Die "Mutter Theresa" vom Hasenbergl
(Fahlenbach, wk)
Jeder kennt die indische Mutter Theresa als alte, kleine, gebeugte Frau, wie sie auf Fotos und in Filmen die letzten Jahre vor ihrem Tod in der Öffentlichkeit auftrat – so sieht Johanna Hofmeir, Sozialpädagogin, nicht aus, sondern sie ist eine junge Frau mit viel Engagement, die im Münchener Wohngebiet Hasenbergl eine Betreuungseinrichtung für Kinder und Jugendliche leitet.
Johanna Hofmeir wuchs in Fahlenbach auf, lernte den Beruf Erzieherin, machte im Kindergarten Rohrbach ihr Praktikum und studierte später Sozialpädagogik. Vor über 20 Jahren kam sie in die Kindertagesstätte am Hasenbergl und sah dort die große Not, die dort herrschte.Bei einer Veranstaltung des Verbandes der Landfrauen unter dem Titel „Eine Frau sieht Not“ berichtete sie im Sportheim über ihre Erfahrungen und Erfolge sowie die Entwicklung der Einrichtung „Lichtblick“, die sie aufgebaut und mit ihrem Team ausgebaut hatte. Und bei ihrem Vortrag, der von einer Intensität und Kraft geprägt war, dass die Zuhörer in ihren Bann gezogen waren, konnte sie plastisch die dort herrschenden Zustände eines sozialen Brennpunktes vermitteln, dabei sah das Viertel früher noch schlimmer aus, als es heute ist. Dort leben immer noch viele Familien in engsten Verhältnissen, teilweise 13 Personen in einer 3-Zimmer-Wohnung, sind teilweise seit Generationen arbeitslos, leben von Hartz IV und haben nie den Absprung aus dem Abseits geschafft. Die Kinder, die dort aufwachsen haben sehr häufig Entwicklungsstörungen, werden von ihren Eltern nicht ausreichend unterstützt und landen vielzählig in einer Förderschule, obwohl viele von ihnen sicher intelligent sind. Das dürfte kein Wunder sein, weil sich die Mütter schon nicht richtig um ihre Babys kümmern – das Gehirn hat bei den geringen Lernanreizen zu Hause keine Entwicklungsmöglichkeit und verkümmert schon in den ersten Jahren. Und da die Eltern selbst ein niedriges Bildungsniveau besitzen, ist von dort keine Hilfe zu erwarten. Die beengten Wohnverhältnisse und gesamten Umstände führen bei den Eltern häufig zu psychischen Krankheiten, Depressionen, Streitigkeiten zwischen den Eltern – kein gutes Umfeld für das Aufwachsen von Kindern. Das einzige Statussymbol scheint nur der Großbildfernseher zu sein.
In der Kindertagesstätte „Lichtblick“ befassen sich die Betreuerinnen intensiv mit den Kindern, die in anderen Kindertagesstätten trotz qualifiziertem Personal bei den großen Gruppen untergehen würden. Doch im „Lichtblick“ versuchen die Erzieherinnen die Entwicklungsdefizite aufzuarbeiten und das Versäumte nachzuholen. Sie bringen ihnen teilweise die einfachsten Regeln bei, die sie normalerweise innerhalb ihrer Familie erlernen würden. Die Kinder werden im „Lichtblick“ auf den Schulbesuch vorbereitet, begleitet und bis zum Schulabschluss unterstützt. Aber auch für die Zeit danach, bei der Berufsausbildung, werden die Jugendlichen weiterhin begleitet. Die Erfolge geben Johanna Hofmeir Recht, denn inzwischen ist der Anteil der Kinder bei den Förderschulen deutlich zurückgegangen. Waren 2014/15 noch 33 Prozent der Grundschulkinder in der Förderschule, so hat sich ab der 5. Klasse der Anteil auf 2 Prozent reduziert; 51 Prozent besuchten den M-Zug oder die Realschule und 47 Prozent die Mittelschule.
Und da die Eltern merkten, dass ihren Kindern im „Lichtblick“ geholfen wird, bitten sie nun selbst immer häufiger um Unterstützung für sich und deshalb gibt es seit einiger Zeit für sie eine Elternschule. Und der Traum von Johanna Hofmeir ist der Bau eines Mütterzentrums. Sie ist eine Frau, die trotz der bisherigen schwierigen, aufreibenden Arbeit immer noch Träume hat und die Verwirklichung des „Lichtblicks“ wäre ohne ihren Traum, ohne ihre Power und Zielstrebigkeit in den letzten 20 Jahren nie verwirklicht worden. Ihr Projekt hat schon viele Nachahmer gefunden, war bereits schon Musterfall für das Familienministerium und brachte Johanna Hofmeir eine große Spende von IKEA für die Einrichtung ein (wir berichteten bereits). Selbst der kleine Spendenkorb, der von den Landfrauen herumgereicht wurde, füllte sich zusehends schnell. Und dass sie für ihren Vortrag sogar noch ein Honorar bekam, freute sie besonders und sie spendete das Geld ebenfalls. Eigentlich ist sie weniger eine Mutter Theresa, sondern für viele ihrer Schützlinge eher die „Heilige Johanna vom Hasenbergl“, das wäre dann keine Übertreibung.
Johanna Hofmeir mit Christine Schwarzmeier, Vorsitzende der Landfrauen
Kommentare
Einen Kommentar schreiben
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.