Nach den Ausschreitungen in Rockolding
(Pfaffenhofen, rt)Kürzlich gab es im Vohburger Ortsteil Rockolding wegen einer Bagatelle eine Auseinandersetzung zwischen Asylbewerbern aus Syrien und Afghanistan, die am Ende 15 Verletzte forderte. Dies führte zu heftigen Diskussionen bei den Anwohnern aber auch bei der Bevölkerung des Landkreises über die regionale Unterbringung von Flüchtlingen. Unsere Zeitung nahm dies zum Anlass, bei den Vorsitzenden der im Pfaffenhofener Kreistag vertretenen Parteien nachzufragen, wie sie die gegenwärtige Situation beurteilen.
In der Rockoldinger Unterkunft geht es so wie in etlichen weiteren mehr oder weniger beengt zu: Stockbett steht an Stockbett. Die dort aufgestellten drei winterfesten Zelte sind für insgesamt 160 Personen ausgelegt. Privatsphäre - gibt es keine. Nachdem dort am vergangenen Donnerstag 47 Asylbewerber aus Afghanistan angekommen waren, kam es offenbar wegen einer entzündeten Zigarette zum Streit mit den bereits dort untergebrachten 70 Asylbewerbern aus Syrien. Bis zu 30 Männer, unter anderem bewaffnet mit Eisenstangen, sind in der Folge aufeinander losgegangen. Die Polizei ermittelt gerade wegen gefährlicher Körperverletzung.
Der amtierende Landrat Anton Westner (CSU) verurteilte den Vorfall kurz darauf aufs Schärfste: „Ein derart aggressives Verhalten der Asylbewerber ist nicht zu akzeptieren. Trotz der sicher nicht einfachen Umstände, unter denen die Asylbewerber in Rockolding untergebracht sind, werden die lebensnotwendigen Bedürfnisse befriedigt: Sicherheit, Essen, ein Schlafplatz, ein warmes Dach über dem Kopf und damit die Möglichkeit, das Asylverfahren in Deutschland zu durchlaufen.“ Eine anderweitige Unterbringung im Landkreis sei nicht mehr möglich.
„Angesichts der teilweise lebensbedrohlichen Situation in den Heimatländern und den dramatischen Umständen, die zu Flucht führten, können wir erwarten, dass sich die Asylbewerber hier bei uns, mit der Unterbringungssituation, die uns möglich ist, arrangieren und die Regeln des zwischenmenschlichen Umgangs beachten.“
Unsere Zeitung wollte vor diesem Hintergrund von den Vorsitzenden der im Pfaffenhofener Kreistag vertretenen Parteien wissen, welche grundsätzlichen Ursachen sie für Vorfälle dieser Art sehen und was im Kreis unternommen werden könnte, um derartige Situationen schon im Vorfeld zu vermeiden.
Hallertau.info gibt die teils recht umfangreichen Antworten hier in Auszügen wieder:
AUL
Christian Staudter, Fraktionssprecher der AUL-Kreistagsfraktion und Bürgermeister der Stadt Geisenfeld, sagt, dass in Asylbewerberunterkünften oftmals zu viele Menschen auf engstem Raum zusammen leben müssten und dadurch zu wenig persönlicher Rückzugsraum bleibe. Zudem könne kaum oder überhaupt kein Einfluss auf die ethnische Zusammensetzung der Gruppen genommen werden. „Eine Aufstockung des Sicherheitspersonals könnte vielleicht im Ansatz einen größeren Konflikt verhindern helfen, und das konsequente Entfernen der Störenfriede aus der Einrichtung. Jedoch wird es immer wieder aus oben genannten Gründen zu persönlichen Auseinandersetzungen schon aus relativ geringen Anlässen kommen“, so die Ansicht Staudters. Dies zeigten auch die Erfahrungen in Geisenfeld.
