Moschee-Eröffnung mit rechtsradikalem Intermezzo
(Pfaffenhofen, wk/msk)
Sehr friedlich ging es zu bei der Eröffnung der Moschee an der Hohenwarter Straße in Pfaffenhofen. Mehr als 500 türkische und deutsche Gäste saßen bei heißem Sommerwetter friedlich draußen unter den Zeltdächern. Türkische Mitbürger erläuterten die Innenräume und Einrichtungen, während sich anfangs eine Handvoll Rechtsradikaler gut 200 Meter entfernt auf einem Schotterplatz sammelte, überwacht von einer Vielzahl Polizisten.
Nach Jahren der Planung steht sie nun endlich, die Moschee in Pfaffenhofen. Kein umgestalteter Zweckbau, keine engen Kellerräume, in denen nicht alle Gemeindemitglieder Platz finden. Seit 2005 arbeitet die türkisch-muslimische Gemeinde an einem eigenen, sinnvoll geplanten Gotteshaus und vor zwei Jahren erfolgte dann endlich der Spatenstich. Zur heutigen Eröffnung fanden sich entsprechend nicht nur türkische Pfaffenhofener ein, sondern auch hunderte interessierte und engagierte nicht-muslimische Bürger.
Diese konnten bereits ab 9:30 auf dem Markt ein T-Shirt, Cap oder Aufkleber mit dem Slogan "Pfaffenhofen ist bunt" erwerben. Die Aktion zielte vor allem als Reaktion auf die angekündigte Demo gegen die Moschee ab. Bereits nach zwanzig Minuten waren am Stand fast alle Shirts verkauft.
Viele der Käufer hatten selbst noch nie an einer Demo teilgenommen, ließen es sich aber nicht nehmen, in ihrer eigenen Stadt ein Zeichen zu setzen. Entsprechend gingen die wenigen Rechtsradikalen abseits vom Geschehen unter angesichts der vielen gutgelaunten Besucher. Der Platz vor der Moschee glich beinahe einer Dult - wer die Moschee endlich sehen wollte, konnte einen Rundgang machen, sich den außergewöhnlich schönen Gebetsraum ansehen, und sich dann draußen verköstigen lassen und unterhalten. Von der Demonstration bekam man vor der Moschee nichts mit.
Während der Eröffnungszeremonie in den frühen Nachmittagsstunden hatten sich wohl knapp 20 Rechtsradikale zusammengefunden und der Anführer der Mini-Partei „Freiheit“ verbreitete seine Hasstiraden über Megaphon, wobei sich die Gegner auf der Gegenseite der Straße fragten, für wen er denn diese Rede wohl hielt. Sie nutzten aber ihre Präsenz, um die Tiraden durch Pfiffe und lautstarke Parolen wie „Pfaffenhofen ist bunt“, „die Welt ist bunt“ zu stören. Vorbeifahrende Autos wurden bejubelt, wenn sie den Sprecher durch lautstarkes Hupen übertönten.
Hetzparolen für wenige Gegendemonstranten
Das Polizeiaufgebot war dennoch enorm. Sowohl weit vor und hinter der Moschee standen Wagen der Polizei und sehr viele Beamte in der brütenden Hitze, um die Gruppen im Notfall auseinander zu halten, doch die Gegendemonstranten hatten es sich ohnehin auf dem Fußweg und dem Hang gemütlich gemacht. Arbeit im Sinne einer Polizeiaktion gab es in Pfaffenhofen insofern nicht. Selbst, als eine einzelne Hausfrau aus München sich mit ihrem Protestplakat unter die Gruppe der Gegendemonstranten beim MAWA-Gebäude mischte, sorgte die Polizei nur dafür, dass der Fußweg frei blieb. Die Frau aus München, die bereits während des Wochenmarktes ihr Plakat hochgehalten hatte, zog sich später aufgrund des lauten Protestes der Gegendemonstranten zurück, verteidigte ihre Anwesenheit aber mit ihrem Recht auf Demokratie. Sie bestätigte aber insofern, was viele Pfaffenhofener schon im Vorfeld geahnt hatten: dass die wenigen Radikalen zum Großteil keine Ortsansässigen, sondern von außerhalb hergekommen waren.
