Der Sigi und sein Akten-Woifi
(Pfaffenhofen, ala)Das elfte Soloprogramm ist es, in dessen Genuss Sigi-Zimmerschied-Fans im vollbesetzten Theatersaal am Haus der Begegnung in Pfaffenhofen gekommen sind. "Reisswolf" nennt es sich und ist, was sonst, ein naturgewaltiges Donnerwetter. Zimmerschied, präsenter denn je und hautnah am Publikum, verändert was im Hirn. Wenn man ihn denn lässt.
„Muast jetzt Du da aa no draufdrugga“…erstickt der Passauer Künstler jeden Fotografenansatz, doch ein Bild von ihm, vom Zimmerschied, dem niederbairischen Gewaltwörtler, zu ergattern. Bereits das Zucken des Auslöserfingers bemerkt er mit blitzenden Augen; Auskommen tut ihm nix, dem Sigi. „Der aufsässige Schüler muss jedoch auch in Zukunft sorgfältig überwacht werden“, lautet eine Zeugnisbemerkung von 1963. Schon damals gab es offensichtlich Menschen, die Angst hatten vor der gnadenlosen Ehrlichkeit dieses Sigi Zimmerschied, Angst, es könnte was ins Wackeln geraten von der bequemen Scheinheiligkeit, wer erträgt schon Risse im gesellschaftlichen Verlogenheitsalltag.
"Reisswolf", das aktuelle Programm, kurzer Inhalt auf der Homepage www.sigi-zimmerschied.de/ Vor kurzem schoß sich ein Amerikaner mit einer Nagelmaschine zwölf Stahlstifte in den Kopf o h n e daß bleibende Schäden enstanden sind. Ein Albtraum ? Eher ein Zukunftsmodell. Eine neue Maßeinheit für Glück. Der Zwölfer. Die Renaissance des Fundamentalismus. Der neue Heiterkeitscodex der globalen Selbstmordattentäter. 12 Nägel im Schädel bedeuten Seligkeit. CSU, RTL, BMW, BWL, Ballermann, Benedikt und Florian Silbereisen, Den SPD ler erkennt man daran, daß er versucht, sich einen dreizehnten in den Kopf zu hämmern und die vielen Durchschnittssechser, die sich als einbeinige Neuner tarnen, schwelgen im Glück, weil eine Fahne im Auto nicht mehr automatisch Führerscheinentzug bedeutet. Auf geht’s, dabeisein bitte ! Wer versteckt die hartzigen Vierer ? Wer entsorgt die Nuller, die Empfindlichen, denen ein Pilchernagel im Kopf schon zu viel ist ? Ein Spiel über den Weg ins kollektive Analphabetentum, vernagelte Hirne und Ämter, die das Nichts verwalten.
So kam er, und so ging er in Pfaffenhofen. Die Dunkelheit als Anfang und Ende, und letztendlich dreht sich eh alles im Kreis, kaum ist es vorbei, fängt alles wieder von vorne an. Sigi Zimmerschied braucht kein gleißendes Scheinwerferlicht. Allein seine Stimmnuancen lassen Kenner auf seine Mimik schließen, gebannte Stille im Zuschauerraum wechselt sich ab mit kaum zu beherrschendem Kichern, das einem dann doch wieder im Halse stecken bleibt. Kurzzeitig. Wer Sigi Zimmerschied live erlebt, nimmt was mit nach Hause. Ihn. Im Herzen. Und im Hirn. Ohne Risse. Danke, Sigi!
Kommentare
Einen Kommentar schreiben
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.