Tierheim muckt auf
(Pfaffenhofen, hal)Trübe Aussichten. Jedes dritte Tierheim in Bayern kämpft aus Kostengründen ums Überleben. Foto: Paul Ehrenreich
Wegen permanenter Finanznot in den Tierheimen muckt jetzt auch der Tierschutzverein Pfaffenhofen auf und redet jetzt Tacheles: "Tiere werden als Lebewesen und Mitgeschöpfe geachtet und geschützt" - so steht in der Bayerischen Verfassung. Das klinge ehrenwert, interessiere die Bayerische Landesregierung aber wenig, meinen die Tierschützer.
Im Landtag zerschellte Ende Juni der „Aktionsplan zur Gewährleistung des Tierschutzes in Bayern“ an der CSU-Mehrheit. SPD, Grüne, Freie Wähler waren sich einig. Geschlossen stimmten sie dafür, dass es so nicht weitergehen kann und forderten einen "Aktionsplan zur Gewährleistung des Tierschutzes in Bayern". Doch auch die CSU-Abgeordneten waren sich einig: Abgesehen von zwei Enthaltungen lehnten sie den Vorstoß ab. Dabei fehlen den bayerischen Tierheimen 65 Millionen Euro für dringende Investitionen. Jedes dritte Tierheim steht vor der Insolvenz. Das wirkt sich auch auf den Tierschutzverein Pfaffenhofen aus. Dessen Vorsitzende Manuela Braunmüller erklärt, inwiefern und räumt mit der durchaus gängigen, jedoch falschen Annahme auf. dass Tierschutz ein nettes Hobby sein mag, ansonsten aber überflüssiger Schnickschnack. „Viele Menschen wissen nicht, dass die Zuständigkeit für Fundtiere bei den Kommunen liegt. Vergleichbar einer verlorenen Geldbörse. Allerdings ist es sehr viel komplizierter und aufwändiger, Tiere ‚aufzubewahren‘ als Hüte, Regenschirme oder einen einzelnen, verlorenen Schuh.“
Die Gemeinden gäben die Verantwortung gerne weiter an Leute, die sich damit auskennen. Und die sitzen in den örtlichen Tierheimen. Mit jenen schließen die Kommunen Verträge, damit diese sich der Tiere annehmen. Meist liegt die Pauschale bei weniger als 50 Cent pro Einwohner und Jahr – viel zu wenig, wie die Terschützer meinen. Von diesem Moment an sind die Tierheime für artgerechte Versorgung, Verpflegung und Unterkunft gefundener Tiere verantwortlich. Durchschnittlich sind die Tierheime zu rund 80 Prozent mit Fund- und beschlagnahmten Tieren belegt, für deren Unterhalt eigentlich die Kommunen zuständig sind, schreiben die Verantwortlichen des Pfaffenhofener Tierheims in einer Mitteilung dazu. Aber nur etwa 25 Prozent der hierdurch anfallenden Kosten würden von ihnen tatsächlich erstattet. Aus diesem Grund seien die meisten kleineren Tierheime gezwungen, die tägliche Arbeit an und mit den Tieren von ehrenamtlichen Helfern durchführen zu lassen. „Das Geld reicht nicht für bezahlte Fachkräfte. Dennoch werden von den Heimen fachlich und sachlich fundiertes Wissen und Kenntnisse erwartet. Nicht von ungefähr seht ein Drittel der Tierheime vor der Insolvenz.“
"Wir sollen stets auf dem aktuellen Sicherheitsstand sein. Auf den Kosten hierfür bleiben wir aber sitzen.“ Manuela Braunmüller, Vorsitzende des Tierschutzvereins Pfaffenhofen
Braunmüller weiß ein aktuelles Beispiel aus dem eigenen Haus, der Tierherberge in Pfaffenhofen: „Unsere Hundezäune waren beim Bau der neuen Herberge nur als Provisorium geplant. Das war 2011. Mittlerweile sind sie wirklich marode. Wir müssen sie derzeit modernisieren, um die Sicherheit von Besuchern und Mitarbeitern weiter zu gewährleisten. Die Kosten liegen im mittleren fünfstelligen Bereich. Sehr viel Geld für uns. Einerseits wird von uns erwartet, stets auf dem aktuellen Stand zu sein. Andererseits bleiben wir auf den Kosten sitzen.“
Herbert Woerlein, tierschutzpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, befürwortete den Aktionsplan im Landtag und ärgert sich jetzt: „Ich bin darüber nicht nur enttäuscht, sondern auch zornig über das Desinteresse der CSU am Tierschutz und an der Gesundheit der dort hauptamtlich und ehrenamtlich arbeitenden Menschen. Auch Anträge zu illegalen Welpentransporten, zu effektiveren Kontrollen der Schlachthöfe sowie der Schlachttiertransporte und zur Katzenkastration wurden in den letzten Jahren im Landtag von der Mehrheitsfraktion abgelehnt. Aber wir kämpfen weiter für den Tierschutz.“
Immerhin gewähren fast alle Bundesländer den Tierheimen Zuschüsse, damit diese ihre Aufgaben wahrnehmen können. Eines der reichsten Bundesländern, der Freistaat, hält sich vornehm zurück. Es sei ja Geld vorhanden, sagte die SPD-Landtagsabgeordnete Susann Biedefeld im Parlament. Allerdings hauptsächlich die Tier-Nutzer. So erhalte der Bayerische Bauernverband 2.750.000 Euro pro Jahr und der Bayerische Jagdverband 835.000 Euro. Für Tier-Schützer blieben magere 331.000 Euro. „Das ist grade mal so viel, wie alleine die wichtige Reptilien-Auffangstation in München im Jahr braucht.“
Braunmüller resümiert, „Wir kommen um die Erkenntnis nicht herum, dass ein Tier ist für die Landesregierung lediglich dann von Wert ist, wenn es als Schweinsbraten oder Weißwurst auf den Teller kommt.“ Und sie bittet nun die Bevölkerung die Tierheime durch mehr Engagement jedweder Couleur zu unterstützen: „Zeigen Sie, dass Ihnen Tierschutz nicht egal ist.“
Kommentare
Einen Kommentar schreiben
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.