hallertau.info News

Goðafoss - Ein isländisches Trauma

Den Abschluss des Kulturfestivals "Island in Pfaffenhofen" bildete eine Lesung in der Kulturhalle des Neuen Pfaffenhofener Kunstvereins. Der Schauspieler Lambert Hamel las aus dem Buch " Goðafoss - 2 Stunden bis Reykjavik" von Ottar Sveinsson. Das Publikum war einerseits begeistert vom Vortrag, andererseits bedrückt ob der in dem Buch geschilderten Ereignisse.

Aus der historischen Sicht ist die Geschichte der Goðafoss schnell erzählt: Das Handels-Passagierschiff fuhr von New York kommend während des Zweiten Weltkriegs an der Spitze eines Geleitzugs und wurde am 10. November 1944 von dem deutschen U-Boot U 300 versenkt. 24 Passagiere starben, es gab 18 Überlebende.

Interessant und geradezu bedrückend wird diese Tragödie erst über die Schilderung Sveinssons aus den unterschiedlichen Perspektiven der Betroffenen. Abwechselnd werden die Situationen, Beweggründe und auch Ängste der U-Boot-Besatzung sowie der Goðafoss-Besatzung und -Passagiere geschildert. Aber auch das Umfeld - so die Situation Islands in diesen Tagen des 2. Weltkriegs oder die Vorfreude der Familienangehörigen auf die Rückkehr ihrer Lieben - bewirken, dass der Leser bzw. in diesem Fall der Zuhörer sich in die Gesamtsituation sehr emotional einfinden kann.

 

Jemand wie der Schauspieler Lambert Hamel ist natürlich die Idealbesetzung für den Vorleser solcher beeindruckenden Schicksalsschilderungen. Hamel hat sich neben seinen schauspielerischen Aktivitäten in Film, Fernsehen und auf der Bühne als Vorleser von Hörbüchern und als Synchronsprecher unter anderem für Charlton Heston einen Namen gemacht. Die Art und Weise seines Vortragens, seine ruhige Stimme, die aber in Nuancen die Emotionen hervorheben, das passte exzellent zum Inhalt des Buches und unterstrich die Stimmungen genauestens.

Zur Einleitung in die Goðafoss-Tragödie, die für die Isländer noch heute ein Trauma darstellt, gab es in der Kulturhalle eine Videoeinspielung, in der Autor Ottar Sveinsson die Inhalte des Buches bildhaft präsentierte. Mit einem überlebenden Matrosen des Granatenangriffs geht er auf die Geschehnisse des 10. November 1944 ein, hinterfragt persönliche Nachwirkungen und baut eine Brücke zwischen den heutigen Staaten Island und Deutschland. Dazu klingt melancholisch Marlene Dietrichs "Lili Marleen".

Island in Pfaffenhofen ist seit Sonntagabend beendet; die Pfaffenhofener haben eine andere Kultur kennengelernt, eine Sprache gehört, die sehr befremdlich klingt und vor allem sehr viele nette Leute aus dem hohen Norden Europas kennengelernt. Wie sagte Steffen Kopetzky beim vorangegangenen Konzert der isländischen Sängerin Lay Low (separater Bericht): "You have become part of the family." Das gilt mit Sicherheit für alle anderen angereisten Künstler und Helfer in gleichem Maße. Und geschätzte 8000 Besucher sind Beleg dafür, dass Pfaffenhofen offen ist für Neues, zumal wenn es derart abwechslungsreich ist wie in diesen Tagen.

Kommentare

Einen Kommentar schreiben

Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.