Unterdessen bestaunten viele Besucher die Moschee von innen. Im Erdgeschoss befindet sich zukünftig ein Bildungszentrum, das auch später von der Volkshochschule genutzt werden soll mit einem Saal, der gut 200 Personen fasst. Die eigentliche Moschee, oder der Gebetsraum, liegt dagegen im ersten Stock, den man auch von außen über einen Aufgang erreichen und in den man aufgrund der bodenlangen Fenster hineinschauen kann. Der Gebetsraum ist eine beeindruckende Mischung aus moderner Klarheit und traditioneller Ornamentik geworden. Der Nischenmihrab kombiniert das sanfte, helle Grau des Marmors mit einem sehr aufwändigen, aus einem Stück gemeißelten traditionellen Muqarnasgewölbe. Die gleiche Sorgfalt und Liebe zum Detail zeigt sich auch in den türkischen Ornamenten an den weißen Wänden und in der Kuppel.
Befürchtet man im bayrischen Raum oft zurecht schmucklose, funktionale Gotteshäuser, wenn sie neu gebaut werden, hat die türkische Gemeinde alle Hebel in Bewegung gesetzt, um ein ästhetisch ansprechendes Gebäude aufzustellen. So waren viele Besucher gerade von den prächtigen Türen und Holzarbeiten in beispielsweise der Minbar (der Kanzel) sehr beeindruckt. Durch die hohen Fenster wird der ganze Raum von allen Seiten stets vom Licht durchflutet. Transparenz ist in mehrerer Hinsicht für die türkische Gemeinde oberes Ziel, sie wollen sich und ihren Glauben nicht verstecken. Das friedliche Miteinander von Muslimen und Deutschen liegt der Gemeinde sehr am Herzen, wie Vereinsvorsitzender Recep Bal bei der Begrüßung der Besucher immer wieder betonte.
Bürgermeister-Riege mit MdL Claudia Stamm Landrat mit Gattin und Konsulatsvertreter
Die offizielle Eröffnung fand dann wie geplant gegen 13.30 Uhr im großen Saal mit allen Ehrengästen und sehr vielen Besuchern statt. Damit auch die deutschen Besucher verstehen konnten, was bei den teilweise türkischen Begrüßungsworten gesagt wurde, fungierte eine junge Frau als Dolmetscherin, die neben der türkischen und deutschen Sprache auch den bayrischen Dialekt beherrscht, wie sich im Gespräch herausstellte. Der Vereinsvorsitzende der türkischen Gemeinde, Recep Bal, begrüßte unter den Gästen Bürgermeister Thomas Herker, 2. und 3. Bürgermeister Albert Gürtner und Roland Dörfler sowie Landrat Martin Wolf und Gattin sowie den Vertreter des türkischen Konsulats, Selcuk Eke und den Generalsekretär der DITIP-Vereinigung Bayern; außerdem waren unter anderen anwesend der katholische Pfarrer Peter Wagner, der Vertreter der evangelischen Kirche für interreligiösen Dialog, der katholische Pastoralreferent für christlich-islamischen Dialog. Sie alle wiesen in ihren Begrüßungsreden auf das friedliche Miteinander der Religionen hin.
Recep Bal
Recep Bal beleuchtete die Geschichte des Türkischen Vereins in Pfaffenhofen und die Entstehung der Moschee von der ersten Idee 2005 bis zum Neubau und dankte allen, die an Planung und Bau der Moschee beteiligt waren. In der Form wäre die Moschee niemals realisierbar gewesen, wenn nicht die ganze Gemeinde mit unglaublich viel Eigenleistung mitgeholfen hätte. So konnte der Bau für 1,3 Mio.€ (davon 500.000€ gesammelte Spenden) aufgestellt werden - ohne die Mithilfe läge der Preis fast dreimal so hoch.
