Hanif liest: Blick auf eine pakistanische Himmelfahrt
(Pfaffenhofen, lot)„Alice Bhattis Himmelfahrt“ lautet der Titel seines neuen Romans, und als Deutschland-Premiere war der pakistanische Starautor Mohammed Hanif zur Lesung in die Kulturhalle gekommen – ein großer Wurf im Veranstaltungskalender, den der Neue Pfaffenhofener Kunstverein respektive Dorle Kopetzky in Zusammenarbeit mit der Buchhandlung Pesch dem Kulturleben der Kreisstadt bescherte.
Knapp einhundert Literaturfreunde waren in die Kulturhalle auf dem ehemaligen Herion-Gelände gekommen, um den Schriftsteller kennenzulernen, der bereits mit seinem Erstling „Eine Kiste explodierender Mangos” weltweit für Furore sorgte und zahlreiche Auszeichnungen erhielt. Steffen Kopetzky, Kulturreferent der Stadt und seines Zeichens ebenfalls Schriftsteller, übernahm nicht nur den Part der Einführung in Mohammed Hanifs Roman, in dessen Zentrum das Herz-Jesu-Krankenhaus in Karachi steht: Alice Bhatti, eine junge Christin, bekommt eine Stelle als Assistenzkrankenschwester. Einige Zeit zuvor aus der Besserungsanstalt entlassen, gelingt es ihr mit ihrem unerschrockenen, zupackenden Auftreten schon bald, im chaotischen Alltag des vollkommen überfüllten und desolaten Krankenhauses Fuß zu fassen.
Steffen Kopetzky war auch der „Hauptleser“ des Abends: Jeweils mit einer kurzen Passage aus dem englischen Original begann Mohammed Hanif, während Steffen Kopetzky, ausgesprochen lebendig und empathisch im Vortrag, aus der deutschen Übersetzung ergänzte. Dazwischen parlierten die beiden Schriftsteller gutgelaunt auf der dunklen Bühne, warfen sich elegant englische und deutsche Wortbälle zu und entwirrten so eine für den Mitteleuropäer rätselhafte pakistanische Welt.
„Natürlich schreibe ich Fiktion“, gestand Mohammed Hanif, doch schöpfen seine Figuren, seine Geschichten aus der politischen und sozialen Wirklichkeit. Alice, ein nicht unbedingt pakistanisch klingender Name, drücke die „duale Natur“ seiner Hauptperson aus, die sich aus dem Zusammenwirken von islamischer, christlicher und hinduistischer Religion und Kultur erschafft. Kleine Ereignisse mit großer Wirkung führen die Zuhörer durch die Handlung des tragisch-komischen Romans, der stellenweise abhebt in surreale Überzeichnungen, selbstverständlich kommt auch die Liebe ins Spiel für Alice Bhatti – und dann geschieht ein Wunder!
Doch soweit gehen Steffen Kopetzky und Mohammed Hanif nicht, das Wunder, auch in Karachi, der pakistanischen Hafenstadt, nichts Alltägliches, behalten die beiden Schriftsteller und Vorleser für sich: „Dafür müssen Sie schon das Buch lesen“, schlagen sie schelmisch vor. Man sollte es tatsächlich tun.
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