Ja, da schau her: Das doppelte Koalottchen
(Hallertau, lot)Endlich wieder Spannung in der Kiste! Fast ein halbes Jahr nun schon doktern die koalitionären Chirurgen an einem vernünftigen Koalitionsvertrag. Endlich hat es geklappt. Die schwarz-rot-gelbe Jamaika-Ampel ist zwar ausgefallen, Chaos auf der Kreuzung jedoch ausgeblieben. Nur ungläubiges Kopfschütteln allerorten.
Doch nun: Christlich demokratische, christlich soziale und sozial demokratische Kämpen haben sich zusammengerauft, der Koalitionsvertrag steht (zumindest im Internet und auf dem Papier)! Schön, werden Sie sagen, doch: Der sozialdemokratischen Basis mag er Kopfschmerzen bereiten, liegt er doch unter ihrem Kopfkissen und erwartet eine Basis-Entscheidung. Die Christdemokraten respektive die Christlichsozialen haben bereits grünes Licht signalisiert, die niederen Sozialdemokraten schlafen noch drüber, auch wenn die prominenten Roten, die glauben, dieses Attribut tatsächlich noch zu verdienen, die Werbetrommel für das „Grokodil“ rühren. Am Wochenende fällt das Schwert vom seidenen Faden.
„Wir wollen“, heißt es da in der Präambel „gute Arbeit für alle“, und „für den wirtschaftlichen Erfolg unseres Landes ist die Energiewende eine der größten Herausforderungen. (…) Wir wollen sie zu einer Erfolgsgeschichte machen…“ Weiter nennt die Präambel die sozialen Sicherungssysteme: „Sie (…) sichern Menschen mit Benachteiligungen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, schützen vor Armut (…)“.
Hab ich da nicht vor kurzem Horrormeldungen über flächendeckend drohende Altersarmut gelesen? Ist man mit einer Rente unter 1000 Euro schon dabei? Ich kenne solche Leute. Aber egal: „Wir stellen uns den internationalen Herausforderungen: Der Sicherung von Frieden und Freiheit und der Wahrung von Menschenrechten (…) und dem Schutz des Klimas und der Umwelt. (…) In diesem Koalitionsvertrag haben wir beschrieben (…), welche Ziele wir haben und wie wir sie bis 2017 erreichen wollen.“
Halt, stopp, Hans Duschke hat sich geirrt! Das war der Koalitionsvertrag von 2013. Sorry.
Wir befinden uns ja im Jahre 2018 des Herrn. Dann mal los: „Gute Arbeit“ (what ever that means) finden Sie auch im aktuellen Koalitionsvertrag, und so weiter: „Den digitalen Wandel von Wirtschaft, Arbeit und Gesellschaft werden wir so gestalten, dass alle davon profitieren“. Aus technischem solle sozialer Fortschritt werden, und „wir werden Migration in Zukunft besser steuern und ordnen“. Und weil die Welt so wenig friedlich ist: „Mit unserem internationalen Engagement wollen wir einen größeren Beitrag leisten, um weltweit (…) Frieden wiederherzustellen und zu sichern“ – wenn Frieden sich überhaupt noch irgendwo zwischen den Trümmern der Kollateralschäden deutscher Rüstungsgüter in aller Welt entdecken lässt wie ein erstes Gänseblümchen im Frühling.
Und weil’s zu schön klingt, um tatsächlich wahr zu sein: „Wir wollen eine stabile und handlungsfähige Regierung bilden, die das Richtige tut“ (Anm. d. Red.: what ever that means). „Dabei streben wir einen politischen Stil an, der die öffentliche Debatte belebt, Unterschiede sichtbar lässt und damit die Demokratie stärkt“ (Anm. d. Red.: what ever that means).
Wenn Ihnen das nicht genügt, dann fragen Sie einen SPD-Genossen, ob er unters Kopfkissen greifen und Ihnen den knapp 200 Seiten langen Koalitionsvertrag ausleihen mag – oder holen Sie ihn einfach aus dem Internet ab. Vielleicht wird’s beim Weiterlesen konkreter.
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