Kampf gegen sexuelle Gewalt an Kindern
(Reichertshofen, rt)Schulleiterin Katharina Dollinger (2. v.l.) war überrascht vom großen Interesse der Eltern an dem Vortragsangebot der Polizei.
Knapp hundert Väter und Mütter kamen gestern zu einer Informationsveranstaltung des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord in die Grundschule Langenbruck, um sich über "Sexuelle Gewalt gegen Kinder - Wie schütze ich mein Kind" zu informieren. Eingeladen dazu hatte die Rektorin Katharina Dollinger, die mit dieser Auftaktveranstaltung für Eltern zusammen mit ihrem Kollegium die Thematik an den beiden Grundschulen Langenbruck und Pörnbach aufgreifen wird. Pfaffenhofens Schulamt ist der Ausweitung des Angebots auf Landkreisebene nicht abgeneigt.
Anlass zu dieser Initiative gab ein schon etwas länger zurückliegender Fall aus dem Gemeindebereich von Pörnbach, wo ein sogenannter Kinderansprecher sein Unwesen trieb (Hallertau.info wird auf diesen problematischen Personenkreis in einem späteren Beitrag eingehen). Silke Wirth, Beauftragte für Frauen und Kinder im Polizeipräsidium Oberbayern, stellte bereits eingangs ihres Vortrages klar, dass tatsächliche aber auch potentielle Täter aus allen Berufsgruppen und Bevölkerungsschichten kommen. "Meist aus dem sozialen Umfeld und ohne eine Altersbeschränkung."
Brave Kinder sind potenzielle Opferkinder
Die Kriminalhauptkommissarin präsentierte dazu die derzeit veröffentlichten Zahlen aus dem Jahr 2013 (die allerdings jährlich um diese hier angegebenen Werte schwanken), wonach es bayernweit 1.600 Fälle sexuellen Missbrauchs gegeben habe, die den Behörden bekannt geworden seien; 70 davon entfielen auf den Bereich der Kriminalpolizeiinspektion Ingolstadt. Die Aufklärungsquote in Bayern habe bei rund 87 Prozent gelegen.
Wirth betonte, dass grundsätzlich jedes Kind zum Opfer werden könne. Doch ein gesundes Selbstvertrauen der Kinder sei wichtig , um nicht überhaupt erst in eine Opferrolle zu geraten: "Brave Kinder sind leichtere Opfer als selbstbestimmte!" Ein Kind, das nie gelernt habe "Nein!" zu sagen, lasse Missbrauch fast immer ohne sich zur Wehr zu setzen über sich ergehen; es sei ein "bequemes" Opfer, da es nichts hinterfrage und meist widerspruchslos selbst unlautere Absichten hinnehmen.
Polizeiexpertin Silke Wirth (l.) und Puppenspielerin Beate Welsch hoffen mit Hilfe umfangreiche Aufklärung der Eltern und einem Theaterstück auf minimalster Bühne für die Erst- und Zweitklässler auf einen Rückgang sexuell motivierter Übergriffe auf Kinder.
Vertrauen aufbauen und bewahren
Die Empfehlungen der Expertin an die Eltern lauteten deshalb unter anderem, ein vertrauensvolles Verhältnis zu den Kindern aufzubauen, beziehungsweise zu erhalten, sie frühzeitig und altersgerecht zu informieren und eventuell vorhandene Ängste nicht noch zu verstärken. Ferner sollten die soziale Umgang und die Aufenthaltsorte der Kinder den Eltern immer bekannt sowie Pünktlichkeit selbstverständlich sein. Schon möglichst frühzeitig wissen sollten die Kinder ihren Namen, ihre Anschrift dazu die Telefonnummer ihres Zuhauses, und zwar auswendig. Insbesondere etwa auf der Schultasche aber auch darin hätten Adressangaben nichts verloren.
Langenbrucker und Pörnbacher Schulen als Vorreiter
Für die Erst- und Zweitklässler der beiden Schulen wird es am 5. März in Ergänzung zum gestrigen Elternabend eine kleine Theateraufführung von Beate Welsch geben. Die Puppenspielerin aus dem oberbayerischen Erding arbeitet eng mit dem Polizeipräsidium zusammen und hat ein Stück geschrieben, das vom "schönen und schlechten Geheimnis" handelt. Damit sollen die Kinder lernen, wie wichtig es ist, sich auch zu unangenehmen Dingen und Geschehnissen zu äußern und sie nicht in sich "hineinzufressen", so dass es - wie im Stück dargestellt - sogar auch noch zu Bauchschmerzen kommt. Das Schulkollegium wird nach jüngst erarbeiteten Konzepten, jeweils ausgerichtet auf die vier Jahrgangsstufen, in den kommenden Wochen die Thematik auch noch im Unterricht behandeln.
Ausweitung auf die Schulen des Landkreises
Auf Anfrage von Hallertau.info zeigte sich auch Josef Steinberger, stellvertretender Schulrat im Staatlichen Schulamt Pfaffenhofen, an dem Angebot des Polizeipräsidiums interessiert. Wenn das Interesse bei den jeweiligen Schulleitern ebenso vorhanden sei, so könne er es sich durchaus vorstellen, es Eltern und Schülern in den Grundschulen des gesamten Landkreis anzubieten.
Auch unsere Zeitung wird weiterhin an dem Thema dran bleiben und in unregelmäßigen Abständen davon berichten.
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