Der Richter hat den Schlittschuh
(Pfaffenhofen, ala)Jedes Jahr woanders, jedes Jahr voller Lebendigkeit, jedes Jahr wachsender Erfolg: der Dichterwettstreit „Goethes Schlittschuh“ in Pfaffenhofen. Freitagabend schlüpfte ein neuer Autor in den poppig gestalteten Preisschuh. Amtsrichter Michael von Benkel aus Ingolstadt gewann mit einer skurrilen, bairischen Taxigeschichte.
Bis vor drei Wochen war noch nicht klar, ob der Dichterwettstreit in diesem Jahr überhaupt stattfinden würde, so Moderator und Jurymitglied vom Vorjahr Jochen Caruso Kraus nach einem Grüß Gott von Florian Festl, Mobile e.V. Ein Besuch im Münchner Autorenclub „Right-Club“ allerdings füllte sich die Startliste umgehend mit Zusagen. Die diesjährige Jury bildeten Thomas Kneidl, Florian Erdle und Bärbel Ruckhäberle. Wie stets nach dem Zufallsprinzip loste der „Geotherizer“ die Reihenfolge der zehnminütigen Kurzvorträge.
Christine Auerbach, Print- und Hörfunkjournalistin aus München, machte den Anfang mit einer Geschichte, die das Leben aus der Untersicht betrachtet - so die Ansicht der Jury. In kurzen Worten tauchten einzelne Sequenzen wie Fotos aus dem Münchner Leben einer goldenen Dame in der Münchner Fußgängerzone auf. Sicherheitsschuhe contra Ballerinas.
Michael von Benkel, Richter am Amtsgericht Ingolstadt, wartete mit einer Münchner Taxigeschichte auf. Es galt, zwei angetrunkene Hofbräuhausbesucher zu befördern. „Erst in die Zenettistraße“. Eine perfekte Realsatire, ein literarischer Fredl Fesl, man habe amüsant dazugelernt; so die Jury.
Dashi schreibt seit seiner Kindheit im Kosovo, liest erst in albanischer Sprache um schließlich auf Deutsch umzuschwenken. Gedichte. Liebesgedichte an seine Heimat wie „Ein Gebet an die Sonne“. Melancholisch, schwer, Erfahrungen von Krieg und Vertreibung.
Michael Dirk Scholz schließlich ermöglichte in seiner Geschichte abgrundtiefe Einblicke in die Zeitblase einer Unbekannten während einer nächtlichen Kino- und Kneipentour. Gin-Tonic satt. Klare Sprache, einsame Frau, das Leben ist eines der Scheußlichsten. Stephan Scholz, der schon bei der Dichterlesung im Sommer auf der Pfaffenhofener Insel dabei war und sich nach wie vor selber als „leicht verpeilt“ vorstellt, hatte Gedichte dabei. „Herr der Eulen“ oder „Die Mauer“. Amüsant aber auch tiefgründig.
Uschi Kufer vom Doderhof erzählte in ihren Mundartgedichten quer durch das Holledauer Jahr. Hauptthema war die Liebe, es menschelte. „A gloana Funken Liab“ oder „Z’friedn sei“ - diese Titel waren Programm. Kontrast zu ihren Vorgängern.
Alexander Bally als Schlusslicht (Michael M.I.A.M.I Lederhofer hatte kurzfristig abgesagt), präsentierte einen adventlichen Fantasy-Thriller. „Die Weihnachtsfeier“. Schlachtgetümmel, „typisch Marketing“. Wortgewaltig und herrlich amüsant vorgetragen.
Nach einer kurzen Beratung der Jury schließlich war es so weit. „Goethes Schlittschuh“, der wandernde Dichterpreis aus Pfaffenhofen, ging an den Ingolstädter Richter Michael von Benkel. Was anschließend noch gefeiert wurde. In den Räumen des ehemaligen Passamtes, die sich übrigens als hervorragend geeignet für solche Veranstaltungen zeigten. Gott erhalts!
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