Wolnzacher Marktkapelle in Le Mont Dore
(, )Am Pfingstsamstag, 10.45 Uhr, erklangen im französischen Kurstädtchen am Sancy Massiv Paukenschläge, bayerische Marschmusik setzte ein. So etwas hatte der Ort noch nicht erlebt. Die Wolnzacher Marktkapelle marschierte durch die hohen Straßen, voraus fuhr ein Stadt-Gendarm. Immer wieder Standkonzerte. Die Einwohner von Le Mont-Dore und ihre Gäste jubelten. Wie schön war diese Musik für sie. Ja die Franzosen mögen Marschmusik, und wenn dann die Klarinetten so fröhliche Klänge oben drauf setzen, dann finden sie ihre Lebenslust bestätigt. Weit sind sie nicht von einander emotional entfernt: die Wolnzacher und die Bergfranzosen. Als am Schluss des Umzugs die Marktkapelle die Marsaillaise spielte, waren die Herzen der Gastgeber gänzlich erobert.
Am Nachmittag setzte Regen ein. Der zweite Umzug wurde kurzerhand zum Standkonzert in der Eissporthalle, wo am Abend das Bayerische Bierfest stattfinden sollte. 300 Gäste hatten sich Karten reserviert. Die Halle war vom Ski- und Fußball-Club der Stadt bestuhlt und dekoriert wurden. Hinzu kamen vom Freistaat Bayern bayerische Girlanden, Tischdecken, Servietten, Speisenkarten und Deckenhänger, die die Wolnzacher mitbrachten. Das erste Bierfest mit einer echten bayerischen Kapelle, vielleicht das erste bayerische Bierfest in ganz Frankreich, konnte beginnen.
Als die Wolnzacher auf die eigens errichtete 60 qm große Bühne traten, waren all die Strapazen der Anreise vergessen: 16 Stunden im Bus. Sie spielten hervorragend. Der Bürgermeister der Stadt, Jean-Francois Dubourg, der selbst ein Instrument beherrscht, war begeistert. Mit dieser Qualität hatte er nicht gerechnet. Schon beim Umzug durch die Stadt fragten die Zuhörer, ob eine nationale Musikschule auftrete, ein bayerisches Konservatorium. Manche Musiker und Musikerinnen wirkten beim ersten Abendessen nach ihrer Ankunft im städtischen Casion noch klein. Aber in ihrer Uniform standen sie ihren Mann bzw. ihre Frau. Selbst Lisa, das Taferlmädchen.
Die Franzosen servierten am Abend eine Art Schlachtschüssel auf Sauerkraut "Colossale Choucroute" - schmeckte hervorragend wie alles in Le Mont-Dore - das Bier von Heiniken wurde in Klarsichtplastikbechern, wenigen Gläsern und Karaffen ausgeschenkt. Beim nächsten Mal müssen es Bierkrüge und original bayerisches Bier sein. So wünscht es sich Bürgermeister Dubourg. Die Begleiter aus Wolnzach, allen voran der Kapellen-"General" Hans Frank, zeigten, welche Freude die Bayern bei einem Volksfest mitbringen. Nach jedem dritten Stück wurde das Prosit auf die Gemütlichkeit zelebriert. Die Franzosen riefen das schallende "Prost" nach den Paukenschlägen mit. Die Volksfeststimmung schwappte schnell auf alle Gäste über. Ein grandioser Abend, wie es sich Dubourg nur erträumt hatte.
Hopfenprinzessin Christine Ackstaller aber konnte an diesem Abend lange nichts essen. Erst wollte sie ihre Ansprache hinter sich bringen. Das Lampenfieber musste bis dreiviertel zehn ertragen werden. Dann war die Stimmung perfekt für ihren Auftritt. Sie hatte sich ihre Rede ins Französische von Natalie Ponsot übersetzen lassen und sie auswendig vorgetragen. Alles klappte. Die Franzosen bejubelten sie. Dann wurde Dubourg zum Dirigieren auf die Bühne geholt. Großer Dank vom Bürgermeister an die Wolnzacher, die Organisatoren und die Helfer. Frank überreichte ihm ein Krügerl und eine Chronik des Marktes Wolnzach, an den Skisportclub noch ein Krügerl, entgegengenommen vom Betreuer vor Ort Christian Fournial. WA-Chef Eduard Kastner übersetzte ins Französische - und musste dann auch noch zum Dirigieren auf die Bühne. Er war der Einzige zur Überwindung der Sprachbarriere - bei allen Details rund um Auftritt, Quartier, Essen und Fragen der Bevölkerung. Selbst durch die Thermen der Stadt konnte so geführt werden. Der Wolnzacher Anzeiger stiftete auch ein 50-Liter-Faß Aktionator vom Bürgerbräu und 100 Paar Weißwürste frisch am Freitagmorgen in Wolnzach gefertigt und im Bus mit auf dem Weg gegeben.
Die Weißwürste waren für die Franzosen eher ungewohnt - aber sie genossen sie zur späteren Stunde. Für die Zubereitung übernahmen Frau Frank und Gudera die Verantwortung in der Club-Küche. Der Aktionator kam sofort hervorragend an. Da waren im Biergeschmack Welten zum Heineken dazwischen. Mit einer Handpumpe wurden die 50 Liter herausgeholt - jetzt begriffen die Gastgeber, dass kein Mann zu wenig mitgefahren war. Viel Schaum erforderte Geduld - auch wenn die Gäste schon gierig auf den Aktionator warteten.
Um Mitternacht beendeten die Nationalhymmen, die bayrische und die Marsaillaise, den großen Abend. Kapellenmeister Karl-Heinz Richter setzte noch den Bayerischen Defiliermarsch oben drauf. Auch er hatte eine großartige Figur als Dirigent abgegeben. Seine Qualitätsansprüche an die Musik wurden erfüllt. Dann aber stand den 34 Musikern die Erschöpfung ins Gesicht geschrieben.
Trotzdem wurde einigen nachgesagt, noch bis fünf Uhr früh mit Bürgermeister Dubourg an der Bar gefeiert zu haben. Er war voll des Glücks und hofft auf weitere private Aktionen der Begegnung der beiden Kommunen.
Am Pfingstsonntag herrschte gerade sechs Grad über Null und ein eisiger Wind wehte vom Berg herunter. Dennoch marschierten die Wolnzacher durch die Straßen, wurden gefeiert als Freunde der Stadt. Bürgermeister Dubourg zeichnete die Wolnzacher mit einem Medaillon der Stadt aus. Der Nachmittag gehörte einem Ausflug zur malerischen Burg "Chateau de Val" und durch die Naturlandschaft der Auvergne. Wie immer wartete ein prima Drei-Gänge-Menü auf die Wolnzacher. Die Rückreise am Pfingstmontag dauerte nur noch 13,5 Stunden. So schnell werden die Wolnzacher diesen großen Einsatz in Le Mont-Dore nicht vergessen - aber auch nicht die Einwohner von Le Mont-Dore die Wolnzacher und ihre Lebensart. Vive Le Mont-Dore, vive Wolnzach.
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