Unternehmerforum in Geisenfeld
Über 200 Unternehmensvertreter trafen sich zum Unternehmerforum, das der Wirtschaftsbeirat in Kooperation mit dem Landkreis nach Geisenfeld einberufen hatte. Leitthema war die Frage: „Als familienaktives Unternehmen die Zukunft gewinnen?“. Es sollten Rahmenbedingungen, Lösungen und Nutzen familienpolitischer Orientierungen für Unternehmen beleuchtet werden. Dazu präsentierten sechs Unternehmen ihre Konzepte und Erfahrungen, die in einer anschließenden Podiumsrunde mit dem Plenum diskutiert wurden.
Ministerin Christine Harderthauer, Landrat Martin Wolf
Der Vorsitzende des Wirtschaftsbeirates, Bernd Huber, begrüßte die Teilnehmer und Ehrengäste (Landtags- und Bundestagsabgeordnete Karl Straub und Erwin Irlstorfer, Erika Görlitz, Bürgermeister aus der Region und Kreisräte). Er ging auf die positive Lage des Landkreises ein und den guten Unternehmensmix aus kleinen Handwerksbetrieben, mittelgroßen und Großunternehmen. Damit zählt Pfaffenhofen zu den wirtschaftlich und produktivstärksten Kreisen des Bundes. Auch die Arbeitslosenquote ist minimal. „Wir leben auf einer Insel der Glücksseeligen“, so Huber.
Christine Harderthauer, Bürgermeister Christian Staudter, Erika Görlitz, Landrat Martin Wolf
Anschließend stellte Geisenfelds Bürgermeister Christian Staudter seine Stadt vor und wies besonders auf das familienpolitische Engagement und den Freizeitwert Geisenfelds hin. Er führte dieses Engagement als Voraussetzung für den großen Aufschwung Geisenfelds in den letzten Jahren zurück.
Als Hauptrednerin war die neue Staatsministerin in der Staatskanzlei, Christine Harderthauer, geladen. Obwohl sie als Ministerin ein einem neuen Ressort auch einen neuen Terminkalender hat, wollte sie trotzdem diesen bereits früher zugesagten Termin wahrnehmen. Sie lobte in ihrem Referat die Anstrengungen Geisenfelds, die hohen Steuereinnahmen sinnvoll im familienpolitischen Bereich zu investieren, denn Standortentscheidungen treffen nicht nur Unternehmen, sondern auch Arbeitnehmer, für die besonders die familienpolitischen Faktoren ein wichtiges Kriterium zur Ansiedlung sind. Und gerade beim bereits eingetretenen Fachkräftemangel sind dies Faktoren, die immer stärker ausschlaggebend sind. Die sogenannte Generation Y haben andere Ansprüche als dies früher der Fall war: sie wollen nicht das Leben nach dem Berufsleben genießen, sondern bereits während ihres Arbeitslebens, sie wollen sich ihre Lebensträume sofort erfüllen. Außerdem sind die Frauen auch immer besser ausgebildet und wollen nicht nur zu Hause sitzen sondern arbeiten, so dass die Kommunen und Unternehmen auch auf deren Familienbedürfnisse Rücksicht nehmen müssen, was nicht nur Kinderbetreuung, sondern auch Pflege von Angehörigen bedeutet. Diese Herausforderungen lassen sich nicht nur mit dem Bau von Kinderkrippen lösen, auch ein kreatives Personalmanagement ist erforderlich und Arbeitszeitmodelle sowie Unterstützung bei der Rückkehr in den Beruf müssten ausgeweitet werden. Auf diesem Gebiet sind Frankreich und Skandinavien deutlich weiter. Unternehmen müssen stärker auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter eingehen, um sie nicht an die attraktivere Konkurrenz zu verlieren, so Harderthauer. Sie forderte eine soziale Balance damit der Zusammenhang der Gesellschaft gesichert bleibt – interessant war in diesem Zusammenhang ihr Plädoyer für einen Mindestlohn. Die Unternehmen forderte sie auf, die Themen nicht nur der Politik zu überlassen, sondern sich selbst in diese Prozesse einzubringen.
Die folgenden Unternehmensvertreter stellten das Thema aus Sicht ihrer Unternehmen vor, dabei wurde die Runde moderiert von Elke Christian, der Leiterin der IHK-Geschäftsstelle Ingolstadt. Sie wies darauf hin, dass Ingolstadt und dem Landkreis Pfaffenhofen in 2030 bis zu 12.000 Fachkräfte fehlen werden und dass Großunternehmen die Fachkräfte vom Arbeitsmarkt absaugen – „der Kampf um die Talente hat bereits begonnen“, so Christian. Und Unternehmen, die sich auf diese Entwicklung rechtzeitig eingestellt haben, dürften eher auf der Gewinnerseite stehen. Sie forderte familienfreundliches Verhalten nicht nur auf Unternehmensleitungs-Ebene sondern auch darunter. Arbeitszeitregelungen, Home-Office, Arbeitsorganisation mit Vertretungsregelungen, Informations- und Kommunikationsstrategien waren nur einige Stichworte von ihr.
