Schüler inszenieren Canetti – verstörend interessant
(Wolnzach, hr)„Gedenke, dass du sterblich bist“, ein Satz den die gläubigen Katholiken kennen. Der Tod, ein allgegenwärtiges Phänomen. In einem verstörten Zukunftsszenario wagte die Theatergruppe der Q12 den Spagat zwischen Bestimmtheit und Ungewissheit.
Wann muss man sterben? Eine Frage, die vor allem Elias Canetti Zeit seines Lebens beschäftigte. „Er war dem Tod ein Todfeind“, so formulierte es Schulleiter Christian Heller, der selbst ein großer Bewunderer des bulgarischen Autors ist. Umso gespannter war er, wie die Schüler der Q12 dem Stück „Die Befristeten“, näherten.
In einer fiktiven Zukunft hat die Menschheit zumindest den Tod durch Krankheiten und Unfälle überwunden. Aber dieser Triumph wurde teuer erkauft. Schon bei der Geburt werden die Lebensjahre festgelegt und penibel in einem Kontrakt, der wie eine Art Religion über allem schwebt, festgehalten.
Was aber passiert, wenn dieser Kontrakt in Frage gestellt wird. „Fünfzig“ – brillant gespielt von Elan Pinar – stellt die Frage nach dem Warum und stellt so auch den Kontrakt und die gesellschaftliche Ordnung zur Diskussion. Schlaglichtartig wird dabei die Gesellschaft beleuchtet. Szenen aus dem Alltag, mitten aus dem Leben. Bilder, die aber auch unterschiedlicher kaum sein könnten. Verstörend fast die Emotionslosigkeit einer jungen Mutter, die gerade ihr Kind zu Grabe getragen hat. Eine Welt ohne Liebe, eine Welt ohne Emotion? In dieser Welt treffen nun mit Elan Pinar und Aleksander Bunk zwei Charaktere aufeinander, die unterschiedlicher kaum sein könnten.
„Fünfzig“ - neugierig, wissbegierig, ja lebensfroh, dem gegenüber der „Kapselan“ – kühl und immer an die Gesetze denkend. Beide brillierten, schaukelten sich gegenseitig hoch und ließen das Publikum in diese „verstörte Welt“ eintauchen. Während der „Kapselan“ die Ordnung zu beschützen versucht, wagt „Fünfzig“ den Weg ins Ungewisse. Doch ist dieser Weg wirklich der bessere? Nach der Öffnung der Kapseln stellt Pinar entsetzt fest, dass der ganze Kontrakt, der ganze Vertrag eine Lüge ist. Eine Neuigkeit, die sich wie ein Lauffeuer verbreitet. Revolution! Mit einem Mal war wieder alles anders. Das festgesetzte Lebensalter war Geschichte – doch damit kehrte auch die Gewalt in die Gesellschaft zurück. Ein Gewinn?
„Fünfzig“, der noch am Anfang so überzeugt von der Sache war, stand am Ende allein und würde am liebsten alles wieder ungeschehen machen, doch eine Revolution kann man nicht aufhalten, wenn sie begonnen hat. „Mad World“ dieser Song von REM, sagte am Ende mehr als tausend Worte.
„Es war ein wirklich sehr schweres Stück“, so Regisseur Michael Rank, der in diesem Zusammenhang auch betonte, dass der Wunsch dieses Stück zu spielen von den Schüler selbst kam. Ein Stück, das gerade in der heutigen Zeit aktueller denn je ist und das doch auch ein sehr nachdenkliches Publikum zurückließ. „Dieses Stück ist wirklich auf eine beklemmende Art und Weise aktuell“, so Schulleiter Christian Heller. Am Ende ernteten die jungen Schauspieler, auch oder vielleicht weil sie beim Publikum viele Fragen aufgeworfen haben, für eine perfekte Inszenierung einen großen Applaus.
„Uns hat dieses Stück wirklich sehr viel Spaß gemacht “, erklärt Elan Pinar. Und auch Regisseur Michael Rank war Stolz auf das Geleistete. „Es waren schwierige Proben, aber alle haben an einem Strang gezogen.“ Und so konnte sich das Publikum wieder einmal über einen Abend voller Kultur, voller Dramatik am Wolnzacher Gymnasium freuen.
Kommentare
Einen Kommentar schreiben
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.