Im Gespräch mit Klaus Eberhartinger von der EAV
Bereits zum 10. Mal findet in Mainburg Stanglmeiers "Tag der Reise" statt. Das Traditions-Busunternehmen hat auch in diesem Jahr wieder hochkarätige Gäste auf die Showbühne im Zelt auf der Schöllwiese geladen. Neben dem Tag der Volksmusik, an dem unter anderem Schlagerstar Patrick Linder auftritt, rockt am Freitagabend, den 22. Februar, ab 20 Uhr die Gruppe EAV aus Österreich das Messezelt.
Wir durften vorab dem Frontmann und Sänger der Band "EAV - Erste allgemeine Verunsicherung" einige Fragen zur Band aber auch privater Natur stellen.
Wer denkt sich solche irren Texte aus?
Die Lorbeeren gehen da an Thomas Spitzer, er ist ein genialer Texter. Wir haben uns gefunden. Er war schon immer kreativ, in der Malerei oder in der Musik. Und manchmal darf es ja einfach auch lustig sein.
Sie haben ja mal Medizin studiert. Was wäre aus Ihnen geworden, wenn Sie Arzt geworden wären?
Ich hätte so viele Menschen gerettet bis heute (lacht). Ich habe bis heute ein absolutes Faible für Medizin und deren Fortschritte. Das hätte auch Spaß gemacht, ich wäre sicher bei den „Ärzten ohne Grenzen“ gelandet. Ich wollte ursprünglich in die Hirnforschung. Wäre auch spannend gewesen ... Ich hatte eigentlich gute Noten im Studium. Aber ich habe früh Stellung gegen schlagende Verbindungen bezogen. Da habe ich die Lust verloren am Studium. Habe gedacht, die Welt ist noch größer, bin nach Afrika gegangen. Danach kam ich zurück und habe Psychologie studiert, bin politisch aktiv gewesen, eher auf der linken Seite.
Wie kamen Sie dann zu EAV?
Nun, ich habe an der Universität die Schwester von Thomas Spitzer kennengelernt. Das war eine ganz fesche, eine richtig fesche, so mit brasilianischen Ohren, einer unglaublichen Taille und Oberweite. In die war ich sehr verliebt. Dann habe ich Thomas kennengelernt, einen langhaarigen Anarchisten, einen Rockertyp. Wir haben uns relativ schnell gut verstanden. Und ich war gerade in einer depressiven Phase meiner Dissertation, da hat das gepasst.
Wie ist der Bandname entstanden?
Das war in Graz, man hat nach einer durchzechten Nacht einen Namen gesucht, Brainstorming betrieben. Im ersten Tageslicht hat man mit trübem Auge das Gebäude der „Ersten Allgemeinen Versicherung“ gesehen, und gesagt: Genau das Gegenteil davon. Der Name „Erste Allgemeine Verunsicherung“ war aber zu lang, wir haben die Plakate ja selbst im Siebdruck gemacht. Daher haben wir die Abkürzung EAV erfunden.
Wie hat Sie der plötzliche Erfolg der Band in den 80ern verändert?
Also, uns hat das schon vorher Spaß gemacht. Deswegen sind wir auch durch die wirtschaftlich schlechteren Zeiten gegangen, sind in die kleineren Clubs gegangen. Wir haben uns das Publikum erspielt, haben in Hamburg angefangen, in Berlin. Wir hatten nach drei Tagen die Hütte voll mit 300 Leuten, obwohl wir noch keinen großen Hit hatten. Wir haben uns dann von Nord nach Süd runtergespielt in Deutschland.
Wie kam es zu den großen Hits?
Erfolg kann man nicht erklären, den hat man einfach. Es kam dann Bewegung in die Schatulle, hatten etwas bessere Wohnungen und Autos, haben das Geld aber immer wieder zurück investiert in die EAV.
Jetzt sind Ihre Texte ja nicht nur lustig, manchmal bleibt einem ja das Lachen im Halse stecken ...
