei psychologischen Notfällen oft die Polizei gerufen. Für die eigentlich erkrankten Menschen hatte das unangenehme Folgen“, erklärt Helmut Roth vom Bezirk Oberbayern. Blaulicht, Zwangseinweisungen, im schlimmsten Fall sogar Handschellen – ein Horrorszenario für viele Menschen. Der psychiatrische Notdienst kann diese Fälle diskreter lösen. „Unser Personal ist darauf geschult, mit solchen Krisensituationen umzugehen. In vielen Fällen kommen die Betroffenen freiwillig mit zum Arzt oder in die Klinik“, berichtete Gebietskoordinator Martin Guth erst vor Kurzem vor dem Sozialausschuss des Landkreises Pfaffenhofen.
Dabei sind es oft die Betroffenen selbst, die den Griff zum Telefon wagen, wenn die Situation für sie nicht mehr zu ertragen ist. Wenn das Telefon der Leitstelle in München klingelt, suchen 60 Prozent der Anrufer für sich persönlich Hilfe. Aber auch Angehörige, Hausärzte oder Fachstellen nutzen den psychiatrischen Krisendienst – eben weil dort alle Informationsfäden zusammenlaufen. Circa 17.000 Telefonkontakte wurden so von April 2016 bis Mai 2017 schon gezählt.
Am häufigsten stehen die Mitarbeiter des psychiatrischen Notdienstes dabei Menschen mit depressiven Störungen zur Seite. Aber auch, wenn die Belastung des Alltags schlichtweg zu groß wird, finden Betroffene dort ein offenes Ohr. „Vielleicht hat man den Job verloren, die Kinder sind gerade in der Pubertät und der Nachbar macht einem die Hölle heiß. Man muss nicht psychisch erkrankt sein, um an seine Grenzen zu stoßen“, erklärte Guth in diesem Zusammenhang. Aber auch psychotische Zustände oder Störungen des Realitätsbezugs sind häufige Fälle, mit denen die Mitarbeiter konfrontiert werden. Hilfe ist dann schnell zur Stelle, arbeitet das Projekt doch eng mit dem Klinikum Ingolstadt und der Danuvius-Klinik in Pfaffenhofen zusammen.
Die Leitstelle ist täglich von 9 bis 24 Uhr besetzt. Zusätzlich arbeitet ein Tagdienst von Montag bis Freitag von 9 bis 16 Uhr, aber auch der Dienst der AWO ist Montag bis Freitag von 16 bis 21 Uhr und samstags, sonntags und feiertags von 13 bis 21 Uhr zu erreichen.
Auch Sie brauchen Hilfe? Zögern sie nicht – greifen Sie zum Telefon: 0180/ 6553000
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