Theater für die Ohren
(Pfaffenhofen, wk)Im Rahmen der diesjährigen Paradiesspiele hatten die Organisatoren um den städtischen Kulturmanager Sebastian Daschner das Live-Hörspiel „Tannöd“ mit „vogelwilder“ Musik nach Pfaffenhofen geholt. Eigentlich sollte es auf dem Hauptplatz auf der Festspielbühne aufgeführt werden, doch das schlechte Wetter zwang die Akteure in den Stockerhof.
Der Krimibestseller „Tannöd“ von Andrea Maria Schenkel basiert auf dem bisher nie aufgeklärten sechsfachen Mordfall im März 1922 in Hinterkaifeck bei Waidhofen, bei dem der Einödbauer Andreas Gruber, seine Frau Theresia, deren verwitwete Tochter Viktoria Gabriel, deren Kinder Cäzilia und Josef sowie die Magd Maria Baumgartner mit einer Spitzhacke erschlagen und erst später entdeckt wurden. Im Krimihörspiel werden dann die Namen der Mordopfer geändert: die Familie Gruber ist dann die Familie Danner, Gruber-Tochter Viktoria Gabriel heißt dann Barbara Spangler, ihre Kinder dann Marianne und Josef und Magd Maria Baumgartner wird zur Maria Meiler.
Bei dem Hörspiel im vollbesetzten Stockerhof saßen die Schauspielerin Johanna Bittenbinder und Schauspieler Heinz-Josef Braun am Tisch auf der Bühne, umgeben von den Musikern vom Art Ensemble of Passau mit Leo Gmelch (Tuba, Posaune), Yogo Pausch (Schlagwerk und Geräusche), Peter Tuscher (Trompete) und Florian Burgmayr (Akkordeon, Tenorhorn) und gleichzeitig Komponist der musikalischen Begleitung des Stückes.
Die Geschichte des Mordes wurde von den beiden Schauspielern aus der Sicht der verschiedenen Akteure mit unterschiedlich verstellten Stimme und Dramatik gesprochen, entweder von Randfiguren, die ihre Sicht der Ereignisse schildern oder über die einzelnen Opfer, begleitet dann von den Musikern mit dazu passenden Geräuschen oder Musikstücken.
Das Hörstück begann mit Heinz-Josef Braun, der den Mörder mit tiefer dunkler Stimme sprach, der sich nach der Ermordung der Bauernfamilie weiter im Haus aufhält und die Kühe melkt, begleitet von dumpfen Tuba-Tönen und einem an Kuhglocken erinnernden Geläut. Dann berichtete eine Schulkameradin der jungen Tochter (gesprochen von Johanna Bittenbinder), was sie so von ihrer jetzt toten Freundin gehört hatte, um gleich darauf die kleine Tochter selbst zu hören und ihre Erlebnisse. Eine Beamtenwitwe berichtete über ihre frühere fleißige Haushälterin, die als Magd ebenfalls auf dem Bauernhof erschlagen wurde.
Folgende Personen spielten bei dem Stück eine Rolle: Bauer Hermann Danner und Gattin Theresia, ihre Tochter Barbara Spangler mit ihren Kindern Marianne und Josef sowie die neue Magd Maria Meiler, die am Tattag gerade erst auf dem Bauernhof angekommen war. Die Nachbarn Johann und Marie Sterzer, deren Tochter Dagmar sowie deren Knecht Alois Huber traten auf, ebenfalls Nachbarn Witwer Georg Hauser mit Sohn Hansl sowie Georg Hauers Schwägerin Anna; als weitere Personen traten auf: Mariannes Schulkameradin Betty, Beamtenwitwe Babette Kirchmeier, die Schwester der Magd Traudl Krieger, der Postbote Ludwig Eibl, ein Maschinenmonteur Michael Baumgartner, Anna Hierl, eine frühere Magd auf dem Danner Hof und die Pfarrersköchin Maria Lichtl.
Es entstand durch die einzelnen Protagonisten eine mitreißende Kriminalgeschichte des Geschehens auf dem Bauernhof und präsentierte die aus den Polizeiermittlungen bekannten Personen mit ihren Gedanken und Vermutungen in Form von Vernehmungsprotokollen sowie die Persönlichkeiten der getöteten Bauernfamilie. Das Publikum im Stockersaal war absolut gefesselt von dem Geschehen, selbst wenn gelegentlich humorvolles ertönte. Doch selbst wenn man die Gedanken und Handlungen des Mörders mitbekommt, bleibt am Ende doch offen, wer der Mörder wirklich war. Da die Schauspieler ruhig auf ihren Plätzen agierten und nur ihre Stimmen zu hören waren, entstand gerade in den Köpfen des Publikums ein lebendige Bild des ganzen Geschehens, denn Johanna Bittenbinder und Heinz-Josef Braun waren bei ihren Rollen so authentisch, was sich bei einigen der Besucherinnen teilweise mit Gänsehaut und leichtem Gruseln äußerte, wie sie später erzählten. – Einfach ein sehr gut gemachtes Theaterstück für die Ohren.
Kommentare
Einen Kommentar schreiben
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.