Solo für den Tod
„Der Tod ist auch nur ein Mensch“, sagt er, der Tod selber, und, wenn er genug Kirschgeist trinkt -natürlich aus rein medizinischen Gründen - dann wird die Sehnsucht nach dem Paradies übermächtig. Da hilft auch kein Tai Chi gegen die Schatten in seiner Seele, nur eben Kirschgeist, und den gab es zur Genüge bei dem eineinhalbstündigen Monolog in der „Alten Eiche“ zu Pfaffenhofen an der Ilm.
Die Schauspielerin Olivia Wendt vom Ensemble des Stadttheaters Ingolstadt hatte die Ehre und den sichtbaren Spaß, das Stück „Der Boandlkramer sucht sein Paradies“ aus der Feder des aus Pfaffenhofen stammenden Regisseurs Falco Blome im Rahmen der Paradiesspiele 2013 sozusagen ins Leben zu rufen.
Nicht nur gerufen wurde, der Tod hat geweint und gelacht, gesungen und geturnt, er hat uns seine Sense gezeigt und sein neues himmlisches Handy, die Philosophie des Sinns, des Wesens vom Sein, den bayerischen Konjunktiv und seinen Facebook Account, bis dass der Kirschgeist ihn schlafen ließ. Mit einer überragenden schauspielerischen Leistung gelang es Olivia Wendt, dem Tod eine weibliche, ja fast androgyne - dem himmlischen Personalmangel geschuldet - Figur und ein menschliches Gesicht zu geben. Die Stimmungen wechselten wie die Farben des Schafkopfspieles in Falco Blomes Text. Die Mundartpassagen wechselten mit klar rezitierten deutschen Klassikern. Ihr größtes Pfund spielte Wendt mit ihrer breitbandigen Singstimme aus: Ein fast opernhafter bassiger Tod neben einem alkoholschwangeren Tenor donnerte durch die älteste Wirtstube Pfaffenhofens. Adi Descy, der neue Wirt in altehrwürdigen Mauern, bekam, vom Tod zugewiesen, an diesem Abend seine erste tragende Rolle.
Das Stück, die Schauspielerin, der Ort und der Anlass sind eine perfekte Mischung aus gnadenloser Ehrlichkeit und kabarettistischer Spitzfindigkeit. Ein gelungenes Werk, das möglicherweise auch auf einer großen Bühne funktioniert, gesetzt den Fall, der Tod bekommt direkten Kontakt zum Publikum. Das endet zwar, laut Boandlkramer, mit dem Tod desselbigen, bringt uns aber die paradiesische Ruhen von der er den ganzen Abend nur laut geträumt hat.
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