Manche Texte wie „Burli“, wo es um die Opfer von Strahlung durch ein Atomkraftwerk geht, oder „Samurai“ mit Kindersex-Tourismus in Thailand, haben ja jetzt wieder eine erschreckende Aktualität. Traurigerweise, muss man sagen. Denn von der Evolution her müsste die Menschheit eigentlich denken können, aber wir verwenden es nicht so richtig.
Sind Lieder wie „Burli“ nicht auch ein wenig bösartig?
Ja klar, man könnt auch sagen, über eine Atomkatastrophe kannst du keine Witze machen. Aber Fukushima ist wieder eine Katastrophe, die für Kopfschütteln sorgt. Wer jetzt nicht mit einem weiteren Unglück rechnet, der zündelt mit Streichhölzern am Gasherd.
Haben Sie für Ihre Texte auch mal richtig heftige Kritik einstecken müssen?
Ja klar. Wenn man in Österreich Jörg Haider angreift, sowieso. Oder den Bundespräsidenten Kurt Waldheim, dann ruft schon mal die Präsidentenkanzlei an. Aber das geht schon. Die heftigste Reaktion kriegst du indirekt, wenn du Kritik an der Kirche übst. Da wird es heavy, daher ist die katholische Kirche auch unser Lieblingsfeind bis heute.
Wie äußert sich das?
Die Nummer „’S Muaterl“ mussten wir dann zum Beispiel aus dem Fernsehprogramm nehmen. Und wenn du in Bayern „Nostradamus“ spielst, gibt es im Publikum schon Reaktionen. Man darf aber nicht vergessen, dass der Papst auch ein Mensch ist, kritisiert werden darf, der frauenfeindlich ist und erzkonservative Werte vertritt.
Sie hatten gerade auch auf dem Gebiet der ehemaligen DDR unglaubliche Erfolge und eine imposante Fangemeinde. Bereits 1983 gaben sie ausverkaufte Konzerte in der DDR. Hat es sie verwundert, dass das Regime sie offenbar für ungefährlich hielt?
Ja…insofern war die Einladung nicht schmeichelhaft….aber wir waren neugierig auf den „realen sozialismus“ und die dort Verantwortlichen waren nicht nur blauhemdig, sondern auch blauäugig in Bezug auf die „reale EAV“….wir wollten natürlich nicht einfach plump provozieren, haben uns aber auch nicht das Wort verbieten lassen.
Wie schafft man es, auch nach 30 Jahren noch originelle Texte zu schreiben und sich nicht zu zerstreiten?
Wir hatten nach der 100-Jahre-Tournee 2007 schon einen toten Punkt, waren ausgelaugt. Auch Thomas Spitzer hat gesagt, ihm fällt nichts mehr ein. Er wollte nicht mehr lustig sein. Ich sagte ihm, er solle auch nicht lustig sein wollen. Man muss sich die scharfe Ernsthaftigkeit und Boshaftigkeit bewahren. Weil auch die Zeit schärfer und bösartiger geworden ist. Wir stehen vor einem weltweiten Umbruch.
Wer füllt denn eure Hallen?
Wir haben ziemlich viele Studenten da, die entdecken die EAV wieder. Und natürlich die Alten. In Wien hat mal ein Journalist zu mir gesagt „Ich wusste nicht, wie viel ich von euch noch im Kopf habe. Ihr habt unsere Geschmacksnerven infiltriert, ihr Schweine.“
Wir freuen uns, dass auch junges Publikum kommt, es wächst also etwas nach. Es macht uns immer noch großen Spaß, live aufzutreten.
Heute leben sie in Kenia und sind trotzdem regelmäßig in Österreich. Wie lebt es sich so zwischen zwei Welten?
Ich lebe nicht zwischen sondern in 2 Welten….beide ticken anders, aber das kenianische „pole pole“ entspricht dem österreichischen „nur net hudeln“ …also „nur schön langsam“….ich liebe beide Welten !
Ich denke, das war das perfekte Schlusswort! Vielen Dank für das aufrichtige und vor allem interessante Gespräch, Herr Eberhartinger.
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