Ein Kommentar von Eduard Kastner

Wolnzach muss sich zur Wehr stellen

(Wolnzach, )

Durch die Schlagzeilen im Pfaffenhofener Kurier der letzten Woche offenbart sich, wie mit Landrat Josef Schäch umgegangen wird. Auch wenn die Journalisten selbst nicht anschuldigen, so zitieren sie jeden Tag neue Stellen, die gebetsmühlenhaft die Vorwürfe wiederholen und für den Leser damit bestätigen. Eine Vorverurteilung par exellence. Dazu ein völlig überraschter Wolnzacher Gemeinderat, der aus allen Wolken fällt und wieder angestrebte Entrüstungs- und Enttäuschungszitate, die die moralische Verwerflichkeit des Tuns des Altbürgermeisters und seines Kämmerers unterstreichen sollen. Wenn das dann nicht gelingt, wird in Kommentaren nachgeholfen. Aus einem Beschuldigten wird der „Fall Schäch“. Wer traut sich da noch, für ein faires und geordnetes Verfahren einzutreten?

Bei Veranstaltungen im Landkreis werden uns Beileidsbekundungen ausgesprochen: Ihr armen Wolnzacher, was hat „der“ nicht alles mit Euch gemacht. Das so selbstbewusste Wolnzach am Boden?

Können oder wollen wir uns das wirklich bieten lassen? Wie lange soll uns das Heft aus der Hand genommen werden? Unser Gemeinderat diffamiert, ja fast schon unter kommissarischer Verwaltung mangels Zurechenbarkeit? Wie kann verhindert werden, dass aus einem „Fall Schäch“ ein „Fall Wolnzach“ wird? Norbert Nemetz hat in einem Kommentar letzten Montag versucht, der neuen Inquisition Einhalt zu gebieten. GR Matthias Boeck hat es mit einer Anzeige auf seine eigene Art versucht. Wir haben sie in der „Aktion-der Hallertauer“ entgegen dem ausdrücklichen Wunsch Boecks nicht abgedruckt, weil es 150 000 Leser nichts angeht, wenn sich der Wolnzacher Gemeinderat zerfetzt. Wolnzach würde weiter beschädigt, auch wenn wir die interne Diskussion für fruchtbar halten. Boeck denkt ähnlich Schäch in realen Zusammenhängen und nicht in Formalismen. Insofern macht er sich gleich „mitschuldig“?

Aber Hand aufs Herz: wir Wolnzacher wählten Josef Schäch drei Mal zum Bürgermeister und mit 75% zum Landrat, obwohl und gerade weil wir ihn kannten. Er war der gewünschte Motor für den Markt, ein hemdsärmeliger Unternehmer, der auch manchen Bau schneller begann, als er genehmigt war, ehe er Bürgermeister wurde. Ein Mann des Handelns und kein Buchhalter. Es kann doch wirklich niemand behaupten, er wäre getäuscht worden und nun aus der Rolle des Moralapostels den Stab über ihn brechen. Wer die Aktivitäten für den Markt der Jahre 2006 und 2007 beobachtete, erkannte, dass hier doppelt so viel geschah als in den Jahren zuvor. Und es waren alles Objekte, die gewünscht waren. Ich wies 2007 mehrmals in Kommentaren darauf hin, dass die Schuldenlast des Marktes stark ansteigen wird. Das Finanzthema beschäftigte den Wahlkampf.

Nein, wir dürfen uns politisch das Heft nicht aus der Hand nehmen lassen. Der Umgang mit dem Altbürgermeister ist in erster Linie ein Wolnzacher Thema und erst dann ein Verfahren für die Juristen. Schächs Stellungnahme wird auf die Fakten in Wolnzach eingehen. Der Gemeinderat hätte ihn in seiner Amtszeit entlastet, ebenso die Schulden anerkennen und evtl. umfinanzieren müssen, wenn der Zinssatz es geboten hätte. Oder wo liegt das Problem mit Kassenkrediten, wenn sie im Zinssatz günstiger waren als Kommunaldarlehen? Schließlich hat der Finanzmarkt erst ab 2008 auf die Weltkrise reagiert. Vorher wurde das Geld einem nachgeschmissen. Was wäre, wenn ein wirtschaftlicher Nutzen heraus käme und kein Schaden? Würde der Kommunale Prüfungsverband dies auch würdigen?

Ebenso ist es mit dem Amt des Landrats. Viele würden Schäch heute – nach gerade einem halben Jahr – nachtrauern, wenn er zurückträte. Das fängt bei der Arge Arbeitsamt an, zieht sich bei den Mitarbeitern im Landratsamt durch und endet bei den Bauherren, den Wirtschaftsverbänden, den Gewerbetreibenden. Auch die Wähler im Landkreis wussten um die Persönlichkeitsstruktur Schächs und zogen sie seinem Vorgänger vor. Wir dürfen nicht Justitia spielen, wenn doch jeder weiß, dass keiner alle gesetzlichen Bestimmungen kennt, noch einhält. Der überregulierte Staat fordert gerade „Macher“, weil er sich sonst selbst fängt. Fachleute verurteilen die Kameralistik, weil sie zu falschen Entscheidungen führe. Wo ist die lebendige Demokratie, die Hetze entlarvt und Veränderungen zu mehr Selbstverantwortung und Selbstbestimmung einleitet? Wer will die Uhr um 80 Jahre zurückdrehen? In einer Demokratie sollen die Bürger mitreden, wir Wolnzacher, wenn es um Wolnzach geht.

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