Nachtschicht im Ehrenamt
(Reichertshofen / Pfaffenhofen , rt)Dass jetzt nicht nur tagsüber, sondern auch nächtens Asylbewerber in den Aufnahmeorten ankommen, scheint künftig keine Ausnahme mehr zu sein. Zum Fall der am gestrigen Abend an der B13 von der Polizei angetroffenen Asylbewerber (wir berichteten) äußerte sich heute auf Nachfrage von Hallertau.info Karl Huber, Pressesprecher des Pfaffenhofener Landratsamtes, und Florian Schlämmer, der Sprecher der Regierung von Oberbayern. Offenbar gab es ein Kommunikationsproblem mit der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber in der Landeshauptstadt.
„Wir hoffen, dass das nicht zur Regel wird“, sagte Huber am heutigen Vormittag noch mit dem Schimmer einer gewissen Zuversicht über die nächtliche Ankunft der neun Asylbewerber. Nach dem bisherigen Kenntnisstand sind sie in München von Mitarbeitern der dortigen Erstaufnahmeeinrichtung erst am Abend in den Zug nach Reichertshofen gesetzt worden. Dort angekommen, wollten sie sich auf Verdacht wohl ihren weiteren Weg suchen. Passanten, die die Asylbewerber beobachtet hatten und denen ihr Verhalten offenbar ungewöhnlich vorkam, riefen die Polizei.
Polizei leistete Hilfe
Für Geisenfelds Polizeichef Norbert Bachmaier war der darauf folgende Einsatz seiner Beamten eine Hilfeleistung und deshalb sei er auch nicht näher dokumentiert worden. Jedenfalls standen die Polizeibeamten kurze Zeit später samt den Asylbewerbern vor den zunächst verschlossenen Türen der Unterkunft in der Marktgemeinde. Die Polizei habe die dienstlichen Mobilfunknummern der zuständigen Landkreismitarbeiter, die sie in so einem Fall informieren würden, so Bachmaier. Gestern jedenfalls waren die Mitarbeiter im Arbeitskreis Asyl - von den bereits in Reichertshofen wohnenden Asylbewerbern zur Hilfe gerufen - wohl schneller und riefen ihrerseits den für Sozialangelegenheiten verantwortlichen Landratsamtsmitarbeiter an, da dieser die Schlüssel für die belegbereiten Wohnungen hatte. Jener kam dann noch in der Nacht nach Reichertshofen und regelte zusammen mit den Arbeitskreis-Mitarbeitern die Unterbringung. „Die Mitarbeiter müssen dann auch mal in der Nacht raus“, sagte Huber. Gleichzeitig betonte der Landratsamtssprecher, wie wichtig die Unterstützung durch ehrenamtliche Helfer vor Ort sei: „Ohne die geht es nicht!“
Kommunikation nicht optimal gelaufen
Die Asylbewerber seien zwar bereits angekündigt gewesen, erklärte Huber, jedoch für den vergangenen Donnerstag. Da sollten sie tagsüber in Pfaffenhofen ankommen und mit einem vom Landratsamt organisierten Bus nach Reichertshofen in die dortige Unterkunft gebracht werden. Dies aber sei dann aber nicht geschehen. „Da gab es wohl eine Kommunikationspanne“, so Hubers Vermutung.
Wie es dazu kommen konnte, dass die neun Asylbewerber am Abend unangekündigt in den Zug gesetzt wurden, darüber wurde von Hallertau.info die Regierung von Oberbayern befragt. Deren Sprecher Florian Schlämmer teilte heute schriftlich dazu mit, dass Asylbewerber "im Regelfall von uns tatsächlich Fahrkarten bekommen." Von der Erstaufnahmeeinrichtung München würden täglich Asylbewerber nach ganz Südbayern weitergeleitet. "Jeden Asylbewerber, der die Erstaufnahmeeinrichtung verlässt, durch eigenes Personal zu begleiten, ist nicht leistbar und wäre aus unser Sicht zudem das falsche Signal" schreibt Schlämmer.
Mobile Asylbewerber
"Wir begegnen oft dem Vorurteil, dass Asylbewerber in Deutschland nicht alleine Zug fahren können. Bei aller Fürsorge dürfen wir die zu uns kommenden Menschen nicht unterschätzen." Ein Asylbewerber sei in der Regel vier bis sechs Wochen in der Erstaufnahmeeinrichtung München, bevor er an eine Unterkunft weitergeleitet werde. "Er benutzt während dieser Zeit in München wahrscheinlich mehrmals täglich die S- und U-Bahn, um Behördentermine wahrzunehmen, einzukaufen, Bekannte zu besuchen und so weiter."
Schlämmer führt dann weiter aus: "Vom Zuweisungsverfahren her läuft es so, dass wir das jeweilige Landratsamt über die anstehende Verlegung (Zuweisung) unterrichten. Die Asylbewerber werden von uns gebeten, sich zu einem bestimmten Termin beim Landratsamt einzufinden. Dort wird dann alles weitere geregelt."
Die Asylbewerber, deren Unterkunft in Reichertshofen vorgesehen war, sollten sich Schlämmers Worten zufolge ursprünglich tatsächlich bereits am Donnerstag, 23. Oktober, beim Landratsamt Pfaffenhofen melden. "Der Vollzug der Zuweisung hat sich dann aber verzögert, darüber wurde das Landratsamt wohl nicht mehr rechtzeitig von uns informiert."
Dann gibt der Sprecher der Regierung von Oberbayern zu: "Das sollte natürlich nicht passieren." Aber allein in der Erstaufnahme würden derzeit rund 4000 Asylbewerber an 16 Standorten betreut, "da ist es nicht auszuschließen, dass ein Mitarbeiter den – selbstverständlich sehr wichtigen – Anruf beim Landratsamt übersehen hat."
Dann ist die Nacht dahin
Schlämmer geht jedoch in seiner Stellungnahme, obgleich dazu befragt, mit keinem Wort darauf ein, dass die neun Asylbewerber in München so spät zum Zug gebracht worden waren, so dass sie folglich erst im Laufe der Nacht in Reichertshofen angekommen mussten.
Das lässt freilich den Schluss zu, dass es für derartige Aktionen offenbar kein bestimmtes Zeitfenster mehr gibt und nächtliche Wohnungseinweisungen künftig zum üblichen Zuweisungsverfahren gehören könnten. Ehrenamtlich für Asylbewerber engagierte Bürger wie jene in Reichertshofen dürften darüber nicht besonders erfreut sein - insbesondere dann nicht, wenn sie etwa berufsbedingt früh aus den Federn müssen.
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