Landrat Wolf und Bürgermeister Herker überreichen Gastgeschenke
Landrat Wolf bezeichnete die Moschee als Kulturzentrum und als einen Beitrag zur Integration und hofft, dass auch in moslemischen Ländern die Toleranz vorhanden ist, Gotteshäuser anderer Religionen zu akzeptieren, die gegen Gewalt, für Friedensliebe und Friedenserziehung stehen. „Die neue Moschee soll ein Motor der Integration und nicht der Spaltung werden“. Als Geschenk überreichte er das Landkreiswappen und für die beiden Vorsitzenden des Religionsvereins je eine Landkreis-Armbanduhr und zollte den Verantwortlichen "großen Respekt zu diesem großartigen Bau".
Bürgermeister Herker betonte verschmitzt, dass er sich freue, lebend vor den Besuchern zu stehen, da ihm und seinem Stellvertreter Roland Dörfler ja per Internet Morddrohungen zugegangen waren, die deutschlandweit Schlagzeilen gemacht hatten. Er gab einen geschichtlichen Rückblich auf die Tradition der Pfaffenhofener zur Integration, angefangen von den Pfaffen, die sich zur Bekehrung der Bevölkerung in frühen christlichen Jahren in Pfaffenhofen niedergelassen hatten, über den ersten evangelischen Bürger, über die Kriegsflüchtlinge bis hin zum ersten Türken, der 1953 in der Zeitung begrüßt wurde – ein Ingenieur, der in Pfaffenhofen ein Praktikum machte. „Religionsfreiheit ist bei uns ein hohes Gut", und die Moschee "ein Schmuckstück für Pfaffenhofen", betonte er zum Schluss seiner Rede. "Ihr seid Pfaffenhofener und das wird bald unsere Pfaffenhofener Moschee sein."
Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche
Die Vertreter der christlichen Kirchen gingen bei ihren Grußworten auf die Demonstration des Glaubens gerade zu Fronleichnam und den gemeinsamen Gott für alle Religionen sowie den christlich-islamischen Dialog ein. Der katholische Pastoralreferent Dr. Steinbichler überreichte dem Vorsitzenden Recep Bal sowie zwei aktiven Vereinsmitgliedern ein Lexikon über die „Grundbegriffe des Christentums und Islams“, aus dem ersichtlich ist, welche vielen Gemeinsamkeiten die großen Glaubensgemeinschaften haben. Gesondert wies er auf die vielen Freundschaften hin, die in der Planungszeit entstanden und mittlerweile selbstverständlich sind.
Der Vertreter des türkischen Generalkonsulats, Selcuk Eke, der als Erster ganz besonders die anwesenden Kinder begrüßte, freute sich, dass Pfaffenhofen sogar noch bunter als München sei, nachdem er gesehen hatte, welche friedliche Nachbarschaft die Pfaffenhofener mit ihren türkischen Mitbürgern pflegen und wie groß die Beteiligung der Gegendemonstranten war.
Nach den Reden und dem Überreichen der Dankesplaketten wurde offiziell das rote Band durchschnitten und die Moschee als eröffnet erklärt. Die Moschee stellt sich damit in eine Reihe sehr seltener und exklusiver Gebäude in Deutschland. Trotz der hohen Zahl (türkisch-)muslimischer Deutscher gibt es nur sehr wenige Moscheen im Land, die auch als Gotteshäuser konzipiert wurden und nicht nur umfunktionierte Mehrzweckhallen sind. In Pfaffenhofen geht man also mit gutem Beispiel voran. Stadt, Landtag, Ditib und die türkisch-muslimische Gemeinde arbeiteten konstruktiv zusammen an einem gemeinsamen Ort des Glaubens und des Kennenlernens. Rein architektonisch ist das Gebäude gelungen und eine Bereicherung für das Stadtbild. Inhaltlich aber steht es für das, was den heutigen Rednern und jedem vernünftigen Bürger klar ist: Im Rahmen der Grundgesetze und der Verfassung sollte jeder Mensch ganz selbstverständlich einen Platz zur Ausübung seinen Glaubens und seiner Kultur finden. Die türkischen Pfaffenhofener haben die Stadt bereits durch ihre Kultur bereichert - jetzt haben sie einen Ort geschaffen, an dem auch ein Austausch des Glaubens möglich ist.
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