Neue Dunkelzeit oder Sicherheitsgewinn?
(Wolnzach, rt)Die Sicherheitswacht (r.) unterstützt die Polizei bislang in 134 Kommunen - Wolnzach soll nun bald auch eine bekommen. Foto: Polizei
Feiern mit der Einführung einer Sicherheitswacht „dunkle Zeiten“ fröhliche Urständ? Offenbar meint das zumindest der eine oder andere Bürger, wie gestern auf der Sitzung des Wolnzacher Marktgemeinderates zu erfahren war. Weitgehend unbeeindruckt davon hat sich das Gremium, wie zuvor schon in Reichertshofen und Geisenfeld, mehrheitlich für den ehrenamtlichen Streifendienst zur Unterstützung der Polizei ausgesprochen.
Geisenfelds Polizeichef Klement Kreitmeier erläuterte in der Sitzung eingehend die Aufgaben und Befugnisse künftiger Sicherheitswachtler und wies explizit darauf hin, dass sie weder Hilfspolizisten noch eine Art Bürgerwehr oder Blockwarte sind. „Die Sicherheitswacht kann und soll auch die Polizei nicht ersetzten!“ Die Polizei wolle auch keine Art von „Schwarzen Sheriffs“. Darum geht es also: In 134 bayerischen Kommunen machen bereits knapp 1000 Freiwillige mit bei der Sicherheitswacht. Sie soll vor allem dort präsent sein, wo etwa Straftaten drohen, die Gefährdung aber dennoch nicht so groß ist, dass Polizeibeamte ständig vor Ort sein müssen. Das können Wohnsiedlungen sein, öffentliche Parks und Anlagen und auch Verkehrsmittel. Oftmals gehört auch das Umfeld von Gebäuden oder Einrichtungen dazu, bei denen es immer wieder zu mutwilligen Zerstörungen oder zu Schmierereien kommt. Je nach der aktuellen Sicherheitslage entscheiden Beamte der Geisenfelder Polizeiinspektion, wo und wann jemand auf Streife geht. Alleine die Präsenz der Sicherheitswacht verbessert das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger.
Bei verdächtigen Beobachtungen kann über das Handsprechfunkgerät die nächste Polizeistreife von einem Vorkommnis informiert werden. Zur Eigensicherung bekommen die Mitarbeiter der Sicherheitswacht ein Reizstoffsprühgerät. Ihnen stehen die gleichen sogenannten Jedermanns-Rechte wie jedem anderen Bürger zu. Beispielsweise dürfen sie einen auf frischer Tat angetroffenen Straftäters bis zum Eintreffen der Polizei festhalten und es gilt das Recht in Sachen Notwehr und Nothilfe. Darüber hinaus können Angehörige der Sicherheitswacht Personen anhalten, sie befragen und ihre Personalien feststellen, wenn dies zur Gefahrenabwehr oder zur Beweissicherung notwendig ist. Außerdem können sie bei Gefahr im Verzug einen Platzverweis erteilen, das heißt eine Person anweisen, sich zu entfernen.
Dunkle Zeiten befürchtet
In der Diskussion betonte Kreitmeier auf Nachfrage aus dem Gremium, dass von der Sicherheitswacht keine Strafzettel verteilt würden. Werner Hammerschmid (SPD) wollte unter anderem wissen, ob es in Wolnzach aus Sicht der Polizei „Brennpunkte“ gebe. „Momentan aktuell nicht“, sagte der Polizeichef. In der Vergangenheit habe es allerdings durchaus mehrere Sachbeschädigungen oder Ruhestörungen gegeben. Die Sicherheitswacht sei zur Tages- aber auch Nachtzeit unterwegs, erklärte er auf eine entsprechende Frage von Brigitte Hackl (SPD). Es würde wohl in Wolnzach und seinen Ortsteilen auf zwei Personen hinauslaufen, die eventuell in einem Verbund mit Sicherheitswacht-Leuten aus anderen Orten der Region ihre Tätigkeit ausführten. „Ich persönlich sehe im Moment keine Notwendigkeit“, so Hackl, „ich fühle mich in Wolnzach total sicher, mir ist noch nie etwas unangenehmes passiert.“ Auch Florian Werther (FW) wollte wissen, ob die die Sicherheitswacht überhaupt erforderlich ist: „… brauchen wir sie definitiv?“. Kreitmeiers Antwort darauf: „Wenn man die Möglichkeit sucht, die Sicherheit zu erhöhen, ist sie erforderlich“.
