Hopfenforschung in der Hallertau
Rund 50 Besucher hatten sich am Freitag vor dem Hopfenforschungsinstitut Hüll zur Führung durch die Forschungseinrichtung zusammengefunden, wo sie von Dr. Elisabeth Seigner, Leiterin der Hopfenzüchtung, empfangen wurden. „Seit 1926 wird hier geforscht, um neue, gegen Krankheiten resistente Sorten zu züchten,“ stellte die Biologin das Gelände vor. Und seither ist einiges passiert. Sechs Aroma-, vier Bitter- und vier Flavor Hops-Sorten wurden so schon in Hüll hervorgebracht. Im Gegensatz zu den 20er Jahren, in denen noch flächendeckend nur der Hallertauer Mittelfrüh zu finden war, zeigt sich heute eine ausgereifte Sortenvielfalt in den Hopfengärten, die somit längst nicht mehr so anfällig sind für den Pilzbefall mit Peronospora.
Doch das Hopfenforschungsinstitut setzt neben der Züchtung auch auf weitere Schwerpunkte. In enger Zusammenarbeit zwischen der privat-rechtlichen Gesellschaft für Hopfenforschung und dem Freistaat Bayern – genauer gesagt der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft – hat sich die Einrichtung weiterhin auf chemische Analytik, Pflanzenschutz, Qualitätssicherung sowie auf Produktionstechnik und Beratung spezialisiert. So finanzieren der Staat mit jährlich 1,8 Mio. Euro und die Gesellschaft für Hopfenforschung mit rund 800.000 Euro pro Jahr das Forschungsinstitut Hüll, das in Thema Hopfen dafür in Deutschland einzigartig aufgestellt ist. Generell gibt es dabei nur 16 Züchtungsstationen weltweit.
„Wir haben hier ein ganzes Sortenregister“, erklärte Dr. Elisabeth Seigner den erstaunten Gästen mit Blick auf den angrenzenden Zuchtgarten mit 15.000 verschiedenen Zuchtstämmen und fügte hinzu: „Alle Sorten, die EU-weit angebaut werden, finden sich hier.“ Und die Gäste zeigten sich beeindruckt von der Größe des Hüller Instituts. 10 Hektar stehen dort als Zuchtfläche zur Verfügung. Dabei werden die Pflanzen sowohl auf lehmigen, als auch auf sandigem Boden angepflanzt und untersucht.
Doch Dr. Elisabeth Seigner verdeutlichte ihren Zuhörern auch den langen Weg, der in der Hopfenzucht gegangen werden muss, bevor eine neue Sorte marktreif wird. „Unser technischer Leiter in der Züchtung, Anton Lutz, führt zunächst rund 75-100 Kreuzungen im Jahr durch. Daraufhin erhalten wir rund 100.000 Sämlinge, die im Gewächshaus ihre Vitalität und Resistenz gegen den Echten Mehltau sowie den Peronospora unter Beweis stellen müssen“, so die Biologin. Nur für die robustesten Pflanzen geht es dann weiter. Etwa 4000 weibliche und 400 männliche Einzelstöcke kommen dann in den Zuchtgarten und werden erneut auf Widerstandsfähigkeit, aber auch erstmals auf Ertrag und Qualität hin untersucht. Am Ende bleiben 20-30 Stämme übrig, die dann an zwei verschiedenen Standorten angebaut werden und deren Lagerstabilität unter die Lupe genommen wird. Nach anschließend erfolgreich bestandenen Brauversuchen folgt dann erst der Sortenschutz und eine neue Hopfensorte ist geboren. Dieser Selektionsprozess nimmt allerdings meist 12-14 Jahre in Anspruch.
Im weiteren Verlauf der Führung über das Forschungsgelände verdeutlichte Dr. Elisabeth Seigner den neugierigen Besuchern aber auch, dass trotz der großen Bemühungen um resistente Sorten, der Pflanzenschutz nicht gänzlich entfallen kann. Doch mithilfe eines ausgeklügelten Warndienstes kann das Spritzen zumindest minimiert werden. „Wir haben 5 Wetterstationen im Landkreis aufgestellt. Diese messen zum einen Temperatur und Luftfeuchte und besitzen zum anderen eine Peronospora Falle, die den Sporengehalt erfasst. Bei Werten, die eine hohe Infektionsgefahr vermuten lassen, können wir dann zum Spritzen aufrufen,“ erklärte Seigner das System. Doch ohnehin habe die Witterung dieses Jahr für einen sehr geringen Einsatz von Spritzmitteln gesorgt. Und schließlich lässt das Institut auch den ökologischen Pflanzenschutz nicht außer Acht. So führten die Untersuchungen zur Entdeckung von Nützlingen, die die Larven der für den Hopfen gefährlichen Blattläuse und roten Spinnen fressen und auf natürliche Weise einen Befall verhindern.
Auch auf die neuesten Forschungen im Bereich der Inhaltsstoffe des Hopfens ging die Biologin im Rahmen der Rund-Führung ein. „Hopfen macht gesund, das ist erwiesen,“ so Seigner. Besonders die Polyphenole des grünen Goldes besitzen dabei heilende Kräfte. Im Visier der Pharmazie liegt vor allem der Stoff Xanthohumol, der wirksam gegen verschiedene Krebsarten, unter anderem Leberkrebs, ist. „Allerdings müsste man so viel Bier trinken, dass die Leber auch schlapp machen würde, um für die Krebsprävention ausreichend Xanthohumol aufzunehmen“, scherzte die Biologin und verwies auf alternative Verwendungen für den Hopfen, die es zu finden gilt.
Zuletzt ging die Forscherin aber natürlich noch auf die neuen Flavor-Hops genauer ein, die auch im Publikum auf spürbares Interesse stießen. Ein Trend, der - angestoßen durch die US-amerikanische Craft Brewer-Szene - nun auch in Deutschland angekommen ist. Dabei verlagert sich das Interesse der Brauer von der typisch würzig-holzigen Geruchsnote des Hopfens auf die fruchtigen Aromen, die – dank einer neuen Hopfungstechnik, der sogenannten Kalthopfung - durchaus auch im fertigen Bier zu schmecken sind. Diese neue Entwicklung wurde auch vom Hopfenforschungsinstitut Hülle rechtzeitig erkannt, das daraufhin die wohlklingenden Sorten Mandarina Bavaria, Huell Melon, Hallertau Blanc und Polaris züchtete. „Es ist aber keinesfalls so, dass wir hierfür eine Apfelpflanze, Melone oder ähnliches eingekreuzt hätten, sondern wir haben den nordamerikanischen Wildhopfen und seinen fruchtigen Aromen mit den traditionell deutschen Sorten, die keine Frucht-Noten mehr aufweisen konnten, gekreuzt,“ stellte Dr. Elisabeth Seigner klar.
„Es geht uns dabei nicht darum, die Leute zu zwingen, ihren Biergeschmack zu ändern, denn lange Zeit waren Fruchtaromen im deutschen Hopfen verpönt. Wir wollten einfach, dass dieser neue Markt nicht ungesehen an uns vorbeigeht, sondern wir auch etwas in diesem Bereich zu bieten haben“, fügte die Biologin hinzu. Zu beobachten ist allerdings, dass dieser Trend nicht nur in den USA einschlägt. Auch in der Hallertau versuchen sich bereits einige Hopfenplanzer an den neuen Sorten, die sich so vielleicht schon bald auch hierzulande weiter verbreiten werden – und was spricht schließlich dagegen, dass das Bier in Zukunft vielfältiger wird und verschiedene Geschmäcker abdeckt?
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