„Bei diesen Umständen wäre das unter Deutschen auch nicht anders. Solange sich diese Konflikte innerhalb der Einrichtung regeln lassen, ist das noch einigermaßen hinnehmbar. Sollten sich diese Vorfälle jedoch außerhalb der Unterkünfte ein Ventil suchen und auf unbeteiligte Personen übergreifen, ist sofortiges Einschreiten und konsequentes Handeln geboten.“ Staudter habe größten Respekt vor den ehrenamtlichen Helfern, „die durch ihre Präsenz und ihren persönlichen Einsatz auf vielerlei Gebieten viele Konflikte erst gar nicht entstehen lassen.“
ÖDP
„Angesichts der vielen Flüchtlingsunterkünfte in den Gemeinden des Landkreises, aus denen kein gleichartiger Vorfall bekannt ist, handelt es sich wohl nicht um ein grundsätzliches Problem, sondern um einen Einzelfall“, meint ÖDP-Kreisvorsitzender Ludwig Gaßner. Unstrittig sei, dass die Flüchtlinge in den hiesigen Flüchtlingsunterkünften in einer angespannten Situation lebten, mit der nicht alle gleich gut zurechtkämen.
„Erlebnisse im Krieg und auf der Flucht haben nachhaltige Traumata erzeugt. Eine fremde Umwelt und die Begegnung mit anderen Zivilisationen sind schwer zu verarbeiten. Trotz der anerkennenswerten Bemühungen unserer Politiker und Behörden und vieler freiwilliger Helfer können oft nur provisorische Unterkünfte geschaffen werden. Dennoch müsste es den Flüchtlingen zu vermitteln sein, dass sie zunächst in einem sicheren Land leben können und dass es dafür erforderlich ist, dass sie sich auch an die hier geltenden Grundregeln zu halten haben.“
FDP
„Viele Flüchtlinge kommen mit falschen Erwartungen nach Deutschland“, führt FDP-Kreischef Thomas Stockmaier aus. „Die Enttäuschung darüber verstehe ich zwar schon, doch wenn dies zu derartigen Gewaltexzessen führt, muss klar gehandelt werden. Das Gastrecht haben diese Leute verwirkt und ich würde mir hier ein klareres Vorgehen von Seiten des Staates wünschen. Jedem politisch Verfolgten soll bei uns geholfen werden. Doch wer unser Asylrecht für Straftaten wie Körperverletzung, sexuelle Nötigung oder Diebstahl und Raub missbraucht, gehört ins Gefängnis oder abgeschoben.
Viele Möglichkeiten für Vor-Ort-Lösungen sieht Stockmaier nicht. „Der Handlungsbedarf besteht bei der Landes- und Bundesregierung.“ Das Arbeitsverbot sollte nach Ansicht Stockmaiers gelockert, die Asylverfahren beschleunigt und das Sicherheitspersonal verstärkt werden. „Es ist für mich unbegreiflich, wie einerseits am Silvesterabend in München 500 Polizeibeamte im Einsatz gegen einen Phantomterroristen sind, und andererseits die Sicherheit in Rockolding einem überfordertem Sicherheitsdienst überlassen wird.“ Die Polizei trage hier jedoch keine Schuld. „Aber versagt hier nicht die Koordination im bayerischen Innenministerium komplett?“, fragt der FDP-Chef.
Grüne
Kerstin Schnapp, Kreischefin der Grünen, ruft die Ursachen der Flucht in Erinnerung und stellt sich die konkrete Situation in Rockolding plastisch vor: „Er flieht. Er macht sich auf den Weg nach Europa, nach Deutschland. Er hofft auf Sicherheit, Frieden, eine Arbeit, auf ein Stück vom Glück. Er kommt nach Deutschland. Er hofft bald wird alles gut. Erst Aufnahme irgendwo, nicht klar wie es weiter geht, es geht weiter, in ein Zelt, nach Rockolding. Jetzt sitzt er da auf einem Bett, in einem lautem, vollen Zelt und stellt sich die Frage: War‘s das jetzt? Ist das mein Stück vom Glück? Nun bin auch ich Raucherin und mir ist klar: Was macht ein Raucher wenn er nicht weiter weiß? Er zündet sich eine Zigarette an. Jemand schreit in einer fremden Sprache, ein Syrer. Irgendwann wird klar, der andere will, dass er aufhört zu rauchen. Es entwickelt sich ein Streit und immer mehr streiten mit. Der ein oder andere hat im Laufe seines Lebens vielleicht gelernt, dass es okay ist, einen Streit mit den Fäusten auszutragen. Es kommt zu Prügelei, irgendwann nimmt der erste einen Bettpfosten und schlägt zu. Das Ergebnis kennen wir.“
Dem Gesetzbuch nach handle es sich um Sachbeschädigung, Körperverletzung, schwere Körperverletzung. „Justitia ist blind und das ist auch gut so. Eine Straftat ist eine Straftat. Egal ob sie von einem netten oder einem bösen Menschen begangen wird. Und entsprechend sollten, aus meiner Sicht, die Urteile zu diesem Vorfall ausfallen.“ Es sei die Basis unseres Rechtsstaates, dass alle vor dem Gesetz gleich seien. „Aber vielleicht können wir, die wir als Landkreis Pfaffenhofen, Menschen in Massenunterkünften unterbringen, wenn wir, in dem wir uns in diese Menschen hineinversetzten, Möglichkeiten finden, wie wir diese Straftaten verhindern oder zumindest eindämmen können.“ Jedem sollte klar sein, meint Schnapp, dass eine dezentrale Unterbringung der Asylbewerber in kleinere Einheiten, die ein Mindestmaß an Privatsphäre böten, besser als Massenunterkünfte seien. Sie sei erheblich sinnvoller, um Konflikte zu vermeiden und diese Menschen bei hier zu integrieren.
