Wirbel um Paarhalle, Gemeinderat und Bürgermeister
(Reichertshofen, rt)
Anton Westner trat als Wortführer der neugegründeten Initiative "Bürger pro Paarhalle auf"
Die Zukunft der fast vierzig Jahre alten und mittlerweile teils maroden Reichertshofener Paarhalle war Thema bei einer Versammlung im vollbesetzten Schützenheim. Zu der hatte eine neugegründete Initiative „Bürger pro Paarhalle“ kürzlich eingeladen. Nach Meinung der Initiatoren geschehe zu wenig, um die Halle zu erhalten und die Planungen der Kommune seien vage und unzureichend, zudem sei kein Konzept zur Erhaltung erkennbar. Es fielen harte Worte, die sich nicht zuletzt gegen die Mitglieder des Marktgemeinderats aber auch gegen Bürgermeister Michael Franken (JWU) richteten. Auf die Vorwürfe reagierte jetzt die Kommune mit einer Pressemitteilung.
Seit über einem Jahr kann die Paarhalle nicht mehr wie im früheren Umfang genutzt werden, unter anderem wegen Schimmel im Vorbau, Lärmschutz-Vorschriften und Brandschutz-Auflagen. Als Ausweichquartier dient seither die örtliche Schulturnhalle. Das wollen die Initiatoren ändern und starteten dazu ein Bürgerbegehren, das am Ende womöglich in einen Bürgerentscheid münden könnte. Der frühere Reichertshofener Bürgermeister und derzeitige stellvertretende Landrat Anton Westner (CSU) moderierte die Veranstaltung, betonte aber eingangs seiner Ausführungen, dass er sich als in der Sache als Privatperson engagiere. Ebenso wie für seine Mitstreiter Karl Schweiger, Ernst-Peter Klinker, Hans Felber, Leo Hemm und Karl Häußler - die zusammen mit ihm auch als Verantwortlich für das Bürgerbegehren unterzeichnet haben -, dazu noch Walli Scholz, Monika Raba und Manfred Schilling, gelte, dass man sich nicht wichtig machen wolle: „(Wir) streben keine politischen Ämter an!“ Es gehe alleine um das Ansehen und das Wohl des Marktes und um die Paarhalle. Die Paarhalle soll dem Bürgerbegehren nach generalsaniert und erforderliche Nebenräume neu gebaut werden. Für die Planung und Durchführung der Generalsanierung sollen die notwendigen Fachleute beauftragt werden. Der Gemeinderat soll dazu einen Bauzeitplan und ein Investitionsplan beschließen und ab 2019 die entsprechenden Mittel in den Haushalts- und Investitionsplänen veranschlagt werden. Mit der Abstimmung der Genehmigungsbehörde soll spätestens im September 2018 begonnen werden.
Begründet wird das Bürgerbegehren damit, dass die Paarhalle ist für kulturelle und sonstige Veranstaltungen unbedingt notwendig sei und auf sie nicht verzichtet werden könne. Die große Turnhalle an der Jahnstraße sei für Veranstaltungen wie jene, die in der Paarhalle in der Vergangenheit stattgefunden haben, ungeeignet. „Die Bestuhlung und deren Abbau sind viel zu aufwendig. Außerdem fallen bei einer Fremdnutzung dieser Turnhalle viel zu viele Sportstunden für den Schul- und Vereinssport aus. Zu berücksichtigen ist auch, dass die Turnhalle an ein allgemeines Wohngebiet angrenzt und die Lärmbelästigung für die Anwohner unzumutbar ist. Ferner sind auch viel zu wenige Parkplätze vorhanden, sodass die umliegenden Straßen zugeparkt werden.“
2,5 Millionen für Sanierung
Westner sagte in seinem Statement zum gegenwärtigen Zustand der Paarhalle: „Es ist eine Schande für unsere Gemeinde und für die Verantwortlichen. Es ist Vermögen der Gemeinde und das Vermögen der Gemeinde ist dem Gemeinderat und vor allem auch dem Bürgermeister zu treuen Händen übertragen worden.“ Was hier passiere, grenze an Veruntreuung des Vermögens. Die letzten zehn Jahre sei (an der Paarhalle) nichts gemacht worden. „Ich hoffe, dass der Bürgermeister und der Gemeinderat nicht andere Schuldige sucht, nicht Ausreden sucht, um vom Thema abzulenken.“
Die Vertreter der Bürgerinitiative legten dann ein eigenes Sanierungskonzept zum Wärme- und Brandschutz vor., wonach unter anderem vorgesehen wäre, die Anbauten und der Hallengiebel abzureißen und einen neuen Hallengiebel in Massivbauweise zu errichten, Räume für Bewirtung zu schaffen sowie auch die WC–Anlagen derart auszulegen, so dass sie auch bei Großveranstaltungen ausreichend sind.
Das Thema Paarhalle interesierte zahlreiche Bürger, die sich deswegen im Reichertshofener Schützenheim versammelten.
Außerdem sei ein Schallschutzkonzept notwendig. Die Gesamtkosten einer derartigen Sanierung wurden von den Bürgern pro Paarhalle auf 2,5 Millionen Euro geschätzt.
Mit Bürgerbegehren dem Gemeinderat in den Hintern treten
In der anschließenden lebhaften Diskussion meldete sich auch Gerd Meier, der Vorsitzende des TSV Reichertshofen, zu Wort. Er führte an unterschiedlichen Beispielen aus, dass die Turnhalle als Alternative zur Paarhalle ungeeignet sei. „Das ist ein nicht akzeptabler Zustand.“ Der TSV wünsche sich, dass der Paarhalle wieder Leben eingehaucht werde. REB-Präsident Stefan Schmid merkte an, dass die Faschingsgesellschaft zu seiner Finanzierung auf eine geeignete Veranstaltungsstätte angewiesen sei. Die Turnhalle sei für die Piratenparty zu klein. Allerdings sei die Paarhalle auch nicht für diese Veranstaltung ausgelegt. „Es wäre wünschenswert, eine geeignete Veranstaltungshalle zu haben“, so Schmid.
