Notärzte bald händeringend gesucht
Was viele nicht wissen: Es ist durchaus keine Selbstverständlichkeit, dass ein Notarzt immer und überall zur Verfügung steht, wenn ärztliche Hilfe, wie etwa bei einem Unglücksfall, schnell und dazu noch am Ort des Geschehens benötigt wird. Es ist vielmehr eine freiwillige Leistung, die ein Arzt erbringt, wenn er sich für den Notarzteinsatz disponieren lässt. Wenn dann trotz geopferter Freizeit nicht einmal mehr die Kasse stimmt, entscheiden sich immer weniger Mediziner für diese Hilfsleistung. Dieser Situation versucht der Verein "Leben retten" mit Zuschüssen entgegenzutreten - was ihn jedoch an seine finanziellen Grenzen bringt.
"Sieben bis acht Mal täglich rücken von den Standorten Geisenfeld und Pfaffenhofen Notärzte zusammen mit den Rettungssanitätern des Bayerischen Roten Kreuzes aus um Leben zu retten“, sagte Rudi Engelhard jüngst bei der Jahreshauptversammlung des Vereins, dessen 1. Vorsitzender er auch ist. Bei Unfällen und schweren Erkrankungen gelte nach wie vor der Grundsatz "je schneller geholfen werden kann, desto eher können bleibende Schäden für den Verletzen oder Erkrankten vermieden werden.“ Im vergangenen Jahr habe es im Landkreis Pfaffenhofen zu 2.691 Notarzteinsätzen gegeben.
In der Öffentlichkeit sei jedoch immer noch weitgehend unbekannt, dass der Notarztdienst ausschließlich nebenberuflich geleistet und dazu noch ehrenamtlich organisiert werde, so Engelhard. Das heißt, die Ärzte arbeiten im Hauptberuf in Kliniken oder Arztpraxen und leisten zusätzlich zu ihrem Erwerbsberuf den Notarztdienst. Eventuelle Lücken dieser Notfallversorgung werden im Landkreis Pfaffenhofen vielfach von Ärzten der Ilmtalklinik abgedeckt. Für den Landkreis Pfaffenhofen erstellen die Ärzte Olaf Ruchnewitz und Thomas Harzenetter die Dienstpläne und werben dazu noch in mühevoller Kleinarbeit zugelassene Notärzte an, um eine weitgehend lückenlose Bereitschaft sicher zu stellen.
Ruchnewitz sagte in der Versammlung mit gewissem Stolz, dass es für den Standort Geisenfeld gelungen ist, bis auf nur 16 Tagdiensten den gesamten Dienstplan mit externen Ärzten zu besetzten. So etwas sei aber nur über eine attraktive Vergütung möglich. "Das Notarztfahren auf dem Land ist ja mit der von der Kassenärztlichen Vereinigung geleisteten Vergütung finanziell eher nicht lukrativ", ergänzte Ruchnewitz. Die Vergütung hänge vor allem von den tatsächlichen Einsätzen in den Zwölf-Stunden-Schichten ab. Entsprechend schwierig sei es, Ärzte für diesen Dienst zu gewinnen. In Ballungsräumen fielen eben viel mehr Einsätze an als in ländlichen Gebieten. Manche Mediziner kämen zudem sogar aus 100 Kilometer Entfernung, einer sogar aus Erlangen, zum Dienst angereist.
"Durch einen angemessenen Zuschuss zur Notarzt-Vergütung durch den Verein 'Leben retten' kann da einiges aufgefangen werden", merkte Engelhard dazu an. "Gerade um den Notarzt- und Rettungsdienst im Landkreis finanziell abzusichern, wurde im Jahr 2001 der Verein 'Leben retten' gegründet", betonte der Altlandrat. "Seitdem wurden aus Spenden und mit Hilfe der Kommunen rund 1,15 Millionen Euro aufgebracht." Ruchnewitz bestätigte aus der Sicht der Ärzte: "Wenn diese Geld nicht da wäre, hätten wir immense Probleme, im Landkreis den Notarztdienst zu gewährleisten." Zudem sei er "qualitativ hervorragend besetzt."
Zugleich steigt der Finanzbedarf weiterhin drastisch an. Vor allem auch deshalb, weil auch die Hürden für die Zulassung als Notarzt immer höher gelegt werden.
Es seien im vergangenen Jahr 20.520 Euro für die Fortbildung zum Notarzt ausgegeben worden, berichtete Engelhard. "Die Übernahme der Kosten durch den Verein ist notwendig, um überhaupt junge Mediziner für diese Zusatzausbildung begeistern zu können", so der Leitende Notarzt Christian Leitner. Die Mediziner müssten eine mindestens zweijährige Berufserfahrung nachweisen, davon sechs Monate auf einer Intensivstation oder in der Notaufnahme, 50 Notarzteinsätze begleiten und gebührenpflichtige Kurse belegen.
Jetzt habe auch noch ein Gericht verfügt, dass das bisherige, eher unkomplizierte Zulassungsverfahren für Notärzte mit einer Auslauffrist zum 1. April dieses Jahres abgeschafft wird. Das heißt nun, dass alle Notärzte, die im Landkreis Pfaffenhofen Dienste übernehmen, für beide Standorte getrennt vor einer Spruchkammer erscheinen müssen, um überhaupt eine Zulassung zu erhalten. An den Standorten Pfaffenhofen und Geisenfeld sind derzeit jeweils 32 Notärzte zugelassen; etliche davon auch für beide Standorte, was somit eine Verdoppelung der Kosten für sie bedeutet. Auf Nachfrage von Hallertau.info bei der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns und der Arbeitsgemeinschaft der bayerischen Krankenkassen wurde lediglich bestätigt, dass es Gespräche zur Finanzierung des so genannten Ermächtigungsverfahrens gibt. Unklar bleibt, ob es dazu überhaupt kommt und wie genau eine eventuelle Kostenübernahme aussehen könnte.
Landrat Martin Wolf und Altlandrat Rudi Engelhard intervenierten zu dieser neuen Situation beim bayerischen Innenministerium. Am Ende allerdings erfolglos. "Es kam eine Begründung, die man sich auf der Zunge zergehen lassen sollte", wie Engelhard dazu bemerkte. „Die Erteilung der für die Teilnahme von Nichtvertragsärzten - Ärzte ohne eigene Praxis mit Krankenkassenzulassung - am Notarztdienst in Bayern ist an strenge bundesrechtlich Vorgaben geknüpft. Neben der Durchführung eines zwingenden Verfahrens vor den Zulassungsausschüssen und der damit verbundenen Gebühr in Höhe von 520 Euro ist die Ermächtigung auch zeitlich, räumlich und ihrem Umfang nach zu bestimmen." So der Wortlaut. Die Kosten für die Zulassungsverfahren würden sich nach gegenwärtigem Stand auf rund 30.000 Euro belaufen. "Das Geld hat der Verein derzeit nicht", betonte Engelhard. Und der Altlandrat stellte erbost fest: "Für mich scheint so, diesen Bürokraten ist es gleichgültig ob Menschen nach einem Unfall auf der Straße sterben, hauptsächlich die immer neuen Vorschriften werden erfüllt."
Selbst wenn sich die Krankenkassen einmal dazu durchringen sollten, auch nur einen Teil dieser dann die Notärzte belastende Summe zu übernehmen, bleibe ihnen ein derzeit völlig unkalkulierbares finanzielles Risiko, führte Engelhard aus. Hier wolle der Verein Leben retten einen weiteren Beitrag dazu leisten, die Notärzteversorgung im Landkreis sicherzustellen.
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