„Günstiger Wohnraum ist bei uns in der Region jedoch knapp. Nicht nur bei der Unterbringung von Asylbewerbern, sondern bei allen finanziell Schwachen fehlt günstiger Wohnraum.“ Im Bereich des sozialen Wohnungsbaus fehle es den Kommunen - gemessen an deren Aufgaben - an Mitteln. Hier seien Lösungen seitens der Bundesregierung gefragt, denn die Kommunen könnten diese Herausforderung nicht alleine stemmen. „Es ist auch kein Geheimnis, dass schnelle Asylverfahren die Lage deutlich entspannen würden, ebenso mehr Personal für die Betreuung der Asylbewerber“, ist Schnapp überzeugt. „Stand heute können wir vor Ort nur Öffentlichkeit für diese Punkte schaffen und so den Druck ‚nach oben‘ erhöhen.“ In der Hoffnung, dass der Druck Lösungen herbeiführe. „Bei aller Theorie was nötig wäre, kommen aber die Asylsuchenden in der Zwischenzeit einfach bei uns an. Wenn wir uns in die Menschen hinein versetzten, dann sollte klar sein, dass wir zuerst einmal ehrlich sein müssen. Wir wissen, dass die Unterkunft, die wir bieten, nicht toll ist – aber diese Unterkunft ist das Beste, was wir im Moment haben.
Ja, wir sind im Landkreis Pfaffenhofen eine der reichsten Regionen der Welt, aber wir haben als Obdach im Moment nur dieses Zelt, diese Halle. Und wir müssen von Anfang an die Regeln vermitteln, die bei uns herrschen. So sehr wir verstehen, dass die Enge in einer Massenunterkunft Konfliktpotenzial birgt, so wenig verzichten wir auf unsere Gesetzte. Wenn jemand zuschlägt, ist das eine Straftat. Wer eine Straftat begeht macht sich bei uns nicht beliebt. Auch in der Unterkunft herrschen Regeln, die frühzeitig vermitteln werden wollen, wie etwa: Rauchen verboten. Das wichtigste ist, denke ich, jedoch den Menschen zu sagen, wie es weiter geht.“ Das Wissen vermittle Sicherheit und für die meisten auch Hoffnung.
