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Schnitzlers „Reigen“ in der Schule: Bravouröses Theater

Vor fast 90 Jahren löste die Uraufführung noch einen Skandal aus. Mittlerweile haben sich die Zeiten geändert, und Arthur Schnitzlers Bühnenstück „Reigen“ gilt als modernes Drama, das ein moralisches Bild des ausgehenden 19. Jahrhunderts zeichnet. Der Grundkurs „Dramatisches Gestalten“ am Wolnzacher Hallertau-Gymnasium brachte die Szenen so lebendig auf die Bühne, dass sich auch die Moral des beginnenden 21. Jahrhunderts problemlos in den Konstellationen des „Reigens“ wiedererkennen konnte.

Die „Zehn Dialoge mit neun Unterbrechungen und einer Moral am Schluss“ fesselten die zahlreichen Zuschauer in der Aula von der ersten Sekunde an, als die Begegnung des Soldaten und der Dirne ohne Umschweife das Thema des Stücks offenlegte: Mit einem verächtlichen Blick auf die unterschiedlichsten Beziehungen zwischen Mann und Frau zeigte der „Reigen“, dass es immer nur um das „Eine“ geht, und wenn das erreicht war, hatte es einer der beiden Partner äußerst eilig, sich aus der Situation davonzustehlen. Die sexuelle Begierde als Motor kurzzeitiger Beziehungen ließ den Personen keinen Raum für gegenseitiges Verständnis oder gar eine tiefer gehende menschliche Beziehung. Und immer zeigten sich die Beziehungen auch als ein Spiel mit der Macht, die man über einen anderen Menschen ausüben kann.

Wie es sich für eine Schule gehört, und wie es der Originalfassung entspricht, wurde auf die explizite Darstellung des „Unaussprechlichen“, um das die Zehn Dialoge mit schmeichelnden Worten von Liebe und Schönheit kreisen, verzichtet. Den kurzen Zwischenvorhang mancher Inszenierung – den Gedankenstrich des Manuskripts – präsentierten die Schüler durch einen Moment der Verdunklung, in den hinein die „Moral“ ihren Auftritt hatte.

Wie, so fragt man sich, kommt in diesem dekadenten Reigen der Doppelmoral die Moral ins Spiel? Die Schüler im Kurs hatten ein Problem: Das Stück hat zehn Rollen, der Kurs hat elf Mitglieder. Der Kurs sah dies als echte Herausforderung, in die Dramaturgie des Stückes kreativ einzugreifen, und hat eine „elfte Rolle“ entworfen und perfekt ausgebaut – die Moral. Antonia Schultes hat sie „in vielerlei Personen“, nicht nur als alte Hexe, wunderbar flexibel und wandelbar verkörpert, und sie bietet jetzt endlich die Gelegenheit, mit der Begierde des Begeisterten über die Schauspieler herzufallen.

Sie alle, Lisa Fischbacher, Lisa Reinheckel, Marie Buchberger, Janna Wörner, Judith Schneider, Franz Hillerbrand, Laura Mengel, Thomas Werner, Johanna Neurieder, David Liese und, bereits erwähnt, Antonia Schultes zauberten unter der Regie ihres Lehrers Martin Rink eine bravouröse Leistung auf die Bretter, die die Welt bedeuten und wohl immer wieder erklären können. Und weil alle schauspielerisch in der Lage waren, nicht nur ihre Rollen brillant zu verkörpern, sondern auch Schnitzlers Ironie hervorzuheben, korrespondierte in der gelungenen Inszenierung genial Nachdenklichkeit mit Heiterkeit. Mehr kann man sich nicht wünschen. Und das bei „freiwilligem“ Eintritt!

 

Letzte Gelegenheit: Vorstellung heute, Freitag, 6. März 2009, 19.30 Uhr!!!

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