Hitzige Debatten beim Info-Abend zur Windkraftplanung
(Rohrbach, wk)
Im übervollen Saal des Alten Wirts war eigentlich alles beieinander, um eine Wutbürgerversammlung zu veranstalten: aufgebrachte Bürger vorwiegend aus den Ortsteilen Rohr, Rinnberg und Gambach, ein besonders lauter Widerspruchsführer, der dem ruhig agierenden Planer und der fachlich fundierte Juristin oft ins Wort fiel und Gemeinderäte, die zum Teil den Kopf schütteln mussten über die vorgebrachten Argumente verschiedener Bürger.
Dass es am Ende nicht so schlimm kam, war vor allem dem Vertreter des Planungsbüros, Dipl. Ing. (FH) Bernhard Bartsch, und der Pfaffenhofener Landratsamts-Juristin Alexandra Schönauer sowie schließlich Bürgermeister Peter Keck (SPD) zu verdanken, denen es am Ende der Veranstaltung gelang, einen Kompromissvorschlag zu machen, der den meisten Anwesenden zum Schluss wohl zusagte.
Angefangen hatte es bereits nach der letzten Gemeinderatssitzung im März, in der der Teilflächennutzungsplan des Landkreises zur Windkraftplanung behandelt und zustimmend zur Kenntnis genommen wurde. Schon während der Sitzung waren ungewöhnlich viele Zuhörer anwesend, die sich in der Sitzung nicht zu Wort melden konnten, sondern erst beim Verlassen des Sitzungssaales über die Entscheidung des Gemeinderates murrten. Danach müssen beim Bürgermeister, bei der Verwaltung und den Gemeinderäten viele Anfragen und Beschwerden eingegangen sein, die die Gemeinde veranlassten, eine öffentliche Informationssitzung einzuberufen, bei der vorwiegend Bürger aus den Ortsteilen Rohr, Rinnberg und Gambach eingeladen waren.
Der Saal war brechend voll, so dass viele Bürger sich noch Stühle von draußen holen mussten, um Platz zu finden. Der erste Stellvertreter des Bürgermeisters, Johann Wolf, eröffnete und leitete die Versammlung und ging auf widersprüchliche Äußerungen innerhalb der Bevölkerung ein und betonte, dass es nicht Absicht des Gemeinderates gewesen sei, etwas gegen die Bevölkerung „durchzuboxen“. Und er wies auf die Widerspruchsfristen hin, die einzuhalten seien.
Planer Bernhard Bartsch Windkraftgegner Ivan Wyberal
Planer Bernhard Bartsch informierte in seinem Sachvortrag über die Hintergründe und Ziele der Windkraftplanung, die gemeinsam von allen 19 Gemeinden des Landkreises im Rahmen eines Planungsverbandes mitgetragen wird. Im fiel lautstark der Widerspruchsführer Ivan Wyberal ins Wort, der innerhalb kurzer Zeit zusammen mit einigen Bürgern über 200 Unterschriften gegen die Windkraftplanung gesammelt hatte und verlangte, nicht erst den ganzen Vortrag anhören zu müssen, sondern die Möglichkeit zu bekommen, jederzeit mit Fragen zu unterbrechen. Dies wurde ihm und den Anwesenden durch Johann Wolf zugestanden. Planer Bartsch wies darauf hin, dass das Bundesbaugesetz bisher Windräder im Außenbereich generell zugelassen hatte (privilegierte Vorhaben) und dass Gemeinden eigentlich keine Handhabe gehabt hätten, dies zu verhindern. Durch den Berliner Koalitionsvertrag hatte Horst Seehofer erreicht, dass in einer Öffnungsklausel die Länder die Möglichkeit bekamen, hier eigene Regelungen zu treffen, was mit der H10-Regel dann ja auch gemacht wurde. Bevor diese Regel in Kraft trat, hatten sich die Gemeinden des Landkreises zu einem Planungsverband zusammengeschlossen, um eben den jetzt vorliegenden Teil-Flächennutzungsplan Windkraft zu erarbeiten, damit wenigstens ein Planungsinstrument gegen ausufernde Windräder (Verspargelung) bestehe. Gerichte hatten zuvor bereits viele gemeindliche Pläne gekippt, die nur dazu dienten, Windräder zu verhindern, da es keine Verhinderungsplanung geben dürfe. Das Verfahren zur Aufstellung der Pläne sei genau geregelt, auch die Beteiligung der Bevölkerung. Hier hakte wieder Ivan Wyberal ein und stellt die Beteiligung der Öffentlichkeit in Frage, da bei der ersten Auslegung nur 10 Widersprüche von Bürgern eingegangen seien, und das bei einer Bevölkerung von 120.000 in 19 Gemeinden. Nach seiner eigenständigen Interpretation vermutete er, dass die zweite Auslegung der Pläne bereits konkret Baurecht schaffe – er sprach dabei von einem „qualifizierten“ Flächennutzungsplan. Er forderte außerdem Auskunft, ob die 10H-Regelung für Rinnberg gelte. Bernhard Bartsch betonte, dass die 10H-Regelung auch für Rinnberg gelte, dass also ein Windrad zulässig sei, das mit dem Abstand der 10-fachen Höhe des Windrades ohne Problem gebaut werden könne. Und die zweite Auslegung des Flächennutzungsplanes schaffe kein Baurecht, unterstrich Juristin Alexandra Schönauer aus rechtlicher Sicht.
