Friedhof bestes Pilzrevier
(Pfaffenhofen, rt)Zufällig im Wald angetroffene Sammler zeigen ihre Pilzausbeute.
In jedem Jahr wachsen nicht nur die Pilze, es werden auch deren Sammler mehr. Doch mit der sprießenden Leidenschaft steigt auch die Zahl jener, die sich nicht so gut auskennen mit den vielen verschiedenen Pilzarten. Grund genug für die Ortsgruppe Pfaffenhofen-Hettenshausen-Ilmmünster des Bund Naturschutzes (BN), zur Pilzexkursion mit einem Fachmann einzuladen.
Grundsätzlich sollte man Pilze kühl und luftig lagern. „Eine Plastiktüte als Sammelbehälter geht gar nicht“, stellte Pilzexperte Bernhard Scholz gleich anfangs klar. Die entsprechenden Sammelkörbe hatten die mehr als zwanzig Teilnehmer zwar überwiegend mitgebracht, doch war schon von vorneherein klar, dass sich die Ausbeute wegen des trockenen Sommers in engen Grenzen halten wird. Scholz war trotzdem guten Mutes und führte dieser Tage die Gruppe ins Schleiferholz am westlichen Stadtrand von Pfaffenhofen. So makaber es klinge, „eigentlich ist ja der Friedhof das beste Pilzrevier“, meinte Scholz und spielte dabei auf die Lebensgemeinschaft der Schwammerl mit den Bäumen an, in der jeder vom anderen profitiert.
Sogenannte Mykorrhiza-Pilze und Bäume stünden in einem engen Abhängigkeitsverhältnis zueinander. Der Pilz hilft dem Baum in dieser Partnerschaft Partner bei der Wasser- und Nährstoffaufnahme aus dem Boden und bei der Produktion von Hormonen, zudem wehrt er Krankheitserreger ab. Als Gegenleistung für seine Wohltaten liefert der Baum dem Pilz mit Zucker oder Kohlehydraten Produkte aus der Fotosynthese.
Maximilian freut sich über seine erste Krause Glucke die auch Fette Henne genannt wird. Sie ist eine parasitische Pilzart.
Tausende Pilzarten seien bekannt, erläuterte Scholz, der sich seit seiner Jugendzeit mit ihnen beschäftigt. Viele von ihnen erinnern uns noch heute, 30 Jahre nach der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl, an radioaktiv belastete Böden. „Bei einem nahe Ilmmünster im vergangenen Dezember gefundenen Semmelstoppelpilz wurden 800 Becquerel gemessen.“ Scholz verzichtete dann auf die Zubereitung. Von der Europäischen Union ist für die Verkehrsfähigkeit von Lebensmitteln ein Radioaktivitätsgrenzwert von 600 Becquerel radioaktives Cäsium-137 pro Kilogramm vorgegeben, der nicht überschritten werden darf. Dieser Grenzwert gilt allerdings nur für den grenzüberschreitenden Handel. Er wird in Deutschland aber auch allgemein angewendet. Der Pilzexperte sieht jedoch prinzipiell keine große Gefahr durch Radioaktivität sofern nicht regelmäßig größere Mengen an Pilzen gegessen werden.
Von Scholz gab es viele praktische Tipps zum Sammeln und Verwerten der begehrten Fruchtkörper. So könne etwa der Madenbefall eines Rotfußröhrlings durch beiderseitiges andrücken seines Hute feststellen. Bleibe er fest, seien mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Maden drin. Ansonsten könne man den Pilz auch einmal der Länge nach aufzuschneiden, um zu sehen, ob er von Maden befallen sei. Scholz empfiehlt, den Pilz nicht am Boden abzuschneiden sondern ihn herauszudrehen und dann von allen Seiten zu begutachten. So ist eine einfachere Bestimmung möglich und die oft unterirdischen Knollen könnten zur Unterscheidung von giftigen und ungiftigen Arten beitragen. Vorsicht ist in jedem Fall geboten, denn selbst Experten können sich nicht immer sicher sein, auch einmal an einen Giftpilz zu geraten. Die ersten Male sollte der Sammler seine Pilze bei einer Beratungsstelle begutachten lassen. BN-Ortsgruppenvorsitzende Christine Janicher-Buska bedauerte in diesem Zusammenhang, dass es entgegen anderer bayerischer Regionen beim Pfaffenhofener Landratsamt keine Pilzberatungsstelle gibt. Doch diese wolle sie gelegentlich wieder anregen, merkte sie an.
Was im Notfall zu tun ist:
Bei einem akuten Vergiftungsverdacht ist der Rettungsdienst oder Notarzt unter der Rufnummer 112 anzufordern. Beim Klinikum rechts der Isar in München gibt es einen so genannten Giftnotruf unter der Rufnummer (089) 19 240 der rund um die Uhr den Anrufern beratend zu Seite Steht. Wichtig ist im Zweifelsfall, alle Pilzreste, egal ob aus dem Müll oder eventuell Erbrochenen, für den Arzt zur weiteren Untersuchung aufzubewahren.
Typische Symptome für eine Vergiftung sind Durchfall und Erbrechen. Pilze mit Nervengift, wie etwa der Pantherpilz, lösen Herzrasen und Krämpfe aus. Tückisch ist eine Vergiftung mit dem Grünen Knollenblätterpilz, denn diese beginnt mit Magen-Darm-Symptomen, die aber bald wieder abklingen. Erst Tage später hat der Betroffene dann eine Lebervergiftung.
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