Marianne Strobl (SPD) sagte, dass sie in Wolnzach zu Fuß oder mit dem Fahrrad auch bei Dunkelheit unterwegs sei und dabei noch nie „ein subjektives Unsicherheitsgefühl gehabt.“ Strobl ergänzte, dass sie mit Leuten gesprochen habe, die weit über 70 Jahre alt seien, aber auch mit Frauen, die alleine nach Hause gingen, „da hat mir keine einzige gesagt, sie fühlt sich in Wolnzach nicht sicher.“ Man könne nicht allgemein sagen, dass „wir uns jetzt unsicher fühlen.“ Für Orte mit über 20.000 Einwohnern, für die die Sicherheitswacht einmal einführt worden sei, finde sie sie auch sinnvoll, „aber in so kleinen Orten wie hier … mit unser Einwohnerzahl denke ich, ist die Anonymität nicht so groß, dass ich jetzt unbedingt Wert darauf lege.“ Vielleicht brauche man die Sicherheitswacht ja irgendwann einmal. „Ich fände es besser, wenn man die Polizei ab und zu noch öfters sieht und da wär‘s mir lieber, unser Innenminister würde jetzt das Personal aufstocken“, anstatt nun in Richtung Sicherheitswacht zu gehen. Strobl erklärte auch, dass sie mit über 70-Jährigen über die Sicherheitswacht gesprochen habe, „die haben sich, als sie das gehört haben ..., sofort an unsere Vergangenheit in der dunklen Zeit erinnert und haben dann Assoziationen, Erinnerungen oder Gedanken wie Herumschleicherei, Bespitzelung oder so.“ Deshalb wolle sie die Sicherheitswacht „jetzt im Moment“ nicht.
Zur Einordnung: Die Häufigkeitszahl, also die Zahl aller erfassten Straftaten - wie etwa Sachbeschädigung - pro 100.000 Einwohner, lag vergangenes Jahr im Dienstbereich des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord bei 4.132, im Landkreis Pfaffenhofen bei 3.386; in Geisenfeld bei 4.106, in Reichertshofen bei 2.966 und in Wolnzach jedoch mit 5.300 deutlich über den vorgenannten Werten.
Bürgermeister Jens Machold (CSU) bezeichnete das Thema Sicherheitswacht als "sehr interessant" für den Markt und nannte neben Vandalismus- und Einbruchsprophylaxe mit dem „Lauf 10!“ oder andere Großveranstaltungen mögliche künftige Einsatzschwerpunkte. „Das wäre eine wunderbare Unterstützung!“ Es gehe vor allem darum, einen zusätzliches Ansprechpartner zu haben. Mit der Sicherheitswacht nähere man sich keinesfalls staatlicher Überwachung, versuchte Machold zu beruhigen.
Am Ende stimmte die Mehrheit der Räte für die Einführung einer Sicherheitswacht, dagegen sprachen sich aus: Brigitte Hackl, Marianne Strobl, Werner Hammerschmid (alle SPD), Josef Schäch und Peter Rech (beide FDP-UW-BGW) und Thomas Stockmaier (fraktionslos).
Aufgabe der Polizei wird nun sein, die kommenden Monate nach geeigneten Ehrenamtlichen zu suchen, dazu wird es demnächst noch eine entsprechende Aktion geben.
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