Juristin Alexandra Schönauer (Mitte) mit Planer B. Bartsch (li) und Johann Wolf (re)
Mit diesen Aussagen zeigte sich Wyberal nicht zufrieden, er bemängelte zusammen mit Stefan Maier aus Rohr, dass die Planung bei den Abständen zwischen reinen Wohngebieten (950 m) und Dorfgebieten (eigentlich Mischgebiete wegen landwirtschaftlicher Betriebe mit 650 m) unterscheide. Dies, so betonte Bartsch, sei rechtlich geboten, da es eben einen Unterschied gebe zwischen diesen Gebieten und in Mischgebieten allein schon wegen der Betriebe eine höhere Lärmbelästigung zulässig sei. Dies wiederum brachte die anwesenden Dorfbewohner zu Proteststürmen, sei es doch bei ihnen besonders ruhig, weshalb sich viele dort ihr Haus gebaut hätten. „Haben Sie bei ihrem Besuch in Rinnberg etwa Lärm gehört?“, so die aufgebrachte Frage von Ivan Wyberal. Doch um die rechtliche Regelung kämen sie nicht herum, auch wenn es subjektiv anders gesehen werde, so Bartsch, denn Windkraftanlagen dürften nach der TA Lärm näher an Mischgebiete heran als an reine Wohngebiete. Er wolle aber nicht abstreiten, dass Rinnberg durch diese Regelung stärker belastet sei als andere Wohngebiete.
der Windkraftplan um Rinnberg
die Planer hatten schon als Möglichkeit neben 650m auch 950m Radien eingezeichnet
Viele Anwesende bezweifelten außerdem, dass es im gesamten Landkreis nur ein großes Gebiet gebe, bei dem genügend Wind für Windkraftanlagen bestehe und dass diese größte Fläche ausgerechnet bei Rohrbach bzw. Rinnberg und Rohr sei. „Wind bläst überall, aber scheinbar nicht in Geisenfeld, Rohrbach, Wolnzach oder Pfaffenhofen, sondern nur dort, wo wenige Menschen in den Dörfern wohnen, die kaum protestieren und die man somit leicht über den Tisch ziehen kann“, so der Vorwurf eines Bürgers. Damit kamen natürlich Aversionen gegen den Hauptort Rohrbach zu Tage. Doch Bartschs Assistentin, Alexandra Speckner, erläuterte die Schritte der Planung, bei der alle Ausschließungsgründe schrittweise bearbeitet würden, angefangen vom Tier- und Naturschutz über Gewässerschutz bis hin zu militärischen Belangen oder Funk- und Radartrassen. Und die freien Restflächen seien dann auf ihre Tauglichkeit für Windkraftanlagen untersucht worden.
der Windkraftplan für Gambach
Da nicht nur die Rinnberger, sondern auch die Gambacher von einem Windkraftgebiet betroffen seien, wenn auch einem kleineren, kam auch aus diesem Gebiet Unmut auf, doch der größte Teil liegt auf Pörnbacher Flur. Auch hier wieder diese Angst, dass Windräder zu nahe an den Dorfrand kämen. Juristin Schönauer machte deutlich, dass es die Gemeinde in der Hand habe, über die Abstände zu entscheiden, doch das könne nur erfolgen aufgrund eines Bebauungsplanes, der auf einem Flächennutzungsplan beruht. Planer Bernhard Bartsch wies noch einmal mit aller Deutlichkeit darauf hin, dass die Aufstellung des Flächennutzungsplan für Windkraft notwendig sei, da im schlimmsten Fall damit zu rechnen sei, dass die 10H-Rgel vom Verwaltungsgerichtshof gekippt werden könnte da bereits Klagen vorliegen würden. Sollten dann keine Planungen vor Ort bestehen, könnten nach den alten Regeln des Baugesetzes wieder privilegierte Windräder im Außenbereich gebaut werden, ohne dass die Gemeinde etwas dagegen einwenden könnte. Und dann in kurzer Zeit nach Wegfall der H10-Regel erst Pläne zu erstellen, weise auf eine Verhinderungsplanung hin und sei andererseits in so kurzer Zeit gar nicht zu realisieren.
Bürgermeister Peter Keck, der von einem anderen Termin zurückkam, griff in die Debatte ein und wies darauf hin, dass die Bürger noch die Möglichkeit hätten, bis einschließlich 10. April ihren Widerspruch schriftlich vorzubringen und dass der Gemeinderat sich in seiner Sitzung am 14. April damit befassen werde. Außerdem wies er den Vorwurf der zu späten Information zurück, da alle Schritte öffentlich bekannt gemacht wurden und der Gemeinde kein Vorwurf wegen fehlender Information gemacht werden könne. Er versprach aber, dass der Gemeinderat die Interessen der Bürger vertreten werde, auch wenn Rohrbach im Planungsverband Windkraft nur zwei Stimmen hätte. Und Juristin Alexandra Schönauer wies noch einmal darauf hin, dass, wenn die Gemeinde keinen Bebauungsplan für Windkraft erstelle, auch nichts gegen die Gemeinde geplant werden könne. Doch auch sie verwies noch einmal auf das Risiko, dass die 10H-Regel vor Gericht kippen könne.
Den ruhigen Abschluss der aufgewühlten Versammlung brachte dann Bürgermeister Keck mit seinem Vorschlag, dass der Gemeinderat grundsätzlich entscheiden würde, dass ein Windrad mindestens 1.000 Meter von der Wohnbebauung entfernt sein müsste. Dieser Grundsatz könne dann in einen späteren Bebauungsplan einfließen, auch wenn dadurch die Entfernungen des Flächennutzungsplans in seinem jetzigen Zustand wohl nicht geändert werden könnten. Das reichte einigen Bürgern natürlich noch nicht ganz, sie wollten gleichzeitig die Anzahl und Höhe der Windräder in diesen Grundsatzbeschluss einbezogen wissen. Doch hier stoppte Keck, denn erst wolle er sich noch einmal mit Experten unterhalten und dann nichts unterschreiben, was rechtlich nicht zulässig sei.
Kommentare
Einen Kommentar schreiben
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.