Querelen bedrohen Existenz des SPD-Ortsvereins
Mit einer halbierten Führungsmannschaft steuert der Reichertshofener SPD-Ortsverein offenbar seiner Auflösung entgegen. In den vergangenen Wochen haben bereits zwei Vorstände das Handtuch geworfen, am gestrigen Montag einer der beiden Beisitzer. Etliche weitere Genossen wollen zudem künftig dem verkümmerten Vorstand die Gefolgschaft verweigern. Am Ruder bleiben somit vorerst nur noch der Kassier und einer von ursprünglich zwei Beisitzern unter dem Vorsitz von Waltraud Schembera.
Es kriselt offenbar schon länger im Ortsverein. Schuld daran habe, so die zurückgetretene 2. Vorsitzende Ingrid Sommer, ausschließlich Schembera, der sie zum Vorwurf macht, innerhalb des Ortsvereins "ihr eigenen Süppchen zu kochen." Und das passt so überhaupt nicht zu den sozialdemokratischen Wertvorstellungen von Gerechtigkeit, wozu auch transparentes und kooperatives Handeln gehört. Ausgerechnet diese Eigenschaften werden nun Schembera in den eigenen Reihen abgesprochen. Vielmehr pflege die Ortsvereinsvorsitzende einen, wie es heißt, "autokratischen Führungsstil", was nicht nur die Abtrünnigen aus dem bisherigen Führungssextett meinen.
Denn neben Sommer und Schriftführerin Stefanie Wagner, die vor wenigen Wochen die Rücktrittswelle ins Rollen brachten, kehrten dieser Tage auch Beisitzer Mubin Gencoglan und dazu noch etliche frustrierte Gefolgsleute Schembera den Rücken. Der parteifreie Wolfgang Freundenberger etwa engagierte sich als hoffnungsvoller Neueinsteiger im Kommunalwahlkampf für die SPD und stand nach eigenem Bekunden kurz vor dem Parteieintritt; der komme ob tieferer Einsicht in die örtlichen Gegebenheiten nun nicht mehr für ihn in Frage, wie er erklärte.
Brauch man eigentlich noch einen Vorstand?
Parteiintern heißt es, dass noch eine ganze Reihe von Sozialdemokraten und Parteiunterstützern ebenfalls das Handtuch werfen wollen und Schembera künftig nicht mehr unterstützen. Die Vorwürfe an die Adresse der SPD-Frontfrau in der Marktgemeinde laufen dabei in immer die gleiche Richtung und so wird ihr unter anderem vorgeworfen, - intransparente - Entscheidungen im Alleingang zu treffen und die in vielen Fällen notwendigen Rücksprachen mit der Vorstandschaft einfach nicht zu halten. Und es habe bereits mehrere Fälle gegeben, wo sich Schembera über Beschlüsse der Partei in diktatorischer Art und Weise hinweggesetzt hätte. Sommer brachte es in einem geharnischten Schreiben an Schembera mit dem Satz auf den Punkt: "Da Du sowieso meistens alle Entscheidungen alleine triffst, brauchst Du eigentlich auch keinen Vorstand."
Parteiaustritte angekündigt
Eine für April anberaumte Mitgliederversammlung ist bereits geplatzt und wurde vorerst in den Monat Mai verschoben. Einige Enttäuschte, darunter Sommer, erwägen jetzt sogar den Parteiaustritt, falls sich in Reichertshofens oberster SPD-Führung nichts ändert. Gleichzeitig betont Sommer aber, selbst kein Interesse am 1. Vorsitz des Ortsvereins zu haben und womöglich irgendwelche Machtspielchen zu betreiben. Diese werden schon eher Schembera unterstellt. So weiß Freudenberger von einer Unterredung mit Schembera zu berichten, dass sie in Bezug auf die vergangene Kommunalwahl geäußert habe: "Das Ganze ist für mich nur ein Spiel." Wobei freilich die Frage offen bleibt, welche Art von Spiel damit gemeint war.
Zu den Vorwürfen aus den Reihen der Genossen und früheren Unterstützer will sich Schembera derzeit nicht äußern, erst nach dem 1. Mai. Auf Anfrage von Hallertau.info teilt die Ortsvereinsvorsitzende mit, dass sich am morgigen Mittwoch der erweiterte Vorstand des SPD-Ortsvereins zu einer Sitzung treffen werde, um das weitere Vorgehen zu besprechen. "Eine Mitgliederversammlung mit Vorstandswahlen wird voraussichtlich in der 21. Kalenderwoche stattfinden", so Schembera in der Mitteilung dazu.
Es geht bergab
Sommer betont, dass man im Ortsverein nicht mehr bereit sei, "etwas unter den Tisch zu kehren." Und den Trott der vergangenen Jahre wolle man so nicht mehr fortführen. Die frühere Vizechefin der Reichertshofener SPD spielt damit auch auf den kontinuierlichen Mitgliederschwund - derzeit sind es noch 33 - und die damit korrespondierend rückläufige Zahl an Wählerstimmen an. Während im Jahr 1984 noch 38,9 Prozent der Reichertshofener die SPD gewählt hatten sind es bei den jüngsten Wahlen nur noch 10,65 Prozent gewesen. Dies werten Sommer und Co. ebenfalls als Zeichen, dass mit der bisherigen Parteiarbeit etwas nicht stimmen kann und sie eigentlich schleunigst auf neuen Kurs gebracht werden müsste. Dann allerdings unter einem anderen Kapitän, wie sich versteht.
Kommentare
Einen Kommentar schreiben
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.