Wir machen Politik für die Zukunft
(Wolnzach, hr)Markus Söder soll in wenigen Wochen Host Seehofer als bayerischen Ministerpräsidenten beerben. Er tritt damit ein Amt in schwierigen Zeiten an. Wir haben mit dem Spitzenpolitiker nicht nur das verloren gegangene Vertrauen, sondern auch darüber, wie die CSU im Freistaat zu alter Stärke gelangen kann.
Die vergangene Bundestagswahl hat gezeigt, dass die CSU massiv an Vertrauen verloren hat. Im Landkreis gab es Gemeinden mit bis zu 20 Prozent AfD-Anteil. Was ist aus ihrer Sicht der Grund für diesen erdrutschartigen Verlust?
Söder: Viele Deutsche sind immer noch verunsichert von den Folgen der unkontrol-lierten Zuwanderung. Man kann diesen Sorgen nur dann begegnen, wenn man für die Probleme Lösungen finden kann. Das heißt: Wir brauchen eine sinnvolle und effektive Begrenzung der Zuwanderung und konsequentere Abschiebungen, wenn kein Rechtsgrund vorliegt, in unserem Land zu bleiben. Deswegen wollen wir in Bayern sowohl zur Sicherung der Grenzen die Grenzpolizei neu etablieren als auch ein eigenes Landesamt für Asyl- und Abschiebung auf den Weg bringen – eine Art „Bayern-BAMF“ (Anmerkung der Redaktion: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge). Dort sollen Zuständigkeiten gebündelt und dann schneller entschieden werden. Wir wollen aber nicht nur die Sicherheit an der Grenze verbessern, sondern im ganzen Land. Zu den 2.000 bereits beschlossenen neuen Polizistenstellen kommen weitere 500 für die Grenzpolizei und 1.000 für die Präsenz auf der Straße hinzu. Wir wollen vor allem, dass die Polizeiinspektionen vor Ort in Bayern besser besetzt sind und daher mehr Präsenz in der Fläche möglich ist.
Sie haben das Thema Asyl angesprochen. Hat die CSU hier auch ihre Glaubwürdig-keit verloren?
Söder: Das Bundestagswahlergebnis war ein klares Signal der Bürger. Wir müssen das annehmen. Zum jetzigen Stand der Koalitionsverhandlungen ist schon eine Menge auf dem Weg gebracht worden. Hier hat Horst Seehofer einen großen Anteil. Es muss aber auch eines klar sein: Es gibt Wähler, die die AfD für eine Art Ersatz-Union halten. Das ist aber nicht der Fall. Einige Funktionäre der AfD haben eine sehr verfassungsferne Gesinnung und stehen der NPD näher als der Union. Wir müssen die Bedürfnisse der Menschen ernstnehmen und Veränderungen für das Land erreichen. Aber wir müssen uns auch kritisch mit dieser Partei auseinandersetzen.
Die CSU trägt auch das Soziale in ihrem Parteinamen. Hat man diesen Aspekt der Politik in den vergangenen Jahren vergessen?
Söder: Das Soziale ist in Bayern stärker ausgeprägt als überall sonst in Deutschland. Gleichzeitig ist es wichtig auch weiter Respekt und Würde zu zeigen. Aus diesem Grund werden wir in Bayern zum einen dafür sorgen, mehr bezahlbare Wohnungen in den Ballungszentren zu schaffen – eine der wesentlichen sozialen Fragen der heutigen Zeit. Wir wollen es den Menschen ermöglichen, wieder zu den eigenen vier Wänden zu kommen und mehr Eigentum zu erwerben. Hierfür soll ein Baukindergeld für Familien und eine Eigenheimzulage eingeführt werden. Damit soll der Erwerb von Wohnungseigentum für junge Familien erleichtert werden. Gleichzeitig werden wir aber auch die Palliativ- und Hospizmedizin ganz oben auf die Tagesordnung setzen. Hier wollen wir die Plätze insgesamt verdoppeln und gleichzeitig die ehrenamtliche Hospizarbeit stärker unterstützen. Ganz wichtig in diesem Punkt: Familien, die ihre Angehörigen pflegen, wollen wir Respekt zeigen und längere Pflege zu Hause ermöglichen. Deswegen werden wir diesbezüglich ein bayerisches Pflegegeld einführen.
Sie treten Ihr Amt in schwierigen Zeiten an. Die Umfragewerte sind aktuell nicht ge-rade rosig. Wie wollen Sie die CSU zu alter Stärke führen?
Söder: Es kommt nicht auf Umfragen an, sondern darauf, was wir den Menschen bieten können. Man wird nicht für die Vergangenheit, sondern immer für die Zukunft gewählt. Deswegen brauchen wir gute Konzepte und eine klare Haltung. Wir brauchen einen verständlichen Standpunkt, der Perspektiven und geistige Heimat bietet. Wir wollen keine weitere Zersplitterung des bürgerlichen Lagers und damit Berliner Verhältnisse in Bayern.
Das Gespräch führte Harald Regler
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