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Kommentar: Die Talfahrt am Hopfenmarkt hat schon begonnen

(Wolnzach, ted)

Noch schweben Pflanzer und Handel auf einer Wolke der Glückseligkeit. Die Hopfenfreimarktpreise haben jetzt schon den höchsten Stand seit Menschengedenken und werden noch weiter steigen. Die Olympiade in Peking ohne Hopfen zum Bierbrauen in China? Alle trinkbaren Biere für die Gäste aus Importen aus den USA und von anderen internationalen Braukonzernen? Soweit denken heute noch wenige. Aber in China steht nur halb so viel Hopfen zur Bierproduktion bis zur Ernte 08 zur Verfügung als benötigt. Im nun weltgrößten Biermarkt ein Problem. Mit dem Weiterdenken haben es aber auch andere offensichtlich nicht: die Einlegezahlen in den USA von 2400 - 3000 ha in 2008 werden als Tatsache berichtet. Rekordpreise von 2000 ? pro 100 kg (165 $ / 1 Kg Alpha) haben es den US-Pflanzern leicht gemacht. Aber die Alpha-Bilanz ist damit wieder auf Alpha-Überschuss gerutscht - und zwar nachhaltig.

Natürlich werden klimatische Einflüsse Ernten stärker schwanken lassen und eine Lagerhaltung in der Dimension einer kompletten US-Ernte wäre vorausschauend und sinnvoll. Doch sie wird auch schnell erreicht sein. Sollten die US-Hopfen in Ertrag und Alpha ihren langjährigen Durchschnitt erreichen - und nichts spricht dagegen - und die Hallertau an das letztjährige Ergebnis + Neuflächen aus 06 anschließen, dann wird es einen Alpha-Überschuss aus der Ernte 2008 von 1500 t Alpha geben. Der Gesamtweltbedarf liegt bei 8500 t (China eingerechnet). Wenn mehr Hopfen am Markt ist als benötigt, sinkt der Freihopfenpreis schnell. Auch die Vertragspreise gehen nach unten.

Zwar haben die Brauer die Lektion gelernt und sich mit Verträgen bis über 2014 hinaus eingedeckt. Einige haben dies sogar über den aktuellen Bedarf hinaus vorgenommen - Lagerhaltung und künftiges Wachstum mitinbegriffen. Andererseits wurde viel mehr Hochalphahopfen für zwei Jahre vorgekauft als der Bedarf dies erfordert. Wir können nur hoffen, dass die Verträge mit den Pflanzen durch Verträge Handel-Brauer gedeckt sind. Andererseits stellt sich schon die Frage, warum die zwei Firmen, die den US-Markt beherrschen, nicht mitgerechnet haben. Sie kennen den Bedarf und wissen wie viele ha Hopfenfläche dafür nötig sind. Da können noch unbedenkliche 15 % hinzugerechnet werden, so wie sie in Deutschland beim Pflanzer abgezogen werden. Aber mehr ist sinnlos, zerstört den eigenen Markt.

Für den deutschen, ja europäischen Hopfenanbau ergibt sich ein schnelles Umdenken. Die Investition in zusätzliche Hektar Hochalphasorten kommt zu spät. Beim Aromahopfen bieten sich noch Unterdeckungen am Markt bzw. eine vernünftige Reserve im Lager an. Gerade der Hallertauer Mittelfrüh ist klimatisch gefährdet (spätes Hauen der Triebe könnte dagegen helfen). Aber es stellen sich schon Zweifel, ob die Brauer so viel mehr Hopfen einkaufen, als sie benötigen.

Der Austausch von Magnum durch Herkules ist dringend nötig, allerdings nicht bei gleicher Fläche. Sie sollte mindestens 33 % geringer ausfallen. Das heißt Rodung bzw. Stilllegung - und das jetzt schon trotz der großen Unterdeckung aus der Ernte 2007! Aber die heute bei uns eingelegten Hopfen bringen den Ertrag dann, wenn die USA schon längst alles wieder mit Alpha überschwemmt haben. Der Wechselkurs benachteiligt uns gewaltig. Vielleicht können noch geplante Flächenerweiterungen in den USA zurückgenommen werden. Dass die Vernunft ein wenig noch regiert! Aber was vorverkauft ist - bis zum Brauer - muss erfüllt, muss eingelegt werden. Das gilt natürlich auch für die Hallertau, für Europa. Auslaufende Verträge in den "Schurkenstaaten" werden diese Länder schneller in den Ruin treiben, als in Niederlauterbach noch angenommen. Dies kommt der Hallertau zu Gute. Ebenso der Niedergang des tschechischen Anbaus generell. Investitionen - von wem auch immer - in noch nicht existierende Hopfenbaugebiete oder die Ausweitung von Randländern werden unweigerlich scheitern. In zwei Jahren werden doch die US-Pflanzer ihre neuen Hopfen nicht roden. Sie werden in den Markt drängen. Irgendwann wird kein Schnee in den Rocky Mountains fallen und die Bewässerung des Yahima-Tals aussetzen. Wann dies sein wird, können wir heute noch nicht abschätzen. Eine Spekulation darauf wäre ruinös. Das nicht darauf eingestellt Sein ebenso.

Die Brauer werden eine gewisse Lagerhaltung zur Sicherheit wieder eingehen. Auch der Handel braucht Aktionsmasse. Aber die Hauptlast der Finanzierung der Lagerhaltung liegt bei den Pflanzern. Sie bekommen aus den Pools erst ein Jahr nach der erbrachten Leistung die Endzahlungen.

So sehr sich HVG-Chef und Verbandspräsident Dr. Pichlmaier in Niederlauterbach Stabilität am Hopfenmarkt über 2009 hinaus auch wünschte, wenn Panik und damit Irrationalität das Geschäft bestimmen, gibt es nur Instabilität. Wenn Flächen eingelegt werden, dann sollen sie durch langjährige Verträge gedeckt sein - auch in den USA. Oder es werden Hochpreisverträge geschlossen mit Rodung nach zwei bzw. x Jahren. Brauer werden nicht langfristige Verträge schließen, die über ihren bestenfalls erwarteten Bedarf hinausgehen. Noch ist Zeit, auf die Bremse zu treten. 165 $ / kg Alpha haben US-Pflanzer für 2008 vorvertraglich erhalten. Sie wollen 200 bis 220 $ für weiteres Einlegen. Ich würde ihnen keinen Cent mehr geben.

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