Elke Christian Dr.Christoph Oelker
Als erster Vertreter stellte Dr.Chritoph Oelker von Cassidian Manching sein Unternehmen vor, das im letzten Jahr von der Hertie-Stiftung für Familienfreundlichkeit ausgezeichnet wurde. Die Firma ist auch im Bündnis für Familien des Landkreises aktiv, bietet eine umfangreiche Palette an Arbeitszeitmodellen, Home-Office, gerade für Mitarbeiter der aus dem Süden Münchens kommen, kostenlose Busse, Ferienbetreuung für Kinder, Zuschüsse für Kindergärten, Job-Sharing, Gesundheitsprogramme und die Möglichkeit, sich gegen 75% des Monatseinkommens bis zu einem Jahr von der Arbeit freistellen zu lassen. Die Zeit muss später natürlich wieder eingearbeitet werden. Nächste Unternehmerin war Michaela Schenk von der Firma MAWA aus Pfaffenhofen, die mit 58 Mitarbeiterinnen Kleiderbügel für den Weltmarkt herstellt. Sie hat die bisherige Lehre auf den Kopf gestellt und ihre Unternehmens-organisation um die Bedürfnisse der Mitarbeiterinnen herum aufgebaut. Sie geht dabei auf die persönlichen Probleme ihrer vorwiegend weiblichen Mitarbeiterinnenschar ein. Wenn z.B. ältere Frauen Zeit für die Betreuung der Enkel brauchen, gibt es bei ihr den Oma-Tag und versetzte Schichtpläne.
Michaela Schenk Max Hechinger
Max Hechinger, mit 200 Mitarbeitern im Baubereich tätig hat dagegen ganz andere Probleme. Seine Leute sind bei Auswärtsbaustellen teils über 12 Stunden unterwegs; die billige Konkurrenz der Subunternehmen bringt dagegen ihre Leute in Containern an den Baustellen unter. Für Hechinger ist deshalb wichtig ein gutes Betriebsklima zu schaffen, er hat auch Fälle, dass Männer in Elternzeit gehen wollen. Er versucht wegen der Winterpause mit den Mitarbeitern die Elternzeit in diese Pause zu legen und hat festgestellt, dass sich viele danach freuen, wieder in die Arbeit zu kommen. Damit hatte er die Lacher auf seiner Seite. Erich Deml von der Firma Wolf/Geisenfeld mit 360 Mitarbeitern hat im Empfangsberiech seines Unternehmen Job-Sharing für vier Mitarbeiterinnen eingeführt, es gibt zur Geburtstag ein Geldgeschenk, Geburtstagsgrüße, Prämien für längere Betriebszugehörigkeit, Sonderurlaub für wichtige Anlässe und Weihnachtsgeschenke für ehemalige Mitarbeiter sowie die Möglichkeit zur Home-Office und eine gute Ausbildung.
Erich Deml Katharina Linner
Katharina Linner von Linner Elektronik mit 110 Mitarbeitern sieht ihr Unternehmen als familiären Betrieb. Jeder Mitarbeiter kann jederzeit mit seinen Problemen zur Firmenleitung kommen und maßgeschneiderte Lösungen werden zusammen gesucht. Es gibt keine Richtlinien zur Familien-freundlichkeit, man lebt es einfach.
Detlef Fuchs Dr. Albert Schmid
Detlef Fuchs von der Firma Hipp mit ca. 1.000 Mitarbeitern forderte Familienfreundlichkeit in die Köpfe der Führungskräfte zu bringen und Lösungen im Interesse der Mitarbeiter zu suchen um so eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit zu erlangen. Dr. Albert Schmid vom Landratsamt stellte den Anwesenden das Konzept des „Familienaktiven Landkreises Pfaffenhofen“ vor, das aus drei Säulen besteht: Familie, Bildung, Senioren. Pfaffenhofen möchte Bildungsregion in Bayern werden und Schülern helfen, ihre Ausbildung erfolgreich zu beenden, ihnen den Übergang in die Ausbildung und in den Beruf zu erleichtern. Im Bereich Familie arbeiten bereits über 120 Aktive an Konzepten für einen familienfreundliche n Landkreis. Er lud die Unternehmer ein, sich dort einzubringen, da dort bereits viele neue Ideen entwickelt würden, die auch den Unternehmen helfen können.
Podium Bernd Huber
In der abschließenden Podiumsrunde kamen relativ wenig Fragen. Der Landrat wurde angesprochen, wie die Verkehrsverbindungen im Landkreis verbessert werden könnten. Martin Wolf wies auf das gute Stadtbuskonzept in Pfaffenhofen hin sowie die zunehmenden Bürgerbusse, die von Gemeinden organisiert werden. Außerdem gibt es Überlegungen, wie die Kreisstadt besser angebunden werden könnte. In seinem Schlusswort ging der Landrat auf die wichtigsten Aussagen ein, die er an diesem Tag festgestellt hat: Arbeitnehmer und Unternehmen sind bei ihren Standortentscheidungen auf einer vergleichbaren Ebene; die Generation Y will alles jetzt; Menschen, die Kinder zu Hause betreuen oder Familienangehörige pflegen, müssen unterstützt werden; bei allen Betrieben ist das Betriebsklima sehr wichtig; Konzepte von Großunternehmen lassen sich nicht auf kleine und mittlere Unternehmen übertragen, jeder muss seinen eigenen Weg finden. Sein Appell zum Schluss: „Wir müssen die Probleme gemeinsam lösen“.
Zum Abschluss gab es ein gemeinsames Mittagsessen, bei dem sich die Anwesenden näher kennen lernen konnten, sich über die Thematik austauschen und netzwerken konnten. Videos zur Veranstaltung finden Sie unter http://www.youtube.com/watch?v=karsTjR7yCY&feature=c4-overview&list=UUdKBY4-mmcxHwbt3rPfZqPQ und http://www.youtube.com/watch?v=karsTjR7yCY&list=UUdKBY4-mmcxHwbt3rPfZqPQ.
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