Der das Klavier nicht schont
(Pfaffenhofen, rs)"Der Mann braucht ja richtig Muskelkraft, so wie der das Klavier bearbeitet", zeigte sich eine Besucherin begeistert, die ganz offensichtlich zum ersten Mal ein Christian Willisohn-Konzert besuchte. Nun, das ist neben seiner Reibeisenstimme sicher eines seiner Erkennungszeichen: die Finger hauen in die Tasten, die Füße treten die Pedale und das als Hocker herhaltende Schaf muss all die Rhythmen aushalten, die von diesem Blues & Boogie Woogie Meister ausgehen.
"Solo" hieß es wieder einmal am Vorabend des Tages der Deutschen Einheit im Pfaffenhofener Rathaussaal; zum 5. Mal bereits hatte Christian Willisohn sich diesen Termin reserviert, um die Musikfreunde aus der Kreisstadt in seine musikalische Welt mitzunehmen. Gut, bisher hieß "Solo" niemals allein, es waren bei all den Vorgänger-Konzerten jedes Mal Überraschungsgäste im Saal, die den Rohrbacher bei seinem Auftritt unterstützten. Geplant sei dies wohl auch heuer gewesen, nur sei der Gast leider krank geworden, hieß es hinter der Bühne. Wer es denn gewesen wäre? Das bliebe ein Geheimnis, vielleicht gibt es ihn oder sie ja nächstes Jahr als Überraschung. Soweit die Mutmaßungen und Spekulationen.
Was sich jedoch auf der Bühne auftat, das war weit weg von Mutmaßungen; das war Rhythmus pur in Blues und Boogie Woogie, manchmal auch in Rock'n'Roll-Klassikern. Nicht ausverkauft war der Rathaussaal dieses Jahr, aber gut gefüllt. Und die, die dort waren, wurden eingebunden. Wenn Willisohn sich in seinen Improvisationen treiben ließ, dann wippten die Füße und wackelten die Köpfe - im Takt, versteht sich. Wurde es nachvollziehbarer, dann hieß es: mitsingen! Die Reibeisenstimme dort oben brauchte ihren Kontrast in Form eines - sagen wir mal - Gospel-Chors. Bei "Will the cyrcle be unbroken" etwa oder auch in der Zugabe "I Believe". Aber auch die Willisohn-Klassiker wie "Walk the Dog" fanden ihre stimmgewaltige Unterstützung im Publikum.
Und wenn sich der Mann am Klavier so richtig in seinen Rhythmen ausgetobt hatte, dann bewies er eindrucksvoll, dass er auch eine ganz andere musikalische Seite hat. Einfühlsam, melodiös und sanft wie bei Elton John's "Your Song" ... da wurde es ganz leise im Saal und das Publikum schien in Träume zu entgleiten. Um aber schnell wieder zurückgeholt zu werden; wer meint, "Hey Pippi Langstrumpf" sei 'nur' ein Kinderlied, der kennt die Willisohn-Version nicht. Intonieren - improvisieren - zurückkommen zum Thema; und das in der - wie man vor 20 Jahren gesagt hätte - Maxisingle-Version.
Wieder einmal hat Christian Willisohn bewiesen, weshalb er in der Szene international einer der ganz Großen ist. Musikalische Vielfalt, Virtuosität am Klavier, Improvisationstalent und eine Wahnsinnsstimme machen jedes seiner Konzerte zu einem Erlebnis, das dermaßen intensiv ist, dass es nicht nur dem Künstler alles abverlangt. Auf ein Neues, am 2. Oktober 2016?
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