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Willisohns Blues zuckert Kettners Lesezeichen

(Rohrbach, lot)
Karl Valentins „Firmling“ in der KulturWerkHalle, geht das denn überhaupt? Vier Lesende als Schauspieler? Bei „incontri“ ist nichts unmöglich – und mit Blues-„Stückchen“ sorgte Christian Willisohn am Flügel dafür, dass die „Lesezeichen“ im Geschichtentopf von Lorenz Kettner, Lena Kettner, Nora Seiler und Christian Weigl bei Bedarf ein bisschen gezuckert wurden.

Denn beißende Satire und erheiternde Ironie bestimmten die Texte, die sich die Gruppe „Lesezeichen“ für ihr achtes (!) Gastspiel in Rohrbachs Waalerstraße auserkoren hatte. Kurt Tucholsky zum Beispiel lieferte sein „Gedicht zur Taufe“, Erich Kästner hielt eine „Ansprache zum Schulbeginn“, Karl Valentin watschte den „Firmling“ und Goethe steuerte eine Lebensregel zum Geburtstag bei: „Feste feiern“, so lautete nämlich das Thema des mit vorgelesenen Worten verzaubernden Abends.

Und so stürzten sich die vier „Lesezeichen“ vom Geburtstag in den Polterabend der unfreiwillig komischen Autorin Friederike Kempner, landeten bei einer Hochzeit des spitzbübischen Wilhelm Busch und entzündeten ein Feuerwerk an Sarkasmus mit Arthur Schnitzlers „Anatol“, der am Hochzeitsmorgen nicht mit der Frau aufwacht, die er zu ehelichen gedenkt: Nirgends, dies zeigten Lorenz und Lena Kettner, Christian Weigl und Nora Seiler, schlägt die Logik lustigere Purzelbäume als auf der Suche nach einer entschuldigenden Erklärung.

Um zu verhindern, dass die Zuhörer bei „incontri“ vollends – nach der „Deutschen Festrede für alle Gelegenheiten“, von Christian Schütze geschrieben und von Christian Weigl brillant-gelangweilt gehalten, kaum vermeidbar – in den Wirren des irdisch-mentalen Seins verloren gingen, legte Christian Willisohn zwischendurch (übrigens an seinem Geburtstag!) immer wieder beruhigend und musikalisch erbauend die Fingerspitzen auf die Tasten. Dies brachte ihm nicht nur donnernden Applaus, sondern auch eine Geburtstagtorte ein, die ihm Lorenz Kettner kaum lesegezeichnet überreichte, und vollends süß wurde es zum überwältigenden Schlussapplaus, als Hans Dollinger, einer der Macher der KulturWerkHalle, den Lesenden als Dank je ein Marmelade-Töpfchen kredenzte: „Selbst gemacht“, wandte er sich augenzwinkernd ans Publikum, „mit den Rotweinresten, die Sie nicht trinken!“

Wer fasziniert zuhört, so lernen wir daraus, kann eben nicht trinken, und wer dabei auch noch ums Lachen nicht herumkommt, kann am Rotwein nicht mal nippen. Zum Trost: Lachen soll ja auch gesund sein.
 

 

 

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