Obgleich nicht auf dem Einladungsschreiben vermerkt, wurde dann überraschend auch das geplante neue Rathaus zum Thema. Westner zog schließlich auch dafür ein eigenes Bürgerbegehren aus der Tasche (Unsere Zeitung berichtete), das nun parallel mit dem der Paarhalle kursiert. Die Diskutanten nutzten die Themenvariante, um insbesondere Kritik am Gemeinderat und dem Bürgermeister zu üben. Ein Bürger warf die Behauptung in den Raum, dass zehn Millionen Euro für ein Denkmal (gemünzt auf den Bürgermeister) an der (verkehrstechnisch) gefährlichsten Stelle von Reichertshofen ausgegeben würden. Eine rhetorische Frage lautete, warum der Gemeinderat denn allem zustimmen würde. Von einem Teilnehmer wurde daraufhin prophezeit, dass in Reichertshofen die Bürgerbegehren in Zukunft zunehmen würden und dem Gemeinderat damit „in den Arsch getreten“ werde.
Stellungnahme aus dem Rathaus
„In den letzten Tagen gab es emotionale Diskussionen zum Zustand und zur Zukunft der Paarhalle“, heißt es jetzt aktuell aus dem Rathaus als Reaktion auf das auf den Weg gebrachte Bürgerbegehren. Deshalb habe sich der Markt Reichertshofen entschlossen, mit einer Pressemitteilung zur Versachlichung der Diskussion beizutragen. Zu den Gründen für die Sperrung der Halle ab 1. Januar des vorigen Jahres für Veranstaltungen ab 200 Personen heißte es darin, dass die Paarhalle 1979 abweichend von der damaligen Baugenehmigung errichtet wurde. Im Jahr 2015 habe der Marktgemeinderat eine umfangreiche, koordinierte Sanierung der Halle starten wollen. Dafür sei ein Planungsbüro mit der Erstellung eines Sanierungskonzeptes beauftragt worden. „Diese wiesen darin unter anderem auf diesen Mangel hin.“ Es wurde dann eine umfangreiche Mängelbeseitigung etwa an der Verschraubung am Hallendach vorgenommen, was aus Sicherheitsgründen kurzfristig notwendig war. In der Gemeinde erkannte man in der Folge, dass die Baugenehmigung nicht zur Nutzung der Halle passt. „Insbesondere Forderungen des Brandschutzes wurden seinerzeit nicht umgesetzt. Auch die Nutzung entsprach in den letzten Jahrzehnten nicht der Baugenehmigung.
Ab 2011 erteilte das Landratsamt für Veranstaltungen über 200 Personen in der Paarhalle Einzelgenehmigungen.“ Nachdem das Landratsamt erklärt habe, dass dies ab Januar 2017 nicht mehr möglich sei, habe der Gemeinderat beschlossen, die Halle ab 2017 für keine Veranstaltungen über 200 Personen mehr zu vermieten. Die Hallenkonstruktion sei in einem guten Zustand, für andere Bereiche bestehe Modernisierungsbedarf. „Das Problem des undichten Anbauflachdaches sowie ein gelegentlicher Wassereintritt beim Anschluss des Anbaus an die Giebelseite der Halle konnte in den letzten Jahrzehnten trotz mehrfacher Beauftragung unterschiedlicher Fachfirmen nicht nachhaltig beseitigt werden.“
Im Sommer: Nägel mit Köpfen in Sachen Paarhalle
Trotz der Sperrung für Großveranstaltungen seien sämtliche Wartungsarbeiten weiter turnusgemäß durchgeführt worden. „Aufgrund der angedachten Sanierung wurde auf Schönheitsreparaturen verzichtet. Der Erhalt der Substanz stand im Vordergrund.“ Art und der Umfang einer Sanierung seien abhängig von der zukünftigen Nutzung der Halle. „Bisher wurde die Paarhalle von einigen Vereinen und Tennisspielern genutzt. Andere Gemeinden nutzen ihre Mehrzweckhallen für den Schul- und Vereinssport.“ Die Paarhalle sei wochentags und tagsüber meist leer gestanden. „Bei der Paarhalle handelt es sich, anders als etwa bei einem Rathaus, nicht um eine Pflichtaufgabe der Gemeinde, sondern um eine freiwillige Leistung. Wenn größere Summen an Steuergeld der Bürger investiert werden, sollte eine möglichst breite Bevölkerungsgruppe davon profitieren. Daher wurden auch Varianten mit Ballsport und als Freizeithalle wie Klettern, Inlineskating oder Streetsoccer diskutiert.“
Wichtigstes Ziel des Gemeinderates sei es gewesen, den Vereinen schnellstmöglich Ersatzhallen für die Durchführung ihrer Veranstaltungen zu organisieren. „Wie in vielen anderen Gemeinden unseres Landkreises üblich - zum Beispiel in Schweitenkirchen, Vohburg, Rohrbach, Manching - boten sich dafür mit Einschränkungen die Hallen an, in denen der Schul- und Vereinssport stattfindet.“
Im Februar 2018 beschloss der Gemeinderat, im Sommer 2018 im Rahmen eines Workshops die möglichen Sanierungsvarianten abschließend zu erörtern und eine Beschlussfassung vorzubereiten. Für die Haushaltsjahre 2018 und 2019 wurden bereits 250.000 Euro für Arbeiten an der Halle vorgesehen.
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