Lesezeit im Herbst: Mafia und Mundartdichtung

Preisgekrönte Literatur, bayerische Mundartdichtung, Mafiareportage und Weihnachtserzählungen: All das erwartet die Pfaffenhofener im Herbstprogramm der „Lesezeit“ der Buchhandlung Pesch in Kooperation mit dem Kulturfestival fliesstext10. Den Auftakt machen zwei renommierte Schriftsteller, die im Rahmen des regionalen Kulturfestivals fliesstext10 in die Kreisstadt kommen. Da ist zuerst der 1943 im Böhmischen geborene Peter Kurzeck, der als Flüchtlingskind in einem Dorf bei Gießen aufwuchs und heute als einer der wichtigsten Autoren der deutschsprachigen Literatur gilt. In seiner auf 12 Bände angelegten autobiographisch-poetischen Chronik „Das alte Jahrhundert“ schildert Kurzeck unsere Nachkriegsgeschichte und lässt anschaulich nacherleben, wie wir wurden, was wir sind. Erst vor kurzem machte der soeben mit dem Robert-Gernhardt-Preis ausgezeichnete Schriftsteller von sich reden, als er sein neuesten Roman, ein Textkonvolut von gut 1000 handgeschriebenen Seiten, in einer öffentlichen Aktion des Frankfurter Literaturhauses in die Laptops Freiwilliger diktierte und alle mit seinem vorgetragenen Text begeisterte, denn „Kurzeck ist ein Erinnerungs- und Beschreibungsgenie“ (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung . In seiner Chronik, aus der er am 11. Oktober um 20 Uhr im Rathausfestsaal liest und erzählt, fängt Peter Kurzeck die Gerüche und Gespräche der späten vierziger und der beginnenden fünfziger Jahr ein, wie es kaum einem anderen Schriftsteller gelungen ist. Moderiert wird diese fliesstext10-Veranstaltung von Lorenz Kettner.

Noch im Oktober, genauer am 17., geht es literarisch weiter mit Peter Wawerzinek, der erst im Juli nach einer 10-jährigen Veröffentlichungspause für einen Auszug aus seinem Roman „Rabenliebe“ den Ingeborg-Bachmann-Preis und den Publikumspreis in Klagenfurt erhielt. Sein von allen Medien hymnisch gelobtes Buch ist außerdem für den Deutschen Buchpreis nominiert. Peter Wawerzinek, 1954 in Rostock geboren, schildert in „Rabenliebe“ seine eigene Geschichte, die ihres gleichen sucht. Als zweijähriger mit seiner jüngeren Schwester von der Mutter in der Wohnung zurückgelassen, wächst er in verschiedenen Kinderheimen der DDR auf, wird zweimal adoptiert und zurückgegeben und schließlich, im Alter von zehn von einem kleinbürgerlichen Lehrerehepaar aufgenommen und nach dem Knigge gedrillt. Die leibliche Mutter, nach der sich der Junge sein ganzes Leben lang sehnt, findet er schließlich im Alter von rund 50 Jahren und trifft auf eine teilnahmslose Frau, die ihn doch nur in seiner Mutterlosigkeit bestätigt. Wawerzinek, ein begnadeter Vorträger, hat sich mit diesem Buch den Schmerz von der Seele geschrieben und liest daraus auf Einladung von fliesstext10 am 17. Oktober um 20 Uhr in der Kulturhalle in der Kellerstraße 6a. Die Lesung wird moderiert von Steffen Kopetzky.

Große Literatur in Pfaffenhofen: Peter Wawerzinek liest aus "Rabenliebe"

Petra Reski entführt nach Calabrien, auf den Spuren der Mafia

Auf eine ganz andere Suche machte sich die Beststeller-Autorin Petra Reski, als sie in einem weißen Alfa Romeo Spider von Kamen nach Corleone fuhr. Petra Reski verfolgt die Spuren der Mafia von ihrem Heimatort im Ruhrgebiet bis zu dem Ort der durch Mario Puzos Buch „Der Pate“ weltberühmt wurde. Die Reise ist voller Begegnungen: mit Ermittlern, Kellnern, Mafiosi und ihren Frauen. Der Leser erfährt, wie viele Duisburger Pizzerien wegen mafioser Verstrickungen in Berichten des BKA auftauchen, wie die ´Ndrangheta in Stuttgart italienische Wahlzettel fälschte, dass 229 Clans der kalabresischen Mafia in Deutschland bekannt und Geldwäsche-Delikte an der Tagesordnung sind und wie fahrlässig die deutsche Politik die Mafia unterschätzt. Schon seit Jahrzehnten berichtet die Mafiaexpertin über die Verbrecherorganisation und ihre politischen Helfershelfer. Sie saß bei Mafiabossen auf der Couch, traf Staatsanwälte und Opfer. In Kalabrien wurde sie während ihrer Recherchen angegriffen, bei einer Lesung in Erfurt wurde sie bedroht, mit einem Satz, den Reski nur zu gut verstand: „ Ich bewundere sie für ihren Mut“. Petra Reski, die in Venedig lebt und Italien liebt, kämpft mutig weiter gegen die Mafia, eine brutale Organisation, die in Deutschland immer noch verharmlost und nostalgisch verklärt wird. Im Gespräch mit der BR-Korrespondentin Susanne Pfaller stellt Petra Reski am 23. November um 20 Uhr im Rathausfestsaal ihr Buch „Von Kamen nach Corleone. Die Mafia in Deutschland“ vor.

Zwei bayerische Veranstaltungen stehen außerdem auf dem Lesezeit-Programm. Mundartdichtung mit Martin Kraft alias Powerziach am 5. November und die Weihnachtslesung der Turmschreiber-Verleger im Rathausfestsaal am 2. Dezember. Schon in der Nacht der Kunst konnte der Alleinunterhalter Powerziach mit seiner urig-bayerischen Mundartdichtung bei Pesch begeistern. In seinem Solo-Programm „Do drauf mach´i mir mein eigner Reim“ verbindet der Hallertauer Liedermacher, ausgestattet mit Gitarre und Akkordeon, Elemente des Musikkabaretts mit satirischen Mundartgedichten. Mal humorvoll, mal zeitkritisch, aber auch nachdenklich und ernst setzt er darin gekonnt und locker das bayerische Leben um. Immer wieder durchleuchtet er ganz alltägliche Begebenheiten. Dabei setzt er sich auch mit dem „Gfrett“ des Alltags auseinander, durch das wir letztendlich alle irgendwie hindurch müssen. Beginn ist um 19.30 Uhr in der Buchhandlung Pesch, die außerdem Freibier spendiert. Am 2. Dezember um 19 Uhr weihnachtet es dann im Rathausfestsaal, wenn Ernst und Franziska Krammer-Keck die Zuhörer auf eine unterhaltsam-nachdenkliche und ebenso kurzweilige Reise durch winterliche und weihnachtliche Erzählungen mitnehmen. Gewohnt temperamentvoll werden die beiden lesenden Akteure des Turmschreiber-Verlags ein komplettes Bild von den Bayerischen Bräuchen und Festlichkeiten zum Jahresende zeichnen und dabei wird sicherlich der ein oder andere literarische Ausflug in Franziska Krammer-Kecks Bozener Heimat nicht fehlen. Musikalisch begleitet wird der weihnachtliche Abend in der Adventszeit von der „Jetzendorfer Saitenmusi“.

Vorverkauf für alle Lesungen bei Pesch (08441 80930, info@pesch-pfaffenhofen)