SPD
„Die Menschen aus verschiedenen Kulturen sitzen hier 150igst auf engstem Raum auf einem Acker und haben nichts zu tun. Wissen nicht wie es weitergeht. Hoffnungslosigkeit und menschliche Verluste, fehlende Privatsphäre und Desillusion aufgrund falscher Versprechungen der kriminellen Schleuser sind eine explosive soziale Mischung“, meint der Kreisvorsitzende der Pfaffenhofener Sozialdemokraten Markus Käser. Deshalb sei „das Camp Rockolding“ nur als Notlösung angelegt worden. „Landrat Wolf und die Kommunen werden sich weiterhin noch mehr für kleinere Einheiten und feste Unterkünfte einsetzen. In Vohburg entsteht bereits eine feste Unterkunft, die im Frühjahr bezugsfertig sein wird.“
Käser spricht sich eindeutig für dezentrale Einheiten aus, geboten sei: „Konkret mit aller Kraft möglichst nach dezentralen Lösungen und kleinen Einheiten suchen.“ Und dort wo es nicht anders gehe, müsse man den Schutzsuchenden „die Spielregeln“ eindringlich verdeutlichen. Allerdings müsse es dann auch Sanktionen direkt in der Unterbringung für jene geben, die sich nicht daran hielten. „Ebenso sollte es Vorteile für jene geben, die sich für ein Gelingen des Zusammenlebens einsetzen.“
Besonderer Dank gelte den Helferkreisen vor Ort, die bereits viel umsetzten, damit sich die Bewohner der Flüchtlingsunterkünfte wohler fühlten. „Ich denke aber, ganz generell müssen wir in Zukunft viel mehr präventive Kultur- und Integrationsarbeit leisten. Egal ob Menschen mit Bleibeperspektive oder nicht, wir dürfen nicht dem Glauben verfallen, dass mit der Unterbringung und Versorgung bereits alles erledigt ist.“ Die größten Herausforderungen kämen erst noch auf uns zu. „Bildung, Arbeit, kulturelle Integration, das bleibt als Herkulesaufgabe alles bei den Kommunen und der Zivilgesellschaft hängen.
Land und Bund müssen dafür Aktionspakete und wesentlich mehr Geld zur Verfügung stellen. Dass das nicht längst der Fall ist, verwundert mich wirklich.“ Die Stadt Pfaffenhofen habe beispielsweise zwei Fachkräfte für Integrationsarbeit auf eigene Kosten eingestellt, ebenso habe der Kreistag mehr Personal zur Sozialberatung und Koordination beschlossen. „Viele Gemeinden oder Landkreise in Bayern werden dafür keine Mittel zur Verfügung stellen können. Der Staat muss dringend finanzielle Abhilfe leisten“, appelliert Käser.
CSU
Der christsoziale Kreisvorsitzende und Landtagsabgeordneter Karl Straub sagt: „Dieses Verhalten wird zwar dadurch nicht entschuldigt, aber erklärt, wenn man bedenkt, dass in einer derartigen Unterkunft viele Menschen auf engem Raum zusammenleben, ohne jede Privatsphäre. Aber Ankommen und eine Massenschlägerei anzetteln, das geht gar nicht. Wir hier können ja nichts dafür, dass die Leute mit falschen Erwartungen hierher kommen.“
In den Herkunftsländern der Asylbewerber kursierten erwiesenermaßen Nachrichten, dass in Deutschland alles zu haben sei: Wohnungen, Häuser, Geld bekäme ein jeder und sie seien ja eingeladen worden von der deutschen Kanzlerin.
Sicherheitsdienste könnten sicherlich in dem einen oder andern Fall helfen. „Im Endeffekt können das aber nur die Asylbewerber selbst steuern - und das müssten sie tun, wenn sie Akzeptanz haben wollen bei er Bevölkerung.“
Dass jetzt die Stimmung in der Bevölkerung mehr und mehr kippe, liege unter anderem auch an den diesem unangemessenen Verhalten. „So wird niemals eine Akzeptanz zustande kommen“, ist sich Straub sicher. „Anstand muss auch von den Gästen und nicht nur von den Gastgebern kommen!“ Gleichzeitig seien von derartigen Situationen auch die ehrenamtlichen Helfer betroffen, „die viel Zeit und anderes opfern. Auch sie haben sich Respekt verdient!“
---
Anm. d. Red.: Von den Freien Wählern ist auf unsere mehrmalige Anfrage hin keine Stellungnahme eingegangen.
Titelfoto: privat
Kommentare
Kommentar von Toby |
Ich finde die Menschen undankbar. Sie kommen in ein sicher Land, bekommen Vollpension und Sozialleistungen frei Haus und begehen doch, O-Ton Polizei, gefährlich Körperverletzung und demolieren die Einrichtung. Erschreckend auch, wie manch Politiker die Straftat klein redet. Meiner Meinung nach haben Menschen,meine bei uns Straftaten begehen, ihr Recht auf Asyl vertan.meine sofortige Abschiebung mit Einreiseverbot wäre die einzige logische Schlussfolgerung.
Einen Kommentar schreiben
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.