Kein Geld -> kein Führerschein -> kein Job -> kein Geld
(Pfaffenhofen, lot)Lesen bildet. Unbestritten. Selbst Zeitunglesen bildet. Manchmal allerdings Runzeln auf die Stirn. Es ist jetzt schon acht Tage her, dass ich in der lokalen Tageszeitung über eine junge Frau lesen durfte, die, seit Kindheit an Asthma erkrankt, schon vor zwei Jahren einen Zuschuss für den Führerschein beantragt hat – bei den zuständigen Behörden. Einen Führerschein hat sie bis heute nicht – die 700 Euro ebenso wenig, und in den Behörden wiehern die Amtsschimmel wie in Buchbinder Wanningers kühnsten Träumen.
Die 33-jährige Andrea K. möchte einfach am Leben teilhaben, „wie andere auch, trotz meiner Krankheit“. Sie möchte wieder arbeiten können, sich um ihre Tochter kümmern. Da sie zu Fuß keine weiten Strecken zurücklegen kann, braucht sie für einen neuen Job den Führerschein. Die Rentenversicherung lehnte ihren Antrag ab; nach Widerspruch von Andrea K., untermauert mit einem ärztlichen Attest, verlangte die Rentenversicherung ein Testergebnis, das belege, dass sie überhaupt in der Lage ist, ein Fahrzeug zu führen.
Andrea K. reichte nun bei der Zulassungsstelle des Landratsamtes ein Attest ein, das ihr die uneingeschränkte Fähigkeit bescheinigte, ein Auto sicher zu fahren. Die Fahrerlaubnisbehörde des Landratsamts leitete an das Gesundheitsamt weiter, dieses forderte den Befund eines Lungenarztes ein. Dies lieferte Andrea K.
Doch nicht genug: Die Fahrerlaubnisbehörde möchte zusätzlich ein Gutachten einer amtlich anerkannten Gutachtungsstelle für Fahreignung auf ihrem Schreibtisch sehen. Dieses Gutachten würde 700 Euro kosten, ein Betrag, über den Andrea K. nicht verfügt. Kein Job – kein Geld, kein Geld – kein Führerschein, kein Führerschein – kein Job, kein Job – kein Geld.
Was mich mehr als diese fatale Endlosschleife wundert: Wieso haben die Lokalredakteure nicht einfach in der Redaktion gesammelt und Andrea K. ihr Gutachten und den Führerschein finanziert? Verdienen sie so schlecht? Oder: Warum haben sie nicht eine Spendenaktion initiiert, die unbeweglichen Behörden ein bisschen auf dem Catwalk vorgeführt, um dann stolz ihre Aktion in der Zeitung zu präsentieren? Nichts. Acht Tage und kein Jubelgeschreibe.
Fragen über Fragen. Liebe Andrea K., möglicherweise finden wir jemanden, der Ihnen helfen kann – einfach deswegen, weil er zu denen gehört, die – im Gegensatz zu Ihnen – mehr Geld im Geldbeutel haben als sie grade brauchen, und weil ihm ein Artikel in der Zeitung auch wurscht ist.
ltrapp@kastner.de
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