Unternehmerforum fokussiert Facharbeitermangel
(Vohburg, ted)Der Werksleiter Manching und Vice-Präsident von Cassidian, Dipl.-Ing. Johannes Falke, hielt ein Impulsreferat über „Fachkräftemangel und geeignete Strategien zur Personalgewinnung“ am Mittwoch-Vormittag in der Vohburger Agnes-Bernauer-Halle und viele Unternehmer aus dem Landkreis Pfaffenhofen kamen.
Die große Version des Unternehmerfrühstücks der Hallertauer Business Akademie wurde von Peter Sauer hervorragend moderiert. Zuerst führte ILM-Geschäftsführer Bernd Huber in die Aktivitäten des Wirtschaftsbeirats des Landkreises Pfaffenhofen ein. Es sei ein enger, diskreter und vertrauensvoller Kontakt zu den örtlichen Unternehmen aufgebaut worden, das Landratsamt realisiere die besten Anregungen, aber auch das Networking untereinander laufe hervorragend. Sieben Arbeitsgruppen mit je eigenem Sprecher versuchen, die größten Probleme und Engpässe zu beseitigen. Es werde engagiert gearbeitet. Wohnen im Landkreis sollte auch Arbeiten im Landkreis ermöglichen. Zur Zeit laufe die Jobmaschine freilich auf Hochtouren. Huber übernahm auch die namentliche Begrüßung der wichtigsten Zuhörer.
Martin Wolfs Debüt vor der Wirtschaft
Neu-Landrat Martin Wolf konnte mit guten bis sehr guten Zahlen der Wirtschaft des Landkreises aufwarten: bei den Berufsschülern ohne Lehrstelle sei erstmals die Marke von 100 unterschritten worden. Die Arbeitslosenquote pendle um 2 %. Wolf lobte die Instrumente der Wirtschaftsförderung seines Hauses, will sie aber laufend hinterfragen, gerade die Wirtschaftsfördergesellschaft. Der Wirtschaftsbeirat arbeite sehr effektiv und äußerst erfolgreich.
Auch Vohburg holt auf
Vohburgs Bürgermeister Martin Schmid schilderte seine Gemeinde im Aufwind. Ein Finanzpolster von 20 Mio. Euro erlaube viele Investitionen. Gewerbeflächen seien derzeit rar. Im Ortszentrum bauten zwei Investoren neue Wohnungen, die für Belebung sorgen werden. Die Nähe zu Ingolstadt präge freilich Handel und Gewerbe. Dennoch wünscht sich Schmid eine Außenstelle des Landratsamts – so richtig hoffen traut er sich nicht. Vohburg wachse mit 150 Einwohnern pro Jahr respektabel. EON, Bayernoil und Mero steuern den Hauptteil der Gewerbesteuer bei – entsprechend mit Schwankungen.
Cassidian – ein big player
Dann durfte endlich Johannes Falke über die Probleme rund um den Fachkräftemangel in Deutschland nachdenken. Der in Volkenschwand lebende Werksleiter des Manchinger Cassidian-Werks wirkte in seiner ruhigen zurückhaltenden Art nicht wie ein Waffenproduzent. Mit leichtem Lächeln gewann er schnell die Sympathien der Zuhörer. Vorab stellte er seinen Konzern vor. Cassidian beschäftige 28.000 Mitarbeiter weltweit. Im Headquarter Manching werden Eurofighter und Tornado gebaut. Insgesamt stellte das Werk 1.500 Flugzeuge her und wartete 9.000. 110 Mio. Euro wurden im letzten Jahr in den Standort Manching investiert.
Die Anforderungen Manchings bezögen sich neben der fachlichen Qualifikation auf Internationalität, Globalisierung, interkulturelle Fähigkeiten. Dabei würden Ausbildung, Fortbildung und Qualifikation größtenteils durch Cassidian selbst vorgenommen. Die Demographie präge auch das Werk Manching: das Durchschnittsalter liege bei 43 Jahren.
Droht Verlust der deutschen Spitzenstellung?
Falke stützte sich auf eine Studie, die einen Arbeitskräftemangel Deutschlands errechnet hatte: 2015 mit 3 Mio., 2030 mit 5,5 Mio. Arbeitskräften. Dadurch entstünde ein volkswirtschaftlicher Schaden von 650 Mrd. Euro. Dies bedeutet aber auch einen gewaltigen Verlust an Innovationsfähigkeit. Viele Dienstleistungen können nicht erbracht werden.
Doch es sei ein Ruck durch Deutschland gegangen. Der Facharbeitermangel sei nicht nur erkannt worden, sondern alle Kräfte arbeiteten zusammen, ihn zu minimieren. Nicht einmal zerredet wurde er. Die Aktionsfelder der Verbände z.B. des vbw oder der Kammern laufen in die gleiche Richtung: Verbesserung der Beschäftigungschancen, Erhöhung der Erwerbsbeteiligung, Verlängerung der Arbeitszeiten, eine breite Bildungsoffensive und eine gezielte Zuwanderung. Falke lobte die Aktivitäten der IRMA, das Fachkräfte-Monitoring der IHK und die Aktivitäten z.B. des Wirtschaftsbeirats und der Business Akademie. Doch die Zusammenarbeit könne gesteigert werden. Viele Aktionen liefen nebeneinander. Gerade die Bildungsträger sollten sich noch besser mit der Wirtschaft abstimmen.
Das Problem ließe sich meistern
Für die Politik forderte Falke einen Abbau der Bürokratie, die kontinuierliche Anpassung der Lehrpläne an die Wirtschaftsrealität, die Ertüchtigung der Infrastruktur und die Verbreitung eines Technologie-freundlichen Klimas in der Gesellschaft. Gerade Frauen sollten mit Technik-Berufen mehr liebäugeln. Auch das Nachfolge-Thema in den Unternehmen sei ein Unterpunkt des Fachkräftemangels. 1.200 Unternehmen in Bayern würden deshalb jährlich schließen.
Die IHK erprobt eine neue Initiative in Pfaffenhofen
Zum Ausklang stellte IHK-Geschäftsführer Wilhelm Kapfer ein neues Projekt seines Hauses vor, das Pfaffenhofen als Musterbeispiel wählte: die Allianz für Fachkräfte. Am 8.2.2012 werde sie sich öffentlich präsentieren. Die Themenschwerpunkte lauten: Unterstützung von Schülern, eine familiengerechte Berufsgestaltung, Förderung der Migration, die Integration älterer Arbeitnehmer und die Betreuung arbeitsloser Jugendlicher. Das Weiterbildungsangebot werde deutlich erhöht. Die Koordination übernehme die Geschäftsstelle Ingolstadt (Frau Hieblinger oder Herr Kapfer).
Viele Diskussionsbeiträge vertieften die bestehenden Mängel, zeigten aber auch Lösungswege. Sie wären zu finanzieren. Beim anschließenden Frühstück wurden viele Kontakte gepflegt. Doch die Diskussion wirkte nach. Fachkräftemangel ist wirklich ein Thema, das elektrisiert und die Unternehmen stark beschäftigt.
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