Ilmtalklinik-Kinderabteilung: CSU entschließt sich zum Verzicht auf Klageweg
Der nunmehr wohl endgültige Abschied vom langjährigen Wunsch nach einer Kinderabteilung an der Pfaffenhofener Ilmtalklinik ist eingeläutet. "Nach eingehender Prüfung und Abwägung der Chancen und Risiken wollen Landrat und CSU-Kreistagsfraktion in den anstehenden Sitzungen der Kreisgremien einen Antrag auf Zulassung der Berufung gegen die Abweisung der Klage auf eine Kinderabteilung an der Ilmtalklinik verzichten", so die eben erfolgte Mitteilung von Landrat Martin Wolf (CSU).
Ausschlaggebend für diese Haltung seien nicht zuletzt Gespräche mit den niedergelassenen Ärzten in deren Kreisverband gewesen. Die notärztliche Kinderversorgung werde während der Praxiszeiten durch die niedergelassenen Ärzte beziehungsweise Kinderärzte sichergestellt. Außerhalb dieser Zeiten steht der ärztliche Bereitschaftsdienst sowie die Notfallambulanz der Ilmtalklinik für die Notversorgung zur Verfügung, heißt es in einer Mitteilung des Landratsamtes dazu.
Zuständig für die Rücknahme der Klage ist eigentlich der Ilmtalklinik-Aufsichtsrat, der von Wolf geführt wird. Auf Kreisebene ist jedoch trotzdem ein erneuter Beschluss notwendig, weil dort am 18. Juni 2012 mit 53 zu 4 Stimmen beschlossen worden war, gegen den Freistaat zu klagen, um die 20-Kinderbetten-Station doch noch an die Ilmtalklinik zu bekommen. Verbunden war dabei die Auflage, dass diese Station der Landkreis jährlich mit bis zu 400 000 Euro in den ersten fünf Jahren unterstützt.
Nach der Ablehnung durch das Bayerische Verwaltungsgericht am 3. Januar 2017 war für die Berufung vier Wochen Zeit. Am 3. Februar wurde diese eigereicht "um das Verfahren aufrecht zu halten", so Wolf. Mit dem Antrag auf Berufung seien keine Kosten verbunden gewesen.
Zum Entschluss, nun doch auf die Berufung beziehungsweise den Klageweg zu verzichten, führten Überlegungen, dass das dann schwebende Verfahren noch hätte Jahre andauern könne. "Das gerade zu einem Zeitpunkt, wo wir die Klinik sanieren, neu ausrichten möchten und überlegen, welche medizinischen Felder wir dort stärken", so Wolf, der den jetzigen Entwicklungsprozess nicht unnötig behindert wissen will.
Über die fünf Jahre hinweg, während man die Klage verfolgt habe, seine einige Konfliktbereiche wie etwa mit dem Gesundheitsministerium, den Kliniknachbarn Neuburg und Ingolstadt aber auch mit den niedergelassenen Ärzten aufgebaut worden. Man sei jetzt in einer Phase angelangt, wo man eher "Brücken bauen als Konfliktherde weiter aufrecht erhalten muss." Man müsse näher zueinander rücken, dies auch vor dem Hintergrund, dass die Situation ganz allgemein für Kliniken schwieriger geworden sei und "wenn man eine Klinik halten will, auch Verbündete braucht." Wichtige gesundheitspolitische Entscheidungen im Landkreis wolle man künftig eng miteinander, etwa auch mit Ärzten und Klinik, abstimmen.
Huber zuversichtlich
Hans Huber, seit September des vergangenen Jahres Interimsgeschäftsführer der Ilmtalklinik, wies darauf hin, dass die Patientenzahlen wieder sich wieder nach oben bewegten und dabei das Niveau von 2012 erreicht hätten. Dieser Anstieg resultiere auch von daher, dass die niedergelassenen Ärzte in enger Partnerschaft zum Krankenhaus stünden. Huber merkte dann zur Vergangenheit an, dass "gewisse Ärzte bei uns auch formal gewisse Berührungsängste hatten, um mit Kindern umzugehen und sie adäquat zu versorgen." Wobei es eine chirurgische Kinderversorgung an der Ilmtalklinik schon immer gegeben habe. Jene dürfte also Huber von seiner Einschätzung ausgenommen haben.
Der Klinikchef sprach aber auch von einem Informationsdefizit, das es in der Bevölkerung gegeben habe: "Wir haben letztlich den ärztlichen Notdienst, die Allgemein- und Kinderarztpraxen dort werden die Kinder und Jugendlichen sehr gut und qualifiziert mitversorgt." Probleme gegeben habe es in der Vergangenheit nur dann, wenn während des ärztlichen Bereitschaftsdienstes und ungeachtet dieses Angebots "die Eltern aus Unkenntnis" direkt zur Klinik gefahren seien. "Unsere kinderärztliche Notfallversorgung ist nicht so schlecht, wie sie bisher gesehen wurde", sagte Huber angesichts eines gut funktionierenden ärztlichen Bereitschaftsdienstes außerhalb der Praxiszeiten, an Wochenenden, Feiertagen oder in der Nacht. "Wir wollen keine Politik gegen die niedergelassenen Ärzte machen - wir brauchen sie!"
Ärzte wollen kooperieren
Als Sprecher der niedergelassenen Ärzte sagte Peter Korzinek "Was uns freut ist, dass wir jetzt enger mit dem Krankenhaus kooperieren können." Durch diverse Pressebeiträge aus der Vergangenheit sei der Eindruck entstanden, das "hier ein Notstand wäre - und das ist einfach nicht wahr." Die Kinder seien immer optimal versorgt worden und blieben es auch weiterhin. Zur Beruhigung der Eltern sagte er, dass "jeder Arzt in der Lage sein muss, ein Kind zu versorgen." Zwischen Kinder- und Erwachsenenmedizin sei eigentlich kein großer Unterschied.
Zu den jetzt der Vergangenheit angehörenden Absichten, eine Kinderklinik in der beabsichtigten Größe zu führen, das sei wirtschaftlich unmöglich, so Korzinek. "Bei der momentanen Kostenexplosion und Kostendämpfung wäre das ein Desaster." Der Arzt warnte zudem davor, die Klinik zu privatisieren, was durchaus auch im Interesse der Ärzteschaft sei, so wie überhaupt der Fortbestand der Ilmtalklinik. "Eine Privatisierung würde definitiv eine Rosinenpflückerei bedeuten und der normale Patient wird einfach schlecht versorgt, das muss einem klar sein." Freuen werde sich Korzinek darüber, "wenn wir im (Klinik-)Aufsichtsrat mit Ärzten vertreten seine werden."
Der Kreistags-Fraktionsvorsitzender der CSU, Reinhard Heinrich, sagte: "Wir streichen die Segel nicht aus wirtschaftlichen Gründen alleine oder weil es juristisch vielleicht unsicher oder bedenklich ist - es war immer Maß und Ziel, zu selektieren was kann man wirklich an Verbesserungen erreichen." Eltern dürften bei Problemsituationen nicht alleine gelassen werden.
"Es darf kein Kind oder Jugendlicher abgewiesen werden" Landrat Martin Wolf(CSU) zur Ilmtalklinik, die nun keine eigenen Kinderstation bekommen wird.
Wie es nun weitergehen soll wird in der Mitteilung des Landratsamtes erläutert. Zunächst sollen in Abstimmung mit der Geschäftsführung und den Ärzten der Ilmtalklinik sowie den Vertretern der niedergelassenen Ärzte die Eltern, betreuende Personen und Kinder verstärkt und zielgerichtet über die Behandlungsangebote informiert werden. Für wichtig hält man außerdem aufzuzeigen, wann, wer und in welcher Weise Kinder und Jugendliche behandelt werden können. Und wie nach der Erstbehandlung und -diagnose die weiteren medizinisch notwendigen Maßnahmen fortgeführt werden können.
Die niedergelassenen Ärzte sollen in den Gesamtprozess eingebunden werden. Das bedeutet, dass während der Praxiszeiten die niedergelassenen Ärzte beziehungsweise Kinderärzte die notärztliche Kinderversorgung sicher. Außerhalb der Praxiszeitenleistet der ärztliche Bereitschaftsdienst und die Notfallambulanz der Ilmtalklinik die Notversorgung. In der Ilmtalklinik wird sichergestellt, dass Kinder und Jugendliche in jedem Fall von einem Arzt behandelt werden. Weiter heißt es in dem Schreiben des Landratsamtes: Je nach Schwere und Art der Erkrankung erfolgt dies in Kooperation mit dem Bereitschaftsdienst des ärztlichen Notdienstes, gegebenenfalls durch eine telemedizinische Anbindung an eine Kinderklinik oder einen Facharzt. Niedergelassenen Ärzte und Kinderärzte sollen für einen Hintergrunddienst gewonnen werden. Wenn notwendig, soll nach der Erstversorgung ein qualifizierter Weitertransport in eine Kinderklinik erfolgen.
Als ehemaliger ärztlicher Direktor war Roland Halbritter vermittelnd in die Gespräche eingeschaltet gewesen. Er sagt: "Ziel ist es, durch die künftige enge Kooperation von Ilmtalklinik mit den niedergelassenen Ärzten die notärztliche Versorgung unserer Kinder und Jugendlichen dauerhaft zu verbessern."
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