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Bernd Eichinger und die Wolnzacher

(Wolnzach, ted)
In den Sechzigern gab es nur wenige Gymnasien, damals im naturwissenschaftlich-mathematischen Zweig noch „Oberschulen“ genannt. Ein „Gymnasium“ damals lehrte Latein und Griechisch. Noch weniger gute Internate nahmen die Schüler auf, die weiter als 30 km Weg zur Oberschule zurücklegen mussten. Auch die Verkehrsverbindungen beschränkten sich auf Hauptstrecken. Autos und Fernseher hatten nur Wohlhabende. So mussten vier Wolnzacher ins Neuburger Studienseminar, um eine Oberschule/ein Gymnasium besuchen zu können. Bernd Eichinger kam zur gleichen Zeit aus Rennertshofen – als „Fahrschüler“. Es gab tatsächlich eine Busverbindung dorthin, sonst hätte er auch ins Studienseminar gemusst.

So wurden diese vier Wolnzacher rein altersbedingt zu Klassenkameraden. Auch der Autor war unter ihnen. In der zweiten Klasse, der 2c, die alle zusammenfasste, die nicht mit Latein als 1. Fremdsprache anfingen, saß Bernd drei Bankreihen hinter mir. Schon damals ein langer „Lulatsch“ wie wir ihn nannten. Solche saßen immer hinten. In den ersten Monaten der ersten Klasse begann Bernd sogar als Seminarist. Doch zu Allerheiligen zog er das Fahrschülerwesen vor – das strenge Leben hinter hohen Mauern widerstrebte seinem Freiheitsdrang.

Wir beneideten ihn um diese Entscheidungsfreiheit, trugen sie aber voll für ihn aus, indem wir ihn bestärkten, sich vom Seminarchef nicht weiter einwickeln zu lassen. Wir schliefen damals im gleichen Zimmer.

Peter Korzinek, heute Arzt in Wolnzach, stand ihm besonders nah. Vielleicht landeten wir alle in Neuburg, weil es die Eichingers gab. Die Eltern von Bernd waren mit den Korzineks befreundet, besuchten sich gegenseitig. So war das Landarzt-Ehepaar Eichinger oft in Wolnzach. Bernd und seine Schwester mochten das langweilige Herumsitzen dabei überhaupt nicht und blieben schnell aus. Eichinger sen. empfahl Hannes Korzinek die Neuburger Oberschule. Die Volksschul-Klassenkameraden Hans Jäger und Rupert Fuchs schlossen sich unkritisch an. Sie kamen aus der 5. Klasse, ich startete aus der 4. als Benjamin durch. Neun Jahre gemeinsames Schicksal begannen.

Eigentlich hätte dies auch mit Bernd so laufen müssen. Er war auch damals für uns schon ein Besonderer, nicht nur wegen seiner relativen Größe, sondern auch wegen seines Lebensstils und seiner Ansichten – ein Arztsohn. Ein halber Adeliger. Aber dann passierte Bernd Eichinger ein Unglück: er brach sich ein Bein, blieb lange weg, um dann mit einem unhandlichen Gips die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Der „lange Lulatsch“ und das Gipsbein – eine beinahe Filmrolle. Doch der Unfall sollte Bernd auch von uns trennen. Er fiel in der 2c wegen schlechter Noten durch. Das war damals eine große Blamage und so zog es Vater Eichinger vor, den Bernd auf eine andere Oberschule zum Wiederholen zu schicken. Die Schwester begleitete ihn.

Seitdem sahen die Neuburger Oberschüler Bernd nie mehr. Ich lud ihn in den 90ern zu unseren Veranstaltungen nach Wolnzach ein, auch zu einem Abiturienten-Treffen – aber er kam nie, noch Zeilen der Entschuldigung. Wolnzach und die Neuburger Schulzeit waren für ihn nicht mehr wichtig. Vielleicht hätten wir uns mal wieder treffen sollen. „Dazu bestand ja so viel Zeit“. Irgendwann würde es der Zufall mit sich bringen. Nachlaufen wollte ich ihm nicht. Nun hat das Schicksal ein Wiedersehen ein für alle Mal zunichte gemacht. Doch ich habe seine halbseitige Todesanzeige in der Süddeutschen aufgehoben. Er war doch einer von uns.

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Kommentare

Kommentar von anonym |

Bernd Eichinger
Danke für diesen bewegenden Nachruf - nicht nur die Filmwelt ist eine andere ohne Bernd Eichinger. Er wird